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Aktienrückkäufe steigen: Was das für Markt und Volatilität bedeutet

Veröffentlicht am 12.03.2018, 19:30
Aktualisiert 02.09.2020, 08:05
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von Jesse Cohen

Der Artikel erschien im englischen Original unter dem Titel 'Stock Buybacks Are Soaring; Here's What It Means For Markets And Volatility' am 12. März 2018 auf Investing.com.

  • Aktienrückkäufe sind 2018 auf ein Rekordniveau gestiegen
  • Trumps Steuerreform sowie Kapitalrückführung finanzieren die Entwicklung
  • Das kommt zu Lasten von Investitionen in Kapitalgüter und Forschung und Entwicklung
  • Auch der durchschnittliche Arbeitnehmer verliert dabei; die Unternehmen nutzen den Geldregen nicht für Lohnerhöhungen oder Boni
  • Viele Analysten glauben, dass dies das Wachstum auf längere Sicht gefährden könnte

Unternehmen an der New York Stock Exchange haben bisher in 2018 ihre eigenen Aktien in noch nie gesehenem Umfang zurückgekauft, mit dem Nominalbetrag von Aktienrückkäufen von an der Börse gehandelten Unternehmen auf einem Allzeithoch für so früh in einem Geschäftsjahr.

Angaben von TrimTabs nach, einer kalifornischen Firma, die Rückkäufe verfolgt, liegt der Wert von Rückkaufprogrammen, die allein im Februar angekündigt wurden bei 153,7 Mrd USD, nach 59,9 Mrd USD im Januar, womit das Volumen ohne Probleme die bisherige monatliche Rekordmarke von 133 Mrd USD im April 2015 genommen hat. “Die Aktivität hat ohne Zweifel zugenommen. Rückkäufe stiegen in fünf aufeinanderfolgenden Monaten seit Juli 2017 und sind im Februar geradezu explodiert" sagte TrimTabs Analyst Winston Chua. “Sollte das so weitergehen, dann wird das Volumen in diesem Jahr alle vorangegangenen Jahre seit mehr als einem Jahrzehnt in den Schatten stellen” fügte er hinzu.

Announced Buybacks YTD Period 2007-2018

In der Tat, eine Studie von JP Morgan aus der letzten Woche enthüllte, dass die Unternehmen des S&P 500 in 2018 eigene Aktien im Rekordwert von 800 Mrd USD aufkaufen werden und damit weit das gegenwärtige Hoch von 530 Mrd USD aus dem Jahr 2017 übertreffen. Und wenn man der Analyse folgt, dann könnte die Zahl unter den richtigen Bedingungen in diesem Jahr sogar noch höher ausfallen.

“Es gibt in unseren Schätzungen noch Platz nach oben, sollten die Unternehmen die Bruttoauszahlungen im ähnlichen Maße wie am Ende des letzten Zyklus erhöhen, als sie mehr als 100% ihrer Gewinne an die Anteilseigner ausschütteten (gegenüber 83% derzeit).” so der Report.

Record Announced Authorizations and Gross Buybacks 1997-2018

Die Analyse ähnelt derjenigen, die David Kostin, Chef US-Aktienanalyst bei Goldman Sachs im letzten Monat abgab, insofern es eine Welle von Rückkäufen andeutet. Allerdings war Kostins Prognose weniger aggressiv und gab für das laufende Jahr einen Wert von 650 Mrd USD an.

SPX Cash Spending Estimates 2015-2018

Wieso entscheiden sich Unternehmen manchmal ihre Aktien zurückzukaufen, anstelle diese Mittel für langfristige Investitionen wie Anlagegüter oder Forschung und Entwicklung zu nutzen? Einfach ausgedrückt, es handelt sich um ein altbewährtes Mittel den Aktienkurs zu heben.

Rückkäufe sind gut für die Anteilseigner, einschließlich der hochrangigen Manager, die für gewöhnlich große Mengen der Aktien ihres eigenen Unternehmens besitzen. Aber die Rückkäufe können zu Lasten von Investitionen wie der Anstellung neuer Beschäftigter und dem Bau neuer Produktionsstätten kommen.

Was treibt den Trend an?

Glaubt man JPM dann kommt fast die Hälfte der Mittel für Rückkäufe in diesem Jahr aus den Mehreinnahmen durch Trumps Steuerreform. Das Gesetz, das im vergangenen Dezember in Kraft trat, senkte den Unternehmenssteuersatz von 35% auf 21% und erhob eine einmalige Steuer auf im Ausland gehortete Gewinne, die den Erwartungen nach zu einem Rekordrückfluss an Geldern aus den 2,5 Billionen USD Werten führen soll.

Die andere Hälfte soll aus starken Unternehmensgewinnen und der eigentlichen Heimführung von Bargeld aus Übersee führen. Im Detail erwartet JP Morgan, dass die Unternehmen 100 Mrd USD aus Steuersenkungen und hohen Erträgen für Rückkäufe bereitstellen wollen, während die Heimführung von Geldern 200 Mrd USD beitragen soll.

Dem ähnlich begründet auch der Report von Goldman die hohen Aktienrückkäufe zumeist mit den Einsparungen aus der Steuerreform der Republikaner, sowie dem starken GpA (Gewinn pro Aktie) Wachstum. Damit wird die Auffassung völlig auf den Kopf gestellt, dass die großen US-Konzerne die Vorteile aus Trumps Steuerreform an die Beschäftigten in der Form von höheren Löhnen oder Boni weitergeben würden.

Was tatsächlich passierte, ist, dass sie seit Verabschiedung der Steuergesetzgebung vor drei Monaten Aktienrückkäufe in Höhe von mehr als 200 Mrd USD angekündigt haben. Das hat in Washington und an der Wall Street zu Fragen geführt, wie die neuen Unternehmenssteuersenkungen benutzt werden.

Von den Firmen im S&P 500 haben 44% gesagt, sie planten einen Teil ihrer Steuervorteile in Anlageinvestitionen oder Löhne zu reinvestieren, während 28% meinten, sie würden sie nutzen, um die Auszahlungen an die Anteilseigner zu erhöhen, fand Morgan Stanley in einer Analyse der jüngsten Quartalspräsentationen heraus. Die Bankanalysten rechnen damit, dass die Unternehmen etwa 43% ihrer Einsparungen für Rückkäufe und Dividenden aufwenden werden, während 30% für Investitionen und die Arbeitskräfte aufgewendet werden sollen.

Führende Demokraten haben auf die steigenden Aktienrückkäufe als Beweis dafür ausgemacht, dass der Steuerplan der Republikaner im Großen und Ganzen Unternehmen, hochrangige Manager und reiche Aktionäre bevorteilt, anstelle der Beschäftigten. "Wieso ist das von Bedeutung? Weil die Aktienrückkäufe nicht den durchschnittlichen Arbeiter weiterhelfen” sagte der demokratische Oppositionsführer im US-Senat Charles Schumer aus New York im vergangenen Monat.

“Sie blähen die Bewertung von Unternehmensanteilen auf, was vor allem den Aktionären zugute kommt, nicht den Arbeitern. Es profitieren auch hochrangige Manager, die mit Aktien bezahlt werden, nicht die Arbeiter, die in Löhnen und Boni bezahlt werden.” fügte er hinzu.

Verfechter des Steuerplan allerdings heben hervor, dass die Rückführung von Unternehmensgeldern aus dem Ausland ein positiver Effekt des Plans sei. "In dem Umfang, dass es Aktienrückkäufe gibt, dann handelt es sich um Kapital, das zurück in die Wirtschaft geführt wird" sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin dem Finanzausschuss des Senats Mitte Februar.

Auch der neue Chef der Federal Reserve Jerome Powell sagte während seiner Anhörung im Kongress Ende letzten Monats, dass Geld, das an die Aktionäre zurückgeht seinen Weg in den Rest der Wirtschaft findet. Wie dem auch sei, im vollen Umfang dürften die Folgen auch in den nächsten Monaten oder Jahren nicht verstanden werden, als das neue Geld sich durch die Wirtschaft bewegt.

Was könnten die Folgen der Rückkäufe auf die Aktienkurse und deren Volatilität sein?

Die jüngste Flut von Aktienrückkäufen könnte dem fast neun Jahre anhaltenden Bullenmarkt einen Schub verpassen, zu einem Zeitpunkt an dem viele Investoren besorgt sind, wie lange das noch anhalten kann. Ein Aktienrückkauf ist ein bewährtes Mittel den Kurs zu stützen.

Daten zu Mittelflüssen von der Federal Reserve zeigen, dass Unternehmen—via Aktienrückkäufen—seit dem Tief von 2009 die größten Käufer von an der Wall Street gelisteten Aktien sind. In der Tat, eine neue Analyse von Credit Suisse hat enthüllt, dass Unternehmen außerhalb des Finanzsektors in den vergangenen neun Jahren netto US-Aktien im Wert von 3,3 Billionen USD gekauft haben, was 18% der gesamten Marktkapitalisierung entspricht. Die Studie zeigte auch, dass Investmentfonds netto Aktien in Höhe von 1,6 Billionen USD erwarben.

Im Gegensatz dazu haben im gleichen Zeitraum Privathaushalte und institutionelle Anleger (Versicherer und Pensionsfonds) netto Papiere im Wert von 672 Mrd USD bzw. 1,2 Billionen USD abgestoßen.

Das bedeutet, dass es seit der Finanzkrise von 2008-09 nur einen Käufer von US-Aktien gab: die Unternehmen selbst.

Main Buyers of US Equities 2009-2018

Dieser Trend einer anschwellenden Nachfrage nach US-Aktien aus den Unternehmen dürfte in 2018 stark bleiben, so die Einschätzung von Goldman Sachs.

Corporate Demand for US Stocks 2002-2018

Die enorme Nachfrage nach Aktien von Unternehmen, denen der Kurs im wesentlichen egal ist, hat den Folgeeffekt gehabt, die Volatilität am Aktienmarkt in den vergangenen Jahren verschwinden zu lassen.

Christopher Cole der bekannte Manager vom Hedgefonds Artemiswarnte jüngst, dass die Volatilität über Jahre hinweg wegen der Rückkäufe künstlich niedrig war. In einem im vergangenen Oktober erschienen Reportsagte Cole:

"Aktienrückkäufe trugen maßgeblich zu dem Umfeld niedriger Volatilität bei, da große, nicht kurssensible Käufer immer bereitstehen, im Fall eines schwachen Markt zuzukaufen. Aktienrückkäufe resultieren in geringerer Volatilität, weniger Liquidität, was wiederum Anreiz für neue Aktienrückkäufe gibt, was wieder passive und systematische Strategien belohnt, die alle die Volatilität verringern.
Wie bei einer Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschlingt, kann der Markt sich nicht auf Aktienrückkäufe verlassen, dass diese auf unbestimmte Zeit die Illusion von Wachstum aufrechterhalten. Wachsende Unternehmensschulden und höhere Zinssätze sind ein Auslöser für die Verlangsamung der Aktienrückkäufe in Höhe 500 bis 800 Mrd USD pro Jahr, die den Markt künstlich aufpäppeln und die Volatilität unterdrücken."

Jüngst hat sogar Bloomberg angedeutet, dass Rückkäufe gefährlich sein könnten und hervorgehoben dass:

"Die Unternehmen haben in den letzten zehn Jahren oder so erheblich ihre Rückkäufe ausgeweitet, bis zu einem Punkt, an dem sie nun als Gruppe der größte Käufer von Aktien sind. Einige haben dies als Selbst-Kannibalismus des Marktes bezeichnet. Eigenkapitalschrumpfung ist ein hübscherer Weg es auszudrücken."

Auch wenn Aktionäre und Unternehmensinsider, sowie der US-Aktienbullen kurzfristig profitieren könnten, diejenigen, die Rückkäufe als negativen Faktor ansehen, sagen, dass die anhaltenden Aktienkäufe der Unternehmen den nächsten Abschwung weitaus schlimmer machen werden, als die jüngsten Minikorrekturen, die der Markt in letzter Zeit durchlaufen hat.

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