- Nach einem massiven Einbruch im September holt ADBE wieder auf
- Die Ergebnisse des 4. Quartals und die Prognosen für das Geschäftsjahr 2023 sehen im Rahmen eines schwierigeren makroökonomischen Umfelds recht solide aus
- Die Adobe-Aktie ist nicht billig, aber das braucht sie auch nicht zu sein. Sie bietet weiterhin Raum für überdurchschnittliche Renditen
Ausgehend vom Midpoint der Prognosen für das Geschäftsjahr 2023 (Stand: Ende November) und unter Einbeziehung der aktienbasierten Vergütung zu den bereinigten Zahlen wird Adobe (NASDAQ:ADBE) mit fast genau dem 30-fachen der voraussichtlichen Gewinne gehandelt. Ob dieses Multiple attraktiv ist oder nicht, ist Gegenstand einer interessanten Debatte.
Es gibt sicherlich ein Argument, das dagegen spricht. Das Wachstum von Adobe verlangsamt sich. Die Übernahme von Figma, die im September angekündigt wurde, hat den Markt eindeutig abgeschreckt. Nach Bekanntgabe der 20 Mrd. USD schweren Übernahme sank die Marktkapitalisierung von Adobe um 34 Mrd. USD. Die Geschäftszahlen für das dritte Quartal mögen eine Rolle gespielt haben, aber es war wohl eher die gefühlte Notwendigkeit des Kaufs von Figma, die Fragen über den Zustand von Adobes Geschäft aufkommen ließ.
Dennoch besteht die Möglichkeit, dass es von hier aus weiter aufwärts geht. Adobe ist nach wie vor eins der besten Unternehmen auf dem gesamten Markt. Das erwartete KGV erscheint vor dem Hintergrund des gesamtwirtschaftlichen Umfelds überzogen, weist dem Figma-Geschäft aber auch keinen Wert zu, während Adobes beständiges Wachstum und die enormen Gewinnmargen einen Multiplikator weit über dem Marktniveau rechtfertigen. Hier sollte also noch Luft nach oben sein.
Die Sorgen von Adobe
Auf den ersten Blick scheint ADBE nicht übermäßig attraktiv zu sein. Die Fundamentaldaten der Aktie haben sich merklich eingetrübt. Die "Ziele" für das Geschäftsjahr 2023, wie das Unternehmen sie nennt, lassen für dieses Jahr ein Umsatzwachstum von nur 9 % erwarten. Für ein Unternehmen, das jahrelang ein Wachstum von über 20 % verzeichnen konnte, kann jede einstellige Rate nur eine Enttäuschung sein.
Diese Sorge erhält durch die Übernahme von Figma noch mehr Gewicht. Die Entscheidung, 20 Mrd. USD für ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von etwa 400 Mio. USD zu zahlen, hatte einen Hauch von Verzweiflung. Die Anleger glaubten - und glauben vielleicht immer noch - dass Adobe den Kauf tätigte, weil es musste und nicht, weil es wollte.
Ein weiteres Fragezeichen ergibt sich aus dem externen Umfeld. Die Kernprodukte des Unternehmens sind größtenteils arbeitsplatzbasiert; Entlassungen bei Kunden bedeuten wiederum geringere Einnahmen. Wenn die jüngsten Bemühungen um einen Personalabbau in der gesamten Technologiebranche anhalten, könnten die Ziele für das Geschäftsjahr 2023 gefährdet sein. In Anbetracht des schlechten Rufs von Adobe bei den Anlegern und der Tech-Aktien (NYSE:XLK) im Allgemeinen wird jede Art von Prognosekorrektur nach unten nicht gut aufgenommen werden.
Ein starkes Unternehmen
Die Bedenken sind durchaus berechtigt. Bei näherer Betrachtung sind die Argumente der Adobe-Bullen jedoch stärker, als es den Anschein haben mag.
9 % Umsatzwachstum klingt in diesem Zusammenhang nicht besonders spannend. Hier ist der stärkere Dollar ein Schlüsselfaktor: Adobe schätzt, dass die Währung das Wachstum im nächsten Jahr um etwa vier Prozentpunkte schmälern wird.
Bei konstanten Wechselkursen dürfte der Umsatz von Adobe um rund 13 % steigen. Das ist zwar nicht das, was das Unternehmen in der Vergangenheit erreicht hat, aber es ist dennoch eine sehr beeindruckende Zahl. Es handelt sich um ein reifes Unternehmen, das hauptsächlich ausgereifte Märkte bedient und in diesem Jahr immer noch (ohne Berücksichtigung des Dollarkurses) rund 2 Mrd. USD an zusätzlichen Umsätzen erzielt.
Dieses Wachstum findet statt, während Kunden versuchen, jeden Dollar zu sparen, den sie nicht unbedingt ausgeben müssen. Dennoch verzeichnete Adobe im 4. Quartal bei konstanten Wechselkursen ein Wachstum von 14 % und konnte die operativen Gewinnmargen im Wesentlichen aufrechterhalten. Diese Art von Performance in einem ohnehin schon schwierigen Umfeld zeigt, wie unverzichtbar die Software von Adobe ist.
Bewertung und Figma
Mit dem 30-fachen des voraussichtlichen Gewinns zahlen die Anleger ganz klar für die Qualität des Unternehmens. Es ist jedoch erwähnenswert, dass der Ausblick für das Geschäftsjahr 2023 keinen Beitrag von Figma enthält, da die Übernahme noch nicht abgeschlossen ist.
Dieses Unternehmen hat aber einen Wert. Offensichtlich glaubten die Anleger auf den öffentlichen Märkten nicht, dass dieser Wert 20 Mrd. USD beträgt. Auch die Investoren auf dem privaten Markt waren nicht unbedingt begeistert: Figma hat sich zuletzt Mitte 2021 mit einer Bewertung von 10 Mrd. USD Kapital beschafft. Im Vergleich zur Marktkapitalisierung von Adobe in Höhe von 153 Mrd. USD erscheint Figma also relativ klein.
Wie ich damals bereits schrieb, birgt der Deal auch eine echte strategische Komponente. Mit Figma kann Adobe sein bestehendes Angebot mit der Zeit auf ein besser für die Cloud geeignetes Fundament stellen. Die Geschäftsleitung von Adobe hat unterdessen betont, dass Figma nicht unbedingt ein Konkurrenzunternehmen, sondern eine Ergänzung ist, die es dem Unternehmen ermöglicht, die größere Zahl der technisch weniger versierten und weniger zahlungskräftigen Nutzer besser anzusprechen.
Alles in allem zählt Adobe zu den besseren Unternehmen am gesamten Kapitalmarkt, das ein attraktives Übernahmeobjekt, eine solide Performance in einem schwierigen Umfeld und eine angemessene Bewertung aufweist. Das ist genau die Art von Kombination, nach der langfristig orientierte Investoren suchen.
Offenlegung: Vince Martin ist derzeit in keinen der hier besprochenen Wertpapieren investiert.