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In dieser Woche beginnt die Berichtssaison am US-Aktienmarkt. Die Wall Street erwartet den ersten Rückgang der Quartalsgewinne auf Vorjahresbasis seit dem Pandemiejahr 2020.
Das Wall Street Journal zitiert den Analysedienst FactSet. Demzufolge erwarten die Marktanalysten im Durchschnitt, dass die im S&P 500 gelisteten Unternehmen für das vierte Quartal einen Gewinnrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum melden.
Dies wäre erste Gewinnrückgang auf Jahresbasis seit dem Höhepunkt des pandemiebedingten Konjunkturabsturzes im Jahr 2020. Demnach rechnen die Analysten mit einem Gewinnrückgang um 4,1 % im vierten Quartal 2022. Im vierten Quartal 2021 hatte es noch einen Gewinnanstieg um 31 % gegeben.
Gewinnrückgang um 4,1 % im vierten Quartal
Die Gewinnentwicklung fällt dabei über die verschiedenen im Index vertretenen Branchen sehr unterschiedlich aus. Energieunternehmen werden Analysten zufolge mit einem erwarteten Gewinnwachstum von 63 % der erfolgreichste Sektor des Schlussquartals. Am niedrigsten sind die Erwartungen bei Grundstoffen und zyklischen Konsumgütern.
Die Unternehmen haben derzeit mit vielen Baustellen zu tun. Die Kosten steigen nicht zuletzt durch einen angespannten US-Arbeitsmarkt. Gleichzeitig sehen sich die Unternehmen einem neuen Zinsumfeld ausgesetzt, was die Finanzierungskosten erhöht und insbesondere hochverschuldete Unternehmen unter Druck setzt. Nicht zuletzt sinkt die ausländische Nachfrage nach Produkten von US-Unternehmen durch den starken Anstieg des US-Dollar.
Für den S&P 500 war 2022 mit einem Verlust von 19 % eines der schlechtesten Jahre der letzten Dekaden. Ein wesentlicher Grund für den starken Rückgang war das hohe Gewicht vieler Technologiewerte im Index. Der Dow Jones Industrial Average Index etwa gab deutlich weniger nach.
Zuletzt hatten die Anleger wieder etwas Hoffnung geschöpft, da das Lohnwachstum sich laut jüngsten Arbeitsmarktdaten etwas abgeschwächt hatte. Marktteilnehmer erhoffen sich davon einen Rückgang der Inflation und damit ein möglichst rasches Ende des Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Federal Reserve.
Quartalszahlen von Big Bank und Co.
In dieser Woche melden mit J.P. Morgan und der Bank of America (NYSE:BAC) zwei der größten Banken Daten zum abgelaufenen Quartal. Auch Delta Airlines (NYSE:DAL) und weitere Großunternehmen berichten. Die Quartalszahlen dürften auch durch die Notenbank aufmerksam beobachtet werden. Ein kollektiver Gewinnrückgang dürfte den jüngsten Kurs der Fed, die Zinsschraube weiter, aber deutlich langsamer anzuziehen, stützen.
Sinkende Gewinne führen auch zu mehr Entlassungen. In den vergangenen Monaten haben viele S&P 500 Mitglieder den Abbau von Stellen angekündigt. Auch viele Technologieunternehmen wie Amazon (NASDAQ:AMZN), die Facebook Mutter Meta (NASDAQ:META), Salesforce (NYSE:CRM) und weitere sparen beim Personal. Entlassungen sind in der Regel mit einmaligen Belastungen verbunden, die sich bei vielen Unternehmen bereits im vierten Quartal niederschlagen dürften.
Shiller KGV: Noch keine Trendwende in Sicht
Was bedeutet dies für die weitere Marktentwicklung? Ist nach heruntergeschraubten Gewinnerwartungen und den ersten Entlassungswellen der Wendepunkt am Markt erreicht?
Für die Marktentwicklung sind letztlich die tatsächlich gemeldeten Quartalsergebnisse im Verhältnis zu den Erwartungen ausschlaggebend. Die Erwartungen der Wall Street Analysten sind derzeit äußerst schwach. FactSet zufolge haben die Analysten die Gewinnerwartungen im vierten Quartal um 6,5 % nach unten korrigiert – eine ungewöhnlich deutliche Absenkung. Die Messlatte liegt also niedrig.
Für das Jahr 2023 gilt dies allerdings nicht. Hier rechnen Analysten mit einem Gewinnwachstum der S&P 500 Unternehmen von 4,7 %. Aktuell werden die Unternehmen Index mit dem rund 17 -fachen der für 2023 erwarteten Gewinne bewertet. Diese Bewertung bewegt sich nahe des zehnjährigen Durchschnitts. Gemessen am KGV sind Aktien derzeit also weder besonders hoch noch besonders niedrig bewertet.
Das Shiller KGV (auch als CAPE Ratio bekannt) setzt – unter Anwendung einer Inflationsbereinigung – Aktienkurse ins Verhältnis zu den Gewinnen der letzten zehn Jahre. Ein Unternehmen mit einem Shiller KGV von 12 etwa würde mit dem 12-fachen der durchschnittlichen Gewinne der letzten zehn Jahre bewertet.
Für die letzten gut 20 Jahre gilt ein Shiller KGV von etwa 22 als Indikator dafür, dass der S&P möglicherweise seinen Abwärtstrend beendet und wieder nach oben dreht. Werte über 30 gelten dagegen eher als Indiz für eine Überbewertung (wenngleich die lockere Geldpolitik die Verhältnisse hier etwas verschoben haben könnte). Der höchste Wert wurde 1999 mit knapp über 44 erreicht. 1920 rutschte das Shiller KGV sogar unter die Marke von 5.
Aktuell liegt das Shiller KGV bei rund 28,5 und somit genauso wie das reguläre KGV in keinem aussagekräftigen Bereich. Dies zeigt, dass das aktuelle Niveau nicht zwingend Einstiegskurse darstellen muss.