Von Geoffrey Smith
Investing.com -- Eine von Börsengängen (IPOs) dominierte Woche, die die unersättliche Nachfrage der Investoren nach Growth-Aktien deutlich machte, geht mit einer Meldung zu Ende, die - gerade noch - den müden alten Narrativ der Rotation in Value-Aktien am Leben erhält.
Bloomberg berichtete am Donnerstag, dass Apollo Global Management (NYSE:APO) eine mögliche Übernahme des deutschen Chemieunternehmens Covestro (DE:1COV) in Erwägung zieht. Es handelt sich dabei um ein schönes Beispiel für eine angeschlagene zyklische Aktie, deren innere Stärken inmitten des diesjährigen Chaos weitgehend in Vergessenheit geraten sind.
Covestro, die aus dem Konglomerat Bayer (OTC:BAYRY) ausgegliedert wurde, weil sie die höheren Bewertungen von Life-Science-Aktien anstrebte, ist ein klassischer Zykliker. Während ein Großteil der Begeisterung um seine Ausgliederung durch die Art und Weise erzeugt wurde, wie seine fortschrittlichen Kunststoffe die Autos der Zukunft leichter machen können, erzielt es nur ein Fünftel seiner Einnahmen aus dem Automobilsektor. Der Rest verteilt sich relativ gleichmäßig auf den Möbel-, Bau-, Elektronik-, Chemie-, Gesundheits- und Kosmetiksektor. Somit verteilt sich das Exposure überwiegend auf Unternehmensinvestitionen und diskretionäre Konsumausgaben.
Der Konjunkturzyklus hat es mit Covestro in den letzten zwei Jahren nicht gerade gut gemeint. Das EBITDA erreichte 2017 mit 3,4 Milliarden Euro (4,0 Milliarden Dollar) einen Höchststand. Bis 2019 hatte es sich bereits halbiert, als die Handelsattacken von Präsident Donald Trump gegen China einen Markt erfassten, der ein Viertel seiner Umsätze ausmacht.
Durch die Pandemie hat sich die Lage erheblich verschlechtert: Der Umsatz ging im ersten Halbjahr um 23% zurück und der Konzern prognostizierte für das Gesamtjahr 2020 nur noch ein EBITDA zwischen 700 Millionen und 1,2 Milliarden Euro. Die Nettoverschuldung in Höhe von fast 3,2 Milliarden Euro wird am unteren Ende der Spanne mehr als das Vierfache des EBITDA betragen.
Kurzfristig orientierte Anleger neigen dazu, sich von solchen Entwicklungen verunsichern zu lassen, und auch eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch Moody's im Juni auf Baa2 mit negativem Ausblick hat nicht gerade geholfen.
Die traditionelle Stärke von Private-Equity-Käufern wie Apollo ist jedoch ihre Bereitschaft, über die zyklische Volatilität hinwegzusehen. Apollo hat mit seiner Investition in LyondellBasell nach der Finanzkrise im Chemiesektor bereits einen Megaerfolg erzielt. Im Vergleich zu Lyondell zu jener Zeit sieht die Bilanz von Covestro heute wie eine wahre Festung aus. Sollte sich dies bestätigen, wäre das Interesse von Apollo mit dieser Erfolgsbilanz an Covestro daher ein massiver Vertrauensbeweis.
Sogar nach einem Anstieg von 7% am Freitag als Reaktion auf die Meldung, womit die Covestro-Aktie (F:1COV) 74% über ihren März-Tiefstständen liegt, steht das Papier immer noch kaum halb so hoch wie im Jahr 2018.
Es mag zwar noch eine Weile dauern, bis sich der Zyklus entscheidend zu seinen Gunsten wendet, doch Berichte von solchem Interesse sind ein überzeugendes Argument dafür, dass die Unterseite von hier aus begrenzt ist.