Zinsprognosen haben wir bereits vielfach analysiert, basierend auf Daten zur Inflation, zur gesamtwirtschaftlichen Lage und zu Markterwartungen wie den Fed Funds Futures. Heute wagen wir einen unkonventionellen Ansatz und betrachten einen zusätzlichen Faktor: Cashcows.
In diesem Artikel präsentieren wir eine Methode, die den Ausblick von Dividendenanlegern auf die künftige Zinsentwicklung widerspiegelt. Der Ausgangspunkt unserer Überlegungen war eine Analyse der Campbell Soup Company (NYSE:CPB), ein Unternehmen, das wir üblicherweise unter fundamentalen und technischen Gesichtspunkten bewerten.
Da Campbell als Cashcow gilt, haben wir den Zusammenhang zwischen der Dividendenrendite des Unternehmens und der Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe untersucht. Aus den historischen und aktuellen Spreads zwischen diesen beiden Kennzahlen lässt sich eine implizite Rendite für die Staatsanleihe ableiten.
Die Vorstellung, zukünftige Zinssätze auf Basis eines einzelnen Unternehmens wie Campbell zu prognostizieren, mag auf den ersten Blick kurios wirken. Doch eine breitere Analyse von Cashcows könnte eine interessante und möglicherweise präzisere Perspektive auf die künftige Zinsentwicklung liefern.
Was ist eine Cashcow?
Milchbauern bezeichnen eine „Cashcow“ als eine Kuh, die regelmäßig Milch liefert, ohne viel Pflege zu benötigen. Dieser Ausdruck wurde an der Wall Street adaptiert, um Unternehmen zu beschreiben, die einen verlässlichen Cashflow erzeugen, nur geringe Investitionen erfordern und nur wenig oder gar kein Wachstum in Umsatz und Gewinn aufweisen.
Ein prominentes Beispiel für eine solche Cashcow ist Campbell Soup Company (CPB). Das Unternehmen im wenig dynamischen Suppensegment zeigt seit Jahren nur bescheidenes Gewinn- und Umsatzwachstum, hat aber seit 1989 kontinuierlich Dividenden gezahlt und verfügt über einen starken Cashflow-Überschuss – die Basis für zukünftige Ausschüttungen.
Obwohl CPB die klassische Definition einer Cashcow erfüllt, analysieren wir das Unternehmen in diesem Artikel nicht näher, da die Dividendenrendite unter unserer Mindestanforderung liegt. Stattdessen haben wir 15 andere Cashcows identifiziert, die wir Ihnen nun vorstellen möchten.
Screening nach geeigneten Werten
Bei unserer Analyse haben wir die folgenden Screening-Kriterien zugrunde gelegt:
- Marktkapitalisierung von über 10 Milliarden USD
- Durchschnittliches EPS-Wachstum (Gewinn je Aktie) über die letzten 5 Jahre
- Umsatzwachstum über einen Zeitraum von 5 Jahren
- Dividendenrendite von über 2,50 %
- Kontinuierliche Dividendenausschüttung seit mindestens 10 Jahren
In der folgenden Tabelle sind die 15 Aktien aufgeführt, die diese Screening-Kriterien erfüllen.
Was lässt sich aus Dividendenrenditen ableiten?
Die unten stehende Tabelle zeigt unsere Analyse der 15 Unternehmen.
Nach dem Tickersymbol und dem Namen der jeweiligen Aktie sind die aktuelle Dividendenrendite und die durchschnittliche Dividendenrendite der letzten fünf Jahre angegeben. Die nächste Spalte "Kursrendite zu durchschnittlicher Dividendenrendite" gibt an, um wie viel sich der Aktienkurs verändern müsste, damit die aktuelle Dividendenrendite dem Fünfjahresdurchschnitt entspricht. Natürlich kann ein Unternehmen seine Dividende erhöhen oder senken, was die Rendite verändern würde.
Die erste Analyseart, die wir gerade beschrieben haben, hilft uns, die aktuelle Dividendenrendite mit der jüngsten Renditeentwicklung auf absoluter Basis zu vergleichen.
Da einige Anleger Anleihen als Ersatz für Dividendenaktien betrachten, müssen wir auch eine relative Analyse der Dividendenrenditen durchführen. Mit anderen Worten: Ist die Dividendenrendite mit den Zinssätzen gestiegen? Dazu berechnen wir die aktuelle Dividendenrendite abzüglich der aktuellen Zehnjahresrendite ("Spread to Tsy"). Außerdem berechnen wir den durchschnittlichen Spread zu Tsy der letzten fünf Jahre. Mit diesen Daten können wir berechnen, um wie viel sich der Aktienkurs ändern müsste, damit die Dividendenrendite dem Fünfjahresdurchschnitt der Renditen von Staatsanleihen entspricht.
Geht man davon aus, dass die Dividendenrendite ein guter Prädiktor für die Zinsentwicklung ist, kann man daraus auch die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen für die nahe Zukunft ableiten. Dieser Wert ist in der Spalte ganz rechts angegeben.
Cashcows - unser Fazit
Obwohl die Tabelle mehr als eine Geschichte erzählt, konzentrieren wir uns in diesem Artikel auf die Durchschnittswerte der 15 Aktien. Die aktuellen Dividendenrenditen liegen leicht über dem Durchschnitt. Das liegt vor allem daran, dass Anleger Dividendenwerte zugunsten höher rentierlicher Anleihen oder Aktien mit besserer Performance meiden. Sinkende Aktienkurse lassen die Dividendenrenditen steigen, so dass sie mit Anleihen konkurrenzfähig bleiben. Die Dividendenrendite ist nur einer von vielen Faktoren, die den Aktienkurs bestimmen, aber bei Cashcows ist sie ein viel wichtigerer Preisbestimmungsfaktor als bei anderen Aktien.
Die Dividendenrenditen sind zwar höher als in den letzten fünf Jahren, haben aber mit den Renditen von Staatsanleihen nicht Schritt gehalten. Allein auf Basis der Renditespreads müssten die Kurse im Schnitt um rund 15 % fallen, um den mageren Spread von 0,41 % gegenüber 10-jährigen US-Treasuries wieder auf ein normales Niveau zu bringen.
Könnte es sein, dass Aktienanleger in Erwartung eines niedrigeren Zins- und Renditeumfelds tendenziell höhere Dividendenrenditen suchen? Wäre dem so, müsste die Rendite 10-jähriger US-Treasuries auf 3,05 % fallen. Damit würde die durchschnittliche Differenz zwischen Dividendenrenditen und Staatsanleiherenditen wieder auf ihren Mittelwert sinken.
Zufall oder nicht, der Markt erwartet auch, dass die Fed Funds Rate am Ende des nächsten Zinssenkungszyklus ihren Tiefpunkt bei 2,87 % erreichen wird.
Zwischen unserem Artikel "Unterschätzte Fed-Zinssenkungen: Der Anleihenmarkt steht vor einem Mega-Höhenflug" und den von uns hervorgehobenen Cashcows scheinen der Fed Funds Futures-Markt und der Aktienmarkt dasselbe über die zukünftige Zinsentwicklung zu sagen.
Einige Anleger mögen sich auf ihre ähnlichen Prognosen verlassen. Doch Vorsicht ist geboten. Der Anleihemarkt unterschätzt oft, wie stark die Fed die Zinsen senken wird. Außerdem hat sich gezeigt, dass die Renditen von Staatsanleihen am langen Ende schwer vorherzusagen sind. Oft fallen die Renditen viel stärker als erwartet. Sollte das wieder der Fall sein, könnten einige unserer Cashcows einen ordentlichen Kursanstieg erleben, wenn ihre Dividendenrendite mit den niedrigeren Anleiherenditen sinkt.