Berlin, 08. Nov (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft verbindet große Hoffnungen mit der Wahl von Joe Biden zum neuen US-Präsidenten. "Die deutsche Industrie wünscht sich in den transatlantischen Beziehungen einen Neustart auf Augenhöhe", teilte BDI-Chef Dieter Kempf am Sonntag mit. "Wir erwarten von einem künftigen US-Präsidenten Joe Biden, dass er das riesige Potenzial ernst nimmt, welches im transatlantischen Markt steckt." Der BDI forderte ein Industriegüterabkommen und eine stärkere Zusammenarbeit in Regulierungsfragen. Die USA sollten zudem ihre Blockadehaltung gegenüber der Welthandelsorganisation WTO aufgeben. "Der BDI hofft auf eine schnelle Verhandlungslösung im Streit um die Airbus AIR.PA - und Boeing BA.N -Subventionen", fügte Kempf hinzu. Die USA müssten endlich darauf verzichten, Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit zu erheben oder anzudrohen.
Ähnlich äußerten sich der Maschinenbauverband VDMA und der Chemieverband VCI. "Nach vier Jahren nationaler Abschottung und Schwächung der internationalen Ordnung ist es in vielerlei Hinsicht wünschenswert, dass die USA wieder auf eine konstruktive Strategie gerade in der Handels- und Klimapolitik einschwenken", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
VDMA-Präsident Karl Haeusgen sprach von einem "guten Tag für die transatlantischen Beziehungen". Mit Biden gebe es die Aussicht auf eine berechenbarere Politik. "Dennoch ist nicht alles Gold was glänzt. Denn der neue US-Präsident dürfte in Teilen die protektionistische Handelspolitik seines Vorgängers fortsetzen: Staatsaufträge sollen möglichst an amerikanische Firmen vergeben werden", kritisierte Haeusgen. Auch mit Blick auf China sei nicht mit Entspannung zu rechnen. Er hoffe auf die Abschaffung der gegenseitigen Strafzölle auf EU- und US-Produkte. Diese Hoffnung hatte auch der Transatlantik-Koordination der Bundesregierung, Peter Beyer, im Reuters-Interview geäußert.