Während die Gesamtmärkte derzeit die Gewinne der letzten Monate korrigieren, fragen sich die Anleger, ob es in diesen unruhigen Wochen defensive Anlagebereiche gibt, um den Sturm zu überstehen. Ein solcher Sektor sind möglicherweise so genannte "Sündenaktien", zu denen Wertpapiere von Alkohol-, Tabak-, Glücksspiel-, Waffen- und Erotikunternehmen gehören.
Die Suchtgefahr einiger dieser Produkte und Dienstleistungen bedeutet in der Regel, dass die meisten Menschen diesen Lastern sowohl in wirtschaftlich guten als auch in schlechten Zeiten nachgehen. Daher bieten diese Unternehmen in den meisten Fällen konstante Einnahmen und Cashflows sowie saftige Dividenden. Und sie tendieren dazu, sich in Rezessionen gut zu entwickeln, da Anleger auf der suche nach einem passiven Einkommen sie in ihre Portfolios aufnehmen.
In den vergangenen Wochen hatten wir die Investition in Sündenaktien im Rahmen von börsennotierten Fonds (Exchange Traded Funds, ETFs) erörtert. Heute sehen wir uns zwei global operierende Firmen, British American Tobacco (LON:BATS) (NYSE:BTI) und Diageo (LON:DGE) (NYSE:DEO), etwas näher an, die beide Mitglieder des FTSE 100 Index sind.
British American Tobacco
British American Tobacco mit Sitz in London ist eines der größten internationalen Tabakunternehmen. Zu seinen bekannteren Marken gehören Dunhill, LuckyStrike, Rothmans, Kent und Camel. Das Unternehmen hat auch in Produkte der nächsten Generation investiert, die es als "potenziell risikoreduziert" bezeichnet, da sie Tabak nicht verbrennen, sondern erhitzen.
Ende Juni gab British American Tobacco Halbjahresergebnisse bekannt, die Stärke in den Schwellenländern zeigten. Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 0,8%. Der Absatz von Zigaretten erhöhte sich ebenfalls um 0,5%. Das Management betonte, dass 10% des Umsatzes aus nicht brennbaren Kategorien stammen, die mehr und mehr Kunden nachfragen.
Seit den Tiefstständen im März waren die meisten Tabakunternehmen, einschließlich BATS, volatil. Der Tabaksektor hat sich nicht vollständig von seinen Tiefstständen im März erholt und im Jahr 2020 liegt die BATS-Aktie um bisher 15% tiefer bei derzeit 2.815 Pence (rund 35 USD in den USA).
Ein anderer FTSE-Tabakkonzern, Imperial Brands (LON:IMB) (OTC:IMBBY), hat ebenfalls um mehr als ein Viertel an Wert verloren, was die Aktien technisch in Bärenmarktgebiet bringt. In ähnlicher Weise sind die Aktien der Altria Group (NYSE:MO) und von Philip Morris International (NYSE:PM) um 24% bzw. 12% gesunken.
Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis und das Kurs-Buchwert-Verhältnis von BATS liegt bei 8,33 und 2,47, und das aktuelle Kursniveau ergibt eine Dividendenrendite von 7,5%. Wir würden die Aktie kaufen, wenn sie um weitere 3% bis 5% fällt.
Diageo
Die Aktien des multinationalen Alkoholkonzerns Diageo hatten ebenfalls ein herausforderndes Jahr 2020, in dem sie um 21% gefallen sind. Diese Kennzahl ist angesichts des Drucks auf die globale Freizeit- und Gastgewerbebranche nicht allzu überraschend. Auf der anderen Seite ist das Bild für Diageos Kollegen in der Branche gemischt. Zum Beispiel sind Anheuser Busch Inbev (NYSE:BUD) und Constellation Brands (NYSE:STZ) um etwa 36% bzw. 2% gesunken. Die Boston Beer Company (NYSE:SAM) ist jedoch um mehr als 135% gestiegen.
DGE besitzt mehr als 200 Marken, wie unter anderem Baileys, Captain Morgan, Don Julio, Guinness, J&B, Johnnie Walker, Smirnoff und Tanqueray. In den letzten Jahren wurden auch neue Produkteinführungen oder Markenerweiterungen eingeführt, wie z.B. Gordon’s Pink, Haig Clubman und Smirnoff Cider..
Anfang August kündigte Diageo gemischte vorläufige Ergebnisse für das am 30. Juni endende Jahr an. Der Nettoumsatz ging im Jahresvergleich um 8,7% zurück, was auf organische Rückgänge zurückzuführen war. Das Wachstum in Nordamerika wurde durch Rückgänge im Rest der Welt mehr als ausgeglichen. Aufgrund der Volumenrückgänge ging auch das organische Betriebsergebnis um 14,4% zurück.
Laut CEO Ivan Menezes:
"Wir haben in der zweiten Hälfte des 20. Geschäftsjahres einschneidende Maßnahmen ergriffen, unsere Kosten streng kontrolliert, nicht notwendige Ausgaben reduziert und die Ressourcen konzernweit neu verteilt."
"Obwohl der Verlauf der Erholung ungewiss ist und die Volatilität voraussichtlich bis ins Geschäftsjahr 2021 andauern wird, bin ich von unserer Strategie überzeugt."
Der aktuelle Kurs von 2.509 Pence (128 USD für US-amerikanische Papiere) bedeutet eine Dividendenrendite von etwa 2,75%. Trotz des jüngsten Kursverfalls wird die DGE-Aktie immer noch mit einem relativ hohen geschätzten KGV von 22,27 gehandelt. Auch liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis über 5.
Obwohl die USA und Europa nach wie vor ihre Hauptmärkte bleiben, dürfte das Unternehmen im Laufe des Jahrzehnts auch in den Schwellenländern Wachstum verzeichnen. Deshalb sehen wir die Getränkegruppe immer noch bullisch. Wir würden jedoch auf einen besseren Zeitpunkt für den Kauf warten, möglicherweise um 2.250 Pence (oder 115 USD für US-amerikanische Aktien).
Fazit
Was können Anleger von British American Tobacco und Diageo erwarten?
Wir glauben, dass die Markentreue der meisten Raucher und Trinker BAT und DGE Preisgestaltungsmacht und Wettbewerbsfähigkeit in diesem nichtzyklischen Markt gibt. Diejenigen, die nicht in der Lage sind, den Nikotin- oder Alkoholkonsum aufzugeben, werden das Umsatzwachstum in diesem Sektor in den kommenden Quartalen weiter unterstützen. Der kurzfristige Handel wird jedoch möglicherweise unruhig bleiben, bis die Volatilität in den Märkten gegen Ende des Jahres abnimmt.