Der Preis für die Nordseesorte Brent konnten in den letzten Tagen einige Verluste aufholen, blieb aber aufgrund von Rezessionssorgen, die die Nachfrage beeinträchtigen, auf Wochensicht im roten Bereich. Wird die Verkaufswelle weitergehen?
Obwohl das Angebot nach wie vor knapp ist, handelt Öl nicht mehr nur in eine Richtung.
Auf dem Tageschart der Brent-Futures hat der Ölpreis einige bärische Signale erzeugt, die auf ein baldiges Ende oder zumindest eine Abschwächung des Aufwärtstrends hindeuten. So ist beispielsweise die Bewegung unter den gleitenden 50-Tage-Durchschnitt kein gutes Zeichen mehr für einen starken Markt. Damit die Preise in einem Markt, der sich zuvor in einem inkatken Trend befand, unter die Glättungslinie fallen, bedarf es in der Regel entweder einer längeren Konsolidierungsphase oder eines Abverkaufs. Seit März haben wir ein bisschen von beidem erlebt, als die Preise innerhalb einer großen Bandbreite pendelten. Das starke Aufwärtsmomentum hat sich verflüchtigt, wodurch Rohöl zu einem besser handelbaren Markt geworden ist.
Darüber hinaus wurden mehrere wichtige Unterstützungsniveaus durchbrochen, darunter die 115,00-USD- und zuletzt die 111,50-USD-Marke, beides nach dem Preisverfall vom Mittwoch. Dieser Breakout zur Unterseite resultierte zudem in einem Unterschreiten der Aufwärtstrendlinie, was weiteren technischen Schaden anrichtete.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Verkaufsdruck wieder zunimmt, nachdem sich die Ölpreise in den letzten Tagen etwas stabilisiert haben und die Preise die ehemalige Unterstützungszone zwischen 111,50 und 115,00 USD testen.
Vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee, sich zunächst auf kleinere Zeitrahmen zu beschränken, um eine Bestätigung innerhalb dieser Handelsspanne zu erhalten, ehe man Rohöl möglicherweise shortet. Schließlich sind Short-Positionen bei Rohöl bekanntlich ein Spiel mit dem Feuer. Händler, die von potenziell niedrigeren Notierungen profitieren wollen, müssen ihre Niveaus sehr sorgfältig auswählen und so nahe am Widerstand wie möglich verkaufen, um sicherzustellen, dass sie nicht gegen ihre Risikostrategie verstoßen.
Sollte die obige Widerstandszone halten, scheint ein Rückgang bis zum nächsten Abwärtsziel bei 105,00 USD möglich. Ich würde sogar einen Rückgang auf 100,00 USD in den nächsten Wochen nicht ausschließen, wenn sich die Nachfragesorgen verstärken.
In ihrer Sorge, dass die Fed und andere Zentralbanken Schwierigkeiten haben werden, die Inflation einzudämmen, ohne die Weltwirtschaft in eine Rezession zu stürzen, haben die Anleger in den letzten Wochen Rohstoffe verkauft, wobei insbesondere Rohöl und Kupfer zeitweise stark fielen. Auch wurden auf beiden Seiten des Atlantiks schwache PMI-Daten veröffentlicht. Da die USA der größte Ölverbraucher sind, wäre eine Rezession dort eine wirklich schlechte Nachricht für die Ölpreise.
Abgesehen von diesen makroökonomischen Einflüssen könnte die Marktverknappung weiter zunehmen, wenn weitere russische Lieferungen wegfallen. Das dürfte einen Boden für die Preise bedeuten. In dieser Woche tagt die OPEC. Es ist unwahrscheinlich, dass das Kartell und die mit ihm verbundenen Förderstaaten von ihrem Förderplan abweichen werden, nachdem sie sich im Juli und August auf einen Produktionsanstieg um jeweils 648.000 Barrel geeinigt haben.
Alles in allem rechne ich also noch nicht mit einem allzu großen Abwärtspotenzial, da das Angebot weiterhin knapp ist. Die schwachen Nachfrageaussichten werden sich nur begrenzt auswirken, da Öl einer der Rohstoffe mit der niedrigsten Nachfrageelastizität überhaupt ist.