Von Laura Sánchez
Investing.com - Die europäischen Aktienmärkte - Ibex 35, CAC 40, DAX - rangieren vor der heute Abend um 20:00 Uhr anstehenden Fed-Zinsentscheidung im Minus.
Die Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte auf eine Spanne von dann 4,25 % bis 4,5 %. Seit März diesen Jahres hat die Fed ihren Leitzins um insgesamt 375 Basispunkte angehoben (auf den letzten vier Sitzungen sogar um jeweils 75 Basispunkte).
Auch die für 20:30 Uhr deutscher Zeit angesetzte Pressekonferenz von Jerome Powell, dem Vorsitzenden der Federal Reserve, steht im Fokus der Märkte.
Bei den Analysten herrscht Uneinigkeit darüber, welchen Ton die Fed heute anschlagen wird.
"Die Verlangsamung des Zinserhöhungstempos stützt sich auf eine gewisse Mäßigung der Inflation und die nachlassende Konjunktur, die sich aufgrund der verzögerten Wirkung der geldpolitischen Straffung auf die Realwirtschaft in den kommenden Quartalen noch weiter abschwächen dürfte", schreiben die Marktstrategen von Renta 4 in einer Mitteilung.
Link Securities sagt: "Wir glauben nicht, dass die gestrigen VPI-Zahlen für die FOMC-Mitglieder aussagekräftig genug sind, um ihre Gesamteinschätzung zur US-Inflation und der US-Wirtschaft und damit ihre geldpolitischen Maßnahmen heute zu ändern".
"Außerdem glauben wir, dass das letzte, was der Offenmarktausschuss zu diesem Zeitpunkt will, eine Lockerung der finanziellen Bedingungen im Land ist, was aufgrund des Anstiegs der Anleihekurse und des daraus resultierenden Rückgangs der Renditen gerade stattfindet. Darum dürfte Fed-Chef Jerome Powell weiterhin einen entschlossenen Ton in Bezug auf den Kampf gegen die Inflation anschlagen, was vielen Investoren nicht gefallen dürfte, die bereits jetzt eine Änderung der Geldpolitik im Jahr 2023 einpreisen", heißt es bei Link Securities weiter.
Wie hoch dreht die Fed den Leitzins?
Einig sind sich die Analysten, dass die Kernfrage heute sein wird, wie weit die Federal Reserve ihre Leitzinsen anheben will, bevor sie den Zinserhöhungszyklus beendet.
"Ein Anhaltspunkt für ihre Absichten wird sein, was die verschiedenen FOMC-Mitglieder im Dot-Plot angeben, in den sie ihre Erwartungen für die Entwicklung der Leitzinsen in den kommenden Jahren eintragen. Interessant werden auch die neuen Wirtschaftsprojektionen der Fed sein, um herauszufinden, wie sich die Wachstums- und Inflationserwartungen der Finanzanalysten des Instituts in den letzten Monaten entwickelt haben", kommentiert Link Securities.
"Wir werden die aktualisierten BIP- und Inflationsprognosen und die voraussichtliche Aufwärtsrevision des Dot-Plots aufmerksam verfolgen. Der letzte Dot-Plot vom September deutete auf einen Zinsgipfel bei 4,6 % hin. Powell hat aber bereits erklärt, dass er etwas darüber liegen wird", heißt es bei Renta 4.
Laut den Experten der spanischen Bank "rechnet der Markt derzeit mit weiteren Zinserhöhungen bis zu einer Schlussrate von 4,75 % bis 5 % im ersten Halbjahr 2023. Dabei ist die Fed durchaus bereit, Wachstum und Beschäftigung zu opfern, um die Preise unter Kontrolle zu halten".
Die Analysten von Bankinter schreiben in ihrem täglichen Marktbericht, dass "das von den Anlegern unterstellte Szenario den Schlusszins bei 5 % ansiedelt, die Zinsen nach Dezember um 25 Basispunkte erhöht werden und die erste Zinssenkung bereits im letzten Quartal 2023 erfolgen könnte. Wir werden sehen, ob sich diese Einschätzung nach der Rede von Powell ändert."
Bringt die Fed den Aktienmarkt zu Fall?
Renta 4 merkt an, dass die Fed "in ihren September-Projektionen die für 2023 geschätzte Inflation weiterhin über dem Ziel sieht (2,8 % statt 2 %), um 2024 auf rund 2,3 % zu sinken. Das für 2023 erwartete BIP wurde auf 1,2 % gesenkt, bevor es sich 2024 auf eine Rate von 1,7 % erholt". Weiter heißt es: "Wir erwarten keine Zinssenkungen und keine Rückkehr zum neutralen Niveau (3 %), bis die Inflation eingedämmt ist (2024). Wir erwarten daher eine eher hawkishe Pressekonferenz (höhere Zinsen für längere Zeit), die vor allem nach der jüngsten starken Rallye (Aktienmärkte +17 % seit Mitte Oktober) die Märkte abkühlen könnte. Sollte sich diese Erwartung einer eher hawkishen Haltung bestätigen, könnte es zu Gewinnmitnahmen bei Aktien und Anleihen sowie zu einer gewissen Erholung des Dollars kommen, der seit Ende September um 11 % auf 1,06 abgewertet hat".
"Die Inflation im Dienstleistungssektor ist die Hauptsorge der Fed. Die Fed muss die Zinsen weiter anheben, um die Nachfrage zu bremsen und das Wachstum unter dem Potenzial zu halten. Nur so kann sie das Gleichgewicht wiederherstellen und die Inflation kontrollieren. Die Entscheidung, das Tempo der Zinserhöhungen zu drosseln, bedeutet nicht, dass man im Kampf gegen die Inflation nachlassen wird. Es geht darum, der kumulierten Straffung der Geldpolitik Zeit zu geben, damit sie sich auf die Wirtschaft auswirkt", so Bankinter zum Schluss.