Berlin, 01. Mai (Reuters) - Die Corona-Krise droht nach Ansicht deutscher Gewerkschaften die Gesellschaft zu spalten. Zum zweiten Tag der Arbeit seit Ausbruch der Pandemie haben Gewerkschaftsführer Unternehmen und Politiker am Samstag zu einer stärkeren Berücksichtigung der Interessen von Arbeitnehmern und sozial benachteiligten Menschen aufgefordert.
"Corona trifft die Schwächsten der Gesellschaft am härtesten", sagte Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, bei einer DGB-Veranstaltung in Berlin. Er verwies auf Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen und in Betrieben ohne Tarifbindung. "Oft werden sie nicht nur miserabel bezahlt, sondern tragen auch noch ein besonders hohes Infektionsrisiko."
Verdi-Chef Frank Werneke kritisierte, die Unionsparteien blockierten im Bund einen von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Eindämmung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge. Zudem habe Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bisher nichts für eine verbesserte Personalausstattung in den Krankenhäusern unternommen.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann warnte auf einer Kundgebung in Hamburg Unternehmen davor, Belastungen der Krise auf die Beschäftigten abzuwälzen. "Wir lassen nicht zu, dass Arbeitgeber die Pandemie als Vorwand für Jobabbau, Betriebsverlagerungen und Lohn-Dumping missbrauchen", sagte Hoffmann. "Wir lassen nicht zu, dass die Pandemie als Ausrede für fehlende Investitionen genutzt wird."
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann forderte eine faire Lastenverteilung. "Die Börsen klettern aktuell von Allzeithoch zu Allzeithoch, Aktionäre werden mit hohen Dividenden beschenkt und noch nie gab es einen so rasanten Zuwachs an Milliardären", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Gleichzeitig sind Hunderttausende Arbeitsplätze verloren gegangen, die Zahl der auf Hartz IV angewiesenen Menschen deutlich gewachsen."