Es ist bereits eine Woche her, seit Wirbelsturm „Harvey“ über die Golfküste von Texas hereingebrochen ist, doch die Beeinträchtigungen in der Ölindustrie der Region bleiben beträchtlich.
Ölproduktion
Angaben des Bureau of Safety and Environmental Enforcement zufolge befanden sich 9 Prozent der Ölproduktion im Golf von Mexiko (ca. 153.000 bpd) und 13 Prozent der Erdgasproduktion am Dienstagmorgen außer Betrieb.
Die Texas Railroad Commission schätzt, dass bis zu 500.000 bpd an Ölproduktion aus der Schieferölregion Eagle Ford (rund ein Drittel der Fördermenge) aufgrund von „Harvey“ gestoppt werden musste. Produzenten in der Region Eagle Ford waren am Wochenende immer noch dabei, die Schäden zu beurteilen. Conoco (NYSE:COP) meldete am 3. September eine Fördermenge von 50 Prozent ihrer Kapazität vor dem Wirbelsturm, geht jedoch davon aus, bis zum 5. September zu Vollproduktion zurückkehren zu können. Anhaltende Überschwemmungen, unzugängliche Transportwege, Personalmangel und unzureichender Zugang zu Chemikalien und Sand, der für Fracking benötigt wird, wirken sich auf die Ölproduktion in der Region aus.
Ein Teil der Bohraktivitäten wurde infolge von „Harvey“ verzögert, dieser lag jedoch nur bei rund 10 Prozent. Die Händler sollten im Auge behalten, dass ein Großteil der Erdölproduktion in der vergangenen Woche sowie höchstwahrscheinlich ein erheblicher Teil der Produktion in dieser Woche in der Lagerstätte in Cushing, und nicht an den Raffinerien oder den Häfen an der Küste, enden wird. Zwar wird der Rückstau an Rohöl langsam abgebaut, dennoch wird es mehrere Wochen oder vielleicht sogar Monate dauern, bis dieser vollständig aufgelöst wurde.
Benzin
Angaben von GasBuddy zufolge schnellten Benzinpreise in den Vereinigten Staaten in dieser Woche um durchschnittlich 27 US-Cents pro Gallon an. Delaware verzeichnet mit 50 US-Cents pro Gallon den größten Preisanstieg. Die Preise für Benzin dürfte für längere Zeit auf einem höheren Niveau bleiben, bis die Raffinerien die Schäden beurteilt und die Produktion wiederaufgenommen haben. Rund 30 Prozent der Raffineriekapazität wurde vom Sturm betroffen. Am 4. September waren 17 Prozent noch offline.
Einige Raffinerien wie etwa die im Eigentum von Valero (NYSE:VLO) in Corpus Christi und Texas City nahmen ihren Betrieb bereits vollständig auf, einige jedoch wurden von den Überflutung in Port Arthur schwer beschädigt und stehen immer noch still. Am 1. September lief die Raffinerie von Marathon Petroleum (NYSE:MPC) in Texas City nur bei 45 Prozent Auslastung. ExxonMobil (NYSE:XOM) bereitete am 2. September die Wiederaufnahme des Betriebs an der zweitgrößten Raffinerie des Landes in Baytown, Texas, vor. Die größte Raffinerie des Landes, Motiva, von Saudi Aramco in Port Arthur wurde überflutet und könnte Quellenangaben zufolge zwei Wochen lang geschlossen bleiben (Bilder hier). Andere Quellen jedoch behaupten, dass Motiva dabei ist, ihren Hydrocracker sowie eine große Rohöleinheit in Betrieb zu nehmen.
Die Händler sollten davon ausgehen, dass der Preisunterschied zwischen Benzin und Rohöl größer als üblich sein, jedoch in den kommenden Wochen wieder abnehmen wird. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Benzinpreise selbst nach vollständiger Wiederherstellung der Kapazität nicht mehr auf das Niveau vor dem Sturm zurückkehren werden.
Transport
Schließung der Colonial Pipeline hatte die größten Auswirkungen auf die Benzinversorgung im Südosten und in den mittelatlantischen Regionen der USA. Colonial gab ursprünglich an, die Pipeline werde den Abschnitt zwischen Houston und Herbert, beide im Bundesstaat Texas, am 3. September wieder öffnen, es kam jedoch zu Verzögerungen. Am 4. September waren lediglich die Abschnitte für Diesel und Kerosin wieder offen. Meldungen am Wochenende zufolge würde der Benzinabschnitt am 5. September wieder in Betrieb genommen werden. Die Colonial-Pipeline verläuft von Houston nach Linden im Bundesstaat New Jersey, wobei zahlreiche Abzweigungen Produkte wie Benzin, Diesel und Kerosin in Staaten in der Region transportieren. Benzinpreise werden im Großteil des Landes weiterhin hoch bleiben, bis die Pipeline ihren Betrieb vollständig aufgenommen hat.
Häfen in der Region (Corpus Christi, Houston Shipping Channel und Galveston) nahmen in der vergangenen Woche ihren Betrieb auf. Zugang für große Schiffe wie den Öltanker VLCC war jedoch bis zum 4. September begrenzt. Angaben von TankerTrackers.com zufolge wird der Rückstau an Tankern (250), die im Golf von Mexiko treiben, langsam abgebaut. Über das Wochenende wurden innerhalb von 24 Stunden rund 10 Mio. Barrels an Rohöl bewegt (Importe und Exporte).
Wirbelsturm „Irma“
Ein weiterer Wirbelsturm – „Irma“ – steuert auf die Region zu. Angaben des US-amerikanischen National Hurricane Center zufolge handelt es sich um einen "potenziell katastrophalen" Sturm der Kategorie 5. In dieser Woche soll er im karibischen Raum ankommen und am Wochenende womöglich die USA erreichen. Prognosen gehen aktuell von Niederschlägen in der Karibik sowie in Florida aus, ölproduzierende Regionen sollen jedoch nicht betroffen sein.