Investing.com - Die Futures auf den S&P 500 bauen im US-Frühhandel ihre Verluste weiter aus. Nach der Zinserhöhung der Fed um 25 Basispunkte am Mittwoch fiel der US-Leitindex um 0,7 %. Beim Dow Jones Industrial und den Nasdaq Composite ging es um 0,8 % bzw. 0,46 % abwärts.
Die Investoren sind noch damit beschäftigt, die Erklärung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank zu verarbeiten, denn die Fed hat frühere Formulierungen, die auf weitere Zinserhöhungen hindeuteten, gestrichen und erklärt, sie werde ihre nächsten Schritte von den kommenden Daten abhängig machen. Mit dem gestrigen Schritt stieg der Leitzins auf ein Zielband von 5 % bis 5,25 % und damit auf den höchsten Stand seit 2007.
Die Fed achtete darauf, dass die Formulierung nicht ausdrücklich auf eine Zinspause hindeutet, vielmehr knüpfte sie die künftige Geldpolitik an die anstehenden Daten.
Der Sell-off an den Börsen setzte jedoch erst ein, als Fed-Chef Powell den Marktteilnehmern mitteilte, dass das FOMC die Zinssätze nicht senken werde, sollte sich die Inflation als hartnäckig erweisen.
"Wir im Ausschuss sind der Ansicht, dass die Inflation nicht so schnell zurückgehen wird", sagte Powell auf der Pressekonferenz.
"Es wird einige Zeit dauern, und wenn diese Prognose im Großen und Ganzen zutrifft, wäre es nicht angemessen, die Zinsen zu senken, daher werden wir die Zinsen nicht senken."
Wann beginnt die Fed mit Zinssenkungen?
Powell bezeichnete den Schritt als "bedeutsame Veränderung", angesichts der Tatsache, dass das FOMC "nicht länger sagt, dass wir [eine gewisse zusätzliche geldpolitische Straffung] erwarten".
Die nächste Sitzung des FOMC ist für den 13. und 14. Juni angesetzt. Laut dem Fed Rate Monitor Tool von Investing.com rechnet der Markt derzeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 %, dass die US-Notenbank die Zinssätze im Juni erneut anhebt.
Die Fed Funds Futures preisen derweil eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 70 % ein, dass die Leitzinsen auf der September-Sitzung gesenkt werden. Das glauben auch die Experten von der US-Bank JPMorgan (NYSE:JPM). Sie argumentieren, dass Wachstumssorgen und eine nachlassende Inflation der Fed den Weg für eine baldige Zinssenkung ebnen werden.
"Sie werden noch nicht über Zinssenkungen sprechen, sie können noch nicht den Sieg über die Inflation verkünden und sie werden den Markt nicht dazu bringen, noch mehr einzupreisen", erklärten sie in einem Interview mit Bloomberg.
In dem Gespräch verwiesen sie darauf, dass in der Vergangenheit zwischen der letzten Zinserhöhung und der ersten Zinssenkung in der Regel sechs bis sieben Monate lagen.
"Dieses Mal könnte es unserer Meinung nach etwas früher sein, ganz einfach deshalb, weil wir den schnellsten Zinserhöhungszyklus seit den 1980er Jahren gesehen haben, weshalb wir eine Zinssenkung bereits im September für möglich halten."
Einen ähnlichen Standpunkt vertreten die Finanzexperten von Wells Fargo (NYSE:WFC), die zwar nicht so früh wie ihre Kollegen von JPMorgan, aber doch noch vor Jahresende eine Zinssenkung der Fed für erforderlich halten.
"Ende 2023 dürfte das FOMC beginnen, die Leitzinsen zu senken. Unserer Prognose nach wird der Lockerungszyklus bis weit ins Jahr 2024 andauern", heißt es in einer Mitteilung.
Der Terminmarkt ging am Donnerstagmorgen von einem Leitzins von 4,33 % bis zum Ende des Jahres aus
Analysten-Stimmen zur Fed-Entscheidung
Was sagen die Analysten zur Fed-Entscheidung? Wie geht es mit der Zinspolitik weiter? Hier die aktuellsten Analysten-Stimmen:
Vital Knowledge: "Die meisten Leute waren davon ausgegangen, dass die Fed bei 5,25 % oder 5,5 % die Zinserhöhungen einstellen würde, so dass es keine große Rolle spielt, ob sie sich für die eine oder die andere Zahl entschieden hat. Unabhängig davon befindet sich die US-Geldpolitik ganz klar in einer neuen Phase, und obwohl es möglich ist, dass weitere Zinserhöhungen erforderlich sein werden, liegt die Messlatte für einen solchen Schritt viel höher als zuvor. Es stehen zwar noch weitere Straffungen an (u. a. jeweils 25 Basispunkte durch die EZB am 4.5. und die BOE am 11.5.), aber die Geldpolitik befindet sich weltweit an einem kritischen dovishen Punkt."
Goldman Sachs: "Wir werten die FOMC-Sitzung im Mai als Bestätigung für unsere Prognose einer Zinspause im Juni .... Zugegeben, die Erklärung deutete nicht ganz so stark auf eine Pause im Juni hin, wie wir erwartet hatten... Doch war es sicherlich nicht ganz einfach, eine für alle akzeptable Erklärung zu verfassen, wenn die Palette der Meinungen über den angemessenen weiteren Weg so groß ist. Rückblickend sind wir nicht überrascht, dass das FOMC sich einfach dafür entschieden hat, etwas weniger zu sagen."
Bank of America: "Wir glauben, dass die Fed ihren Endpunkt in diesem Straffungszyklus erreicht hat, auch wenn wir wissen, dass es vor der FOMC-Sitzung im Juni noch zwei Beschäftigungsberichte und VPI-Berichte gibt... Sollte sich der Stress der Regionalbanken stabilisieren, die Arbeitsmärkte angespannt bleiben und die Inflation hoch bleiben, könnte eine Zinserhöhung im Juni angemessen sein."
Morgan Stanley: "Da die Zinsspanne nun den von der Fed prognostizierten Höchststand von 5,00 % bis 5,25 % erreicht hat, gehen wir davon aus, dass die Fed die Zinsen vor der ersten Senkung um 25 Basispunkte im März 2024 konstant halten wird. So wie die Fed sehen auch wir die Folgen des Bankenstresses für die Wirtschaft als höchst ungewiss an und werden unsere Erwartungen für die Wirtschaft und die Geldpolitik in Abhängigkeit von der Entwicklung der eingehenden Daten anpassen."
Barclays: "Wir erwarten, dass das FOMC das Zielband für den Leitzins für den Rest des Jahres bei 5,00 bis 5,25% belassen wird."
SoFi: "Obwohl das Statement der Fed keine großen Überraschungen enthielt, gab es eine beachtliche Verschiebung, die viele mit nun größerer Überzeugung glauben lässt, dass wir nun in die 'Zinsen hoch halten'-Phase eingetreten sind."