FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Furcht vor einer restriktiveren Geldpolitik in den USA hat den deutschen Aktienmarkt wieder fest im Griff. Der Leitindex Dax (DAX) fiel im frühen Handel am Donnerstag um 1,10 Prozent auf 16 092,97 Punkte, nachdem er zur Wochenmitte noch einen historischen Höchststand nur um wenige Punkte verfehlt hatte.
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen verlor am Donnerstag 1,27 Prozent auf 35 178,94 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 1,48 Prozent nach unten.
Für Verunsicherung sorgten jüngste Aussagen der US-Notenbank (Fed). Wie aus dem am Vorabend veröffentlichten Protokoll der Fed hervorgeht, sprachen sich einige ihrer Mitglieder dafür aus, schon kurz nach der ersten Zinserhöhung mit der Verringerung der Bilanzsumme der Notenbank zu beginnen. Damit würden auslaufende Anleihen nicht mehr ersetzt, was die Anleihenkurse drücken und die Renditen entsprechend erhöhen dürfte. Dies wiederum würde Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren weniger attraktiv erscheinen lassen.
Zudem wurde wiederholt betont, dass sowohl die Wirtschafts- als auch die Inflationsentwicklung für einen rascheren Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik sprächen. Eine schnellere Anhebung der Zinsen als zuvor erwartet könne gerechtfertigt sein, hieß es.
Das hatte vor allem an der Technologiebörse Nasdaq einen Ausverkauf ausgelöst. Die stark wachstumsorientierten Tech-Unternehmen gelten als besonders zinssensibel, weil mit höheren Zinsen auch die Finanzierungskosten steigen. Als besonders verwundbar dürften sich die am höchsten bewerteten Anlagen erweisen - zu denen nicht zuletzt die Tech-Aktien zählen, schrieb Analyst Jeffrey Halley vom Handelshaus Oanda.
Auch europaweit gerieten die Aktien technologieorientierter Unternehmen (STOXX Europe 600 Technology) stark unter Druck. So büßten Infineon (4:IFXGn) im Dax knapp drei Prozent ein. Im MDax fielen die Anteilsscheine von Carl Zeiss Meditec (0:AFXd), Teamviewer (4:TMV) und Nemetschek (4:NEKG) zwischen zweieinhalb und mehr als fünf Prozent.
Zudem machten Anleger weiterhin einen großen Bogen um Aktien aus den Corona-Gewinnerbranchen. Im Dax etwa zählten die Anteilsscheine des Online-Händlers Zalando (4:ZALG) und die Papiere des Lieferdienstes Delivery Hero (4:DHER) mit Verlusten von drei beziehungsweise gut zwei Prozent zu den schwächsten Werten.
Hintergrund der Kursverluste bei den sogenannten "Stay-at-Home-Aktien" ist die Aussicht, dass das Coronavirus bald keine relevante Bedrohung mehr für das Gesundheitssystem darstellen könnte. Denn die hohe Übertragbarkeit der neuen Corona-Variante Omikron könnte dazu führen, dass die Bevölkerung als Ganzes vergleichsweise schnell eine höhere Immunität erreicht. Im Idealfall könnten so die milderen Verläufe Druck vom Gesundheitssystem nehmen. Damit wiederum würden coronabedingte Einschränkungen weiter zurückgenommen werden, so dass sich die Innenstädte wieder füllen dürften.
Die Anteilsscheine von Flatexdegiro (4:FTKn) sackten nach der Vorlage von Geschäftszahlen mit einem Minus von fast neun Prozent an das Ende des Nebenwerteindex SDax (SDAX). "Die Entwicklung im vierten Quartal lag zwar im Rahmen der Unternehmensziele, aber unter unseren Annahmen", sagte ein Händler. Das gelte sowohl für die Kundenzahlen als auch für die Transaktionen.