PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas wichtigste Aktienmärkte haben am Mittwoch anfängliche Verluste hinter sich gelassen und letztlich merklich zugelegt. Die Lage an den Märkten war weiterhin von der Unsicherheit um den Krieg in der Ukraine geprägt. Positive Impulse lieferte die Nachricht, dass Russland und die Ukraine Bereitschaft für eine Fortsetzung der Verhandlungen signalisiert hatten. Diese könnten den Angaben zufolge noch am Mittwochabend beginnen.
Der EuroStoxx 50 schloss mit einem Plus von 1,45 Prozent bei 3820,59 Punkten. Der französische Cac 40 gewann 1,59 Prozent auf 6498,02 Punkte. Der britische FTSE 100 stieg um 1,36 Prozent auf 7429,56 Punkte.
"Die Anleger hoffen abermals auf die ersten sichtbaren Wolken aus der Friedenspfeife. Den Tag vor dem Abend loben sollten Börsianer allerdings nicht", empfahl Marktanalyst Timo Emden von Emden Research. Er rechnet damit, dass sich die Börsen auch in den kommenden Tagen äußerst nervös präsentieren werden. "Die Kriegsangst hat die Märkte weiterhin voll im Griff", so Emden.
Aus Branchensicht waren die Ölwerte (NYSE:XLE) erneut am stärksten gefragt. "Der von Russland mit zunehmender Härte geführte Krieg in der Ukraine lässt die Ölpreise regelrecht explodieren", merkte Rohstoffanalyst Carsten Fritsch von der Commerzbank (DE:CBKG) an. "Die Ankündigung der IEA einer Freigabe von 60 Millionen Barrel aus den strategischen Ölreserven hatte somit nicht den gewünschten preisdämpfenden Effekt. Denn die freizugebende Menge würde einen Ausfall der russischen Öllieferungen von lediglich zwei Wochen abdecken."
Auch Rohstofftitel waren gesucht. "Die zu Wochenbeginn zu beobachtende Entspannung an den Metallmärkten währte nicht lange", so Analyst Daniel Briesemann von der Commerzbank. Offenbar gebe es zunehmend Schwierigkeiten, Rohstoffe aus Russland zu exportieren. So zogen etwa ArcelorMittal um 3,0 Prozent an, Rio Tinto (LON:RIO) gewannen 3,5 Prozent.
Zyklische Sektoren wie Autowerte erlitten dagegen einmal mehr Abschläge. Der Krieg wird nach Einschätzung eines Experten zu einem starken Einbruch des russischen Automarktes führen. Die Neuwagenverkäufe könnten in diesem Jahr wegen des nach den Sanktionen stark abgewerteten Rubel um mehr als die Hälfte zurückgehen, schrieb der Leiter des Duisburger Center Automotive Research, Ferdinand Dudenhöffer, in einer Studie.
Schwach waren auch die Versorger (NYSE:XLU). "Nicht übersehen werden darf, dass sich neben Gas auch Kohle massiv verteuert hat", so Rohstoff-Analystin Barbara Lambrecht von der Commerzbank. "Russische Steinkohle ist nicht nur in Europa wichtig; es heißt nun auch, dass sich die Chinesen, die zuletzt ebenfalls verstärkt auf russische Kohleimporte gesetzt haben, wegen möglicher Finanzierungsschwierigkeiten nach Alternativen umschauen." Zudem könne sich der EU-Emissionshandel den Verwerfungen an den Finanzmärkten nicht mehr entziehen.
Unter den Einzelwerten standen die B-Aktien von Ericsson mit einem Kurseinbruch von knapp 10 Prozent im Anlegerfokus. Im Fall um mögliche Schmiergeldzahlungen im Irak hält das US-Justizministerium die nachträgliche Offenlegung des Netzwerkausrüsters für unzureichend. Das teilte der schwedische Konzern am Mittwoch mit. Ericsson hatte Mitte Februar Vergehen gegen die eigenen Geschäftsgrundsätze und mögliche Schmiergeldzahlungen im Irak eingestanden.