Die Berichtssaison an der Wall Street für das dritte Quartal schaltet in den kommenden Tagen einen Gang höher. Angesichts der negativen Auswirkungen der anhaltenden Coronavirus-Krise auf mehrere Sektoren und Branchen bereiten sich die Anleger auf eine weitere schwierige Bilanzsaison vor.
Die am schwersten betroffenen Sektoren werden voraussichtlich Energie sein, mit einem Gewinnrückgang von mehr als 120%, gefolgt vom Industriesektor, der wahrscheinlich um 61,5% fallen wird. Im Vergleich dazu wird erwartet, dass die Unternehmensgewinne von Technologiefirmen um nur 2,5% sinken.
Es überrascht daher nicht, dass der Invesco QQQ ETF (NASDAQ:QQQ), der die Wertentwicklung von 100 der größten Aktien ohne den Finanzsektor nachbildet, die an der NASDAQ Composite notiert sind, mit einem Anstieg von fast 34% in diesem Jahr in der Nähe eines Allzeithochs gehandelt wird, während der S&P 500lediglich auf ein Jahresplus von 6,5% kommt.
Daher wird eine Menge auf dem Spiel stehen, wenn die fünf größten Technologiekonzerne in den kommenden Tagen ihre jeweiligen Ergebnisse vorlegen werden.
1. Alphabet: berichtet am 26. Oktober nach Handelsende an der Wall Street
- Geschätztes Gewinnwachstum: +10,1% pro Aktie gegenüber dem Vorjahr
- Geschätztes Umsatzwachstum: +5,4% gegenüber dem Vorjahr
Googles Konzernmutter Alphabet (NASDAQ:GOOGL), (NASDAQ:GOOG) hat zusehen müssen, dass sein Aktienkurs hinter den der anderen vier Technologieriesen hinterherhinkt und „nur“ 16% gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist, da Nervosität über gesunkene Werbeausgaben die Kursgewinne des Suchmaschinenriesen in Grenzen halten.
GOOGL - das am 2. September ein Rekordhoch von 1.725,65 USD erreichte, beendete den Dienstag zu 1.551,08 USD. Mit einer Marktkapitalisierung von 1,05 Billionen US-Dollar ist es das viertwichtigste an der US-Börse notierte Unternehmen.
Google übertraf Ende Juli die Erwartungen beim Ergebnis für das zweite Quartal, musste jedoch aufgrund der negativen Auswirkungen von Covid-19 auf das Anzeigengeschäft seinen ersten Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr hinnehmen.
Im Durchschnitt wird dem Technologieunternehmen aus dem kalifornischen Mountain View ein Gewinn von 11,15 USD je Aktie vorhergesagt, was eine Verbesserung gegenüber dem Gewinn je Aktie von 10,12 USD im Vorjahr wäre. Der Umsatz wird voraussichtlich bei 42,68 Milliarden US-Dollar liegen, nach 40,5 Milliarden US-Dollar im Vorjahresquartal.
Die Hauptfrage für die Anleger ist, ob das Kerngeschäft von Alphabet im Bereich Such- und Werbeeinnahmen, dessen Umsatz im vorangegangenen Quartal gegenüber dem Vorjahr um fast 10% gesunken war, das Schlimmste überstanden hat. Das Umsatzwachstum bei YouTube-Anzeigen, das sich im letzten Quartal auch verlangsamte, wird ebenfalls genau beobachtet.
Die lukrative Google Cloud von Alphabet ist ein Segment, das erneut auf ein gigantisches Wachstum zusteuert. Im zweiten Quartal stieg der Umsatz des Bereichs um 43% auf 3,01 Mrd. USD.
Darüber hinaus warten Anleger auf weitere Einzelheiten zu den jüngsten Meldungen, wonach das US-Justizministerium eine Kartellklage gegen Google einreichen wird. Ein Teil der Klage wird sich mit Vorwürfen befassen, mit denen das Unternehmen seine Internet-Suchfunktion monopolisiert, um den Wettbewerb zu behindern.
2. Microsoft: berichtet am 27. Oktober nach Handelsende an der Wall Street
- Geschätztes Gewinnwachstum: +11,6% pro Aktie gegenüber dem Vorjahr
- Geschätztes Umsatzwachstum: +8,2% gegenüber dem Vorjahr
Microsoft (NASDAQ:MSFT) hat sich während der Coronavirus-Krise gut entwickelt. Der Technologieriese verzeichnete aufgrund der Verlagerung auf das Homeoffice einen Anstieg der Nachfrage nach seinen Cloud-basierten Diensten.
Das in Redmond, Washington, ansässige Unternehmen verzeichnete seit Jahresbeginn einen Kursanstieg von rund 36%. Die Aktien, die am 2. September ein Rekordhoch von 232,86 USD erreichten, notierten gestern bei 214,65 USD. Mit einer Marktkapitalisierung von 1,62 Billionen US-Dollar ist Microsoft das zweitwertvollste Unternehmen der Welt. 
Microsoft, dessen Gewinn- und Umsatz die Prognosen für das Vorquartal problemlos übertrafen, wird voraussichtlich einen Gewinn von 1,54 USD je Aktie ausweisen, nach einem Gewinn je Aktie von 1,38 USD im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz soll bei 35,77 Milliarden US-Dollar liegen, ein Plus von 8% gegenüber einem Umsatz von 33,06 Milliarden US-Dollar im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Über die Umsatz- und Gewinnzahlen hinaus werden sich die Anleger auf das Wachstum im Segment Intelligent Cloud von Microsoft konzentrieren, das Azure, GitHub, SQL Server, Windows Server und andere Unternehmensdienste umfasst. Der Umsatz mit kommerziellen Clouds von Microsoft stieg im letzten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 17% auf 13,4 Mrd. USD, während der Umsatz mit Azure-Diensten um 47% hochschnellte.
Eine weitere wichtige Kenngröße wird sein, wie gut die Abteilung für Produktivität und Geschäftsprozesse von Microsoft abschneidet. Das Schlüsselsegment umfasst die Office 365 Cloud-Produktivitätssuite, die Team-Kommunikations-App LinkedIn (NYSE:LNKD) sowie Dynamics-Produkte und Cloud-Dienste.
Die boomende Spielesparte von Microsoft, die im Umfeld von Anordnungen zu Hause zu bleiben, von der gestiegenen Nachfrage profitiert hat, wird ebenfalls genau beobachtet. Die Veröffentlichung der Xbox-Konsole der nächsten Generation am 10. November dürfte in den kommenden Quartalen zu einem stetig steigenden Umsatzwachstum beitragen.
3. Apple: berichtet am 29. Oktober nach Handelsende an der Wall Street
- Geschätztes Gewinnwachstum: -8,2% pro Aktie gegenüber dem Vorjahr
- Geschätztes Umsatzwachstum: -0,3% gegenüber dem Vorjahr
Apple (NASDAQ:AAPL), das im letzten Quartal einen Aktiensplit im Verhältnis 4: 1 genehmigte, war über weite Teile des Jahres auf einem Höhenflug, da Sperren auf der ganzen Welt zu einer starken Nachfrage nach Abonnementdiensten, einschließlich iTunes Music, Apple TV+ und Apple Arcade führten.
Die Aktien von Apple sind in diesem Jahr um rund 60% gestiegen. Die Aktie, die am 2. September ein Allzeithoch von 137,98 USD erreichte, notierte am Dienstag bei 117,51 USD. Mit einer Marktkapitalisierung von 2,01 Billionen US-Dollar ist der in Cupertino, Kalifornien, ansässige Technologie- und Konsumgüterkonzern das wertvollste Unternehmen, das an einer US-Börse gehandelt wird.
Der Durchschnitt der Schätzungen sagt, dass Apple - dessen Gewinn und Umsatz im letzten Quartal die Erwartungen übertroffen} hatte, für das vierte Quartal des Geschäftsjahres einen Gewinn je Aktie von 0,71 USD ausweisen wird, was einem Rückgang von rund 8% gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Der Umsatz dürfte um 0,3% gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 63,85 Mrd. USD sinken, da einige Geschäftsbereiche vom Coronavirus betroffen sind.
Auch wenn Apple keine Verkaufszahlen für einzelne Produkte mehr meldet, werden viele gespannt sein, ob das Unternehmen einen Einblick in die ersten Auswirkungen des iPhone 12 geben wird, das seit Anfang dieses Monats vorbestellt werden kann.
Jegliche Aktualisierungen des Wachstums im iPad- und Mac-Geschäft werden auch für Investoren von Interesse sein, da sich beide im gegenwärtigen Umfeld von Ausgangssperren, stark entwickelt haben und im letzten Quartal gegenüber dem Vorjahr Umsatzwachstumsraten von 31% bzw. 26,1% verzeichneten.
Für Anleger noch spannender ist die Frage, ob Apple für das kommende Quartal, welches die wichtige Weihnachtszeit umfasst, eine Prognose abgibt. Der iPhone-Bauer gab aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf sein Geschäft keine Prognose für das abgelaufene Quartal ab.
4. Amazon: berichtet am 29. Oktober nach Handelsende an der Wall Street
- Geschätztes Gewinnwachstum: +72,3% pro Aktie gegenüber dem Vorjahr
- Geschätztes Umsatzwachstum: +32,3% gegenüber dem Vorjahr
Amazon (NASDAQ:AMZN) gilt als einer der größten Nutznießer der Covid-19-Krise und hat in diesem Jahr den Gesamtmarkt deutlich übertroffen. Sein Kurs stieg um fast 75%, da die Amerikaner ihre Umstellung auf Online-Shopping beschleunigten.
Die Aktien des in Seattle, Washington, ansässigen Unternehmens, die am 2. September ein Rekordhoch von 3.552,25 USD erreichten, beendeten den Handel gestern Abend zu 3.217,01 USD. Mit einem Wert von 1,61 Billionen US-Dollar liegt Amazon auf Platz drei der wertvollsten US-Unternehmen.
Für Amazon, das Ende Juli blendende Ergebnisse zum zweiten Quartal vorgelegt hatte, dürfte einen Gewinn pro Aktie von 7,29 USD erzielen, was einer Wachstumsrate von rund 72% gegenüber dem GpA im Vorjahr von 4,23 USD entspräche. Der Umsatz wird gegenüber dem Vorjahreszeitraum voraussichtlich um 32% auf 92,57 Mrd. USD steigen, was die Stärke sowohl im E-Commerce als auch im Cloud-Computing widerspiegelt.
Die Anleger werden sich weiterhin auf das boomende Cloud-Computing-Geschäft des Unternehmens konzentrieren, um zu sehen, ob es sein rasantes Wachstumstempo beibehalten kann. Der Umsatz von Amazon Web Services stieg im zweiten Quartal um 29% auf 10,8 Milliarden US-Dollar und festigte seinen Platz als führender Anbieter im Bereich Cloud-Computing vor Microsoft Azure und Google Cloud.
Das Wachstum bei den Abonnementdiensten, die hauptsächlich aus Amazon Prime und seinen 150 Millionen zahlenden Mitgliedern besteht, wird ebenfalls im Fokus stehen. Die Zahlen aus diesem Segment stiegen im Vorquartal um 29% auf 6,02 Mrd. USD.
Mit großer Spannung warten die Anleger nach einer Orientierung sowohl für den Umsatz als auch für das Betriebsergebnis für das Schlussquartal, das die Weihnachtssaison abdeckt. Analysten gehen davon aus, dass der E-Commerce- und Technologieriese im vierten Quartal einen Umsatz von 111,4 Milliarden US-Dollar erzielen wird, was eine Steigerung von 27% gegenüber dem Vorjahresquartal wäre.
5. Facebook: berichtet am 29. Oktober nach Handelsende an der Wall Street
- Geschätztes Gewinnwachstum: -11,3% pro Aktie gegenüber dem Vorjahr
- Geschätztes Umsatzwachstum: +11,6% gegenüber dem Vorjahr
Facebook (NASDAQ:FB) verzeichnete aufgrund der anhaltend restriktiven Maßnahmen zur sozialen Distanzierung einen starken Anstieg der Nachfrage in seiner Familie von Social-Media-Apps, zu denen Instagram, Messenger und WhatsApp gehören. Es überrascht nicht, dass alle drei Plattformen ein wachsendes Publikum sehen. Das soziale Netzwerk zählt jetzt 3,14 Milliarden Mitglieder.
Während die Aktien von Facebook in diesem Jahr den breiteren Markt übertroffen haben, sind sie vielen der ärgsten Konkurrenten hinterhergehinkt. Die Sorge um geringere Werbeausgaben infolge eines anhaltenden Anzeigenboykotts zusammen mit Covid-19 bedingten Störungen in der Werbebranche begrenzte die Gewinne.
Die Facebook-Aktie, die seit Jahresbeginn um 30% zugelegt hat, ging gestern zu 267,56 USD aus dem Handel. Derzeit ist der in Menlo Park, Kalifornien, ansässige Soziale-Medien-Konzern mit einem Wert von 762,2 Milliarden US-Dollar das kleinste der fünf Technologieriesen und das einzige mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 1 Billion US-Dollar.
Facebook, das im zweiten Quartal bei Gewinn und Umsatz die Erwartungen massiv übertraf, wird für den Zeitraum Juli bis September voraussichtlich einen Gewinn je Aktie von 1,88 USD ausweisen, was einem Rückgang von 11,3% gegenüber dem Gewinn pro Aktie von 2,12 USD im Jahr zuvor entspricht. Aufgrund der starken Nachfrage nach Softwareprodukten für das Homeoffice wird jedoch ein Umsatzanstieg von 11,6% gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 19,7 Mrd. USD prognostiziert.
Jenseits von Umsatz und Gewinn werden die Investoren darauf warten, mehr über die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie auf die Werbeeinnahmen für den Rest des Jahres 2020 und darüber hinaus zu erfahren. Das Wachstum der Werbeeinnahmen von Facebook um 10% gegenüber dem Vorjahr im zweiten Quartal war eine Verlangsamung gegenüber dem Anstieg von 17% im ersten Quartal dieses Jahres.