Chinas neues Finanzpaket- Zwischen Reformdruck und globaler Expansion

Veröffentlicht am 17.03.2025, 10:16

Die Aktienmärkte in der asiatisch-pazifischen Region verzeichneten am Montag überwiegend Kursgewinne, während Investoren die neuesten Daten zu den Einzelhandelsumsätzen aus China und der Industrieproduktion bewerteten. Der Einzelhandelsumsatz zog im Zeitraum Januar und Februar im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent an, während Experten von 3,8 Prozent ausgingen. Die Industrieproduktion stieg um 5,9 Prozent, Analysten prognostizierten 5,3 Prozent. Auch die Anlageinvestitionen waren mit einem Zuwachs von 4,1 Prozentpunkten erfreulicher als erwartet.

Das Highlight dürfte jedoch nach wie vor sein, dass die chinesische Regierung am Sonntag einen „Sonderaktionsplan zur Förderung des Konsums“ ankündigte. Dieser umfasst verschiedene Maßnahmen zur Stabilisierung des Aktienmarktes und zur Stärkung der Binnennachfrage.

Der australische S&P/ASX 200 schloss mit einem Plus von +0,83 %. Der japanische Nikkei 225 stieg um +1,16 % bzw. 431 Punkte, während der Hang Seng in Hongkong um +1,03 % und der südkoreanische Kospi um +1,43 % zulegten. Der US-Dollar verteuerte sich um 0,27 % gegenüber dem Yen und notierte bei 149,0410.

So sieht Chinas Konsumplan aus

Aber was hat es nun mit dem Sonderaktionsplan der chinesischen Regierung auf sich? Was ist zu erwarten? Und was bedeutet das für die Börse? Insgesamt ist zu sagen: China hat mal wieder einen Plan zur Ankurbelung des Konsums und zur Erhöhung der Einkommen vorgestellt – ein Muster, das sich alle drei Monate wiederholt, jedoch bisher wenig Wirkung gezeigt hat. In einer Erklärung am Sonntag kündigte der Staatsrat Maßnahmen an, um die Einkommenssituation der Bevölkerung zu verbessern. Dazu zählen eine Stabilisierung der Aktien- und Immobilienmärkte sowie Anreize zur Erhöhung der Geburtenrate, um deflationären Tendenzen entgegenzuwirken.

Der Plan sieht Maßnahmen zur Einkommenssteigerung für Stadt- und Landbewohner sowie für Landwirte vor, darunter Beschäftigungsförderungsprogramme und eine Fortsetzung der Arbeitslosenversicherungspolitik. Lynn Song, Chefökonomin für China bei ING (AS:INGA), betonte gegenüber CNBC, dass diese Maßnahmen langfristig orientiert seien und nicht innerhalb weniger Monate Wirkung zeigen würden. Dennoch bewertet sie es positiv, dass die politischen Entscheidungsträger die Probleme realistisch betrachten und an einer Konsumorientierung der Wirtschaft arbeiten.

Zu den weiteren Maßnahmen gehören eine mögliche Einführung von Kinderbetreuungszuschüssen sowie eine Stärkung von Investitionen zur Förderung des Konsums. Zudem sollen verschiedene finanzielle Unterstützungen ausgeweitet werden. Darunter fallen höhere Renten, Studienbeihilfen und Arbeitslosenunterstützung. Auch tourismusfördernde Maßnahmen wie verlängerte Öffnungszeiten von Sehenswürdigkeiten und die Ausweitung von zollfreien Einkaufsmöglichkeiten sind geplant. Der Immobiliensektor soll durch eine Senkung der Zinssätze für Wohnungsbaudarlehen gestärkt werden.

Bereits im März hatte China angekündigt, sich stärker auf die Binnennachfrage zu konzentrieren, um möglichen neuen Schocks für die Exportwirtschaft entgegenzuwirken. Zudem hatte die Regierung auf ihrer Jahrestagung im Januar beschlossen, zusätzliche 300 Milliarden Yuan (rund 41,45 Milliarden US-Dollar) in Form von speziellen langfristigen Staatsanleihen bereitzustellen, um Konsumsubventionen zu unterstützen.

„China war auf deutlich Schlimmeres vorbereitet“

Blickt man auf die derzeitigen Auswirkungen der US-Zölle, so sind die Chinesen laut David Daokui Li nicht besorgt. Denn in einem Bloomberg-Interview betonte er, dass die „Zölle nicht einmal unter die Top 3 der größten Probleme Chinas“ fallen. Er betont, dass sich die gesamte Wirtschaft der Volksrepublik auf 60% Zölle eingestellt habe und dementsprechend „sehr gut vorbereitet ist“.


Quelle: @DavidInglesTV / X

550 Milliarden USD für Science und Tech!

Von besonderer Interesse für die Börse dürfte folgendes sein: China kündigte ein 550 Milliarden US-Dollar Programm für Science & Tech an. Das entspricht einer Ausweitung des Finanzumfangs von +10 %. Der Plan dahinter ist es, sich von der amerikanischen Tech-Industrie zu entkoppeln und „Bejing´s Manhattan Project for technological supremacy“ zu starten.


Quelle: @wmhuo168 / X

Auswirkungen auf Unternehmen und Konsumenten

Laut Bloomberg sind die chinesischen Investoren durchaus erfreut und begrüßen vor allem das stetige Festhalten an dem 5%- Wirtschaftswachstumsziel für das laufende Jahr 2025.


Quelle: @DrJStrategy / X

Allerdings gibt es auch erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit dieser Pläne. Wirtschaftsexperten wie Michael Pettis argumentieren, dass die nachhaltige Steigerung des Konsums nur durch eine strukturelle Umverteilung des BIP-Anteils zugunsten der privaten Haushalte erfolgen kann. Dies würde jedoch bedeuten, dass entweder Unternehmen oder der Staat Einbußen hinnehmen müssten. Da die chinesische Regierung viele dieser Aufgaben an hochverschuldete Lokalregierungen delegiert, bleibt unklar, wie diese Maßnahmen finanziert werden sollen, ohne neue Belastungen für Bürger und Unternehmen zu schaffen.

China steht vor der Herausforderung, sein Wirtschaftsmodell zu überarbeiten, da der bisherige Ansatz nicht nachhaltig ist. Es gibt letztlich nur drei Szenarien:

  • eine schwere Schuldenkrise mit einem starken Wirtschaftseinbruch
  • ein langjähriger Wachstumsrückgang mit stabilen Konsumausgaben – ähnlich wie in Japan nach 1990
  • oder ein bisher beispielloser Konsumanstieg bei gleichbleibendem Wirtschaftswachstum

Ein Paper aus Chinadaily hebt hervor, dass das System laut Xi „nicht geändert wird“ und auch nicht „geändert werden kann“. Eine grundlegende Änderung in dem Vorgehen bleibt demnach sehr wahrscheinlich aus- die Rahmenbedingungen werden sich im Vergleich zu den letzten Finanzpaketen nicht ändern. Für Unternehmen bedeutet das Finanzpaket klar und deutlich: „Fokus auf dem Wachstum der Privatwirtschaft“.

Quelle: chinadaily.com.cn

Bezüglich der Auswirkungen auf die Konsumenten äußerte sich Richard Harris, CEO der Investmentfirma Port Shelter Investment Management, auch durchaus positiv. Er betonte in einem Interview mit CNBC, dass die chinesischen Behörden entschlossen seien, die Wirtschaft anzukurbeln. Trotz Herausforderungen im Exportsektor liege der Fokus nun darauf, das Binnenwachstum aktiv zu stabilisieren, da dies für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung entscheidend sei.

Expansive Geldmengenausweitung M1- Was diesmal anders ist

Im Fokus steht bezüglich der Aktienmärkte die erhebliche Geldmengenausweitung M1 im Jahr 2025. Diese beträgt derzeit 109.44T CNY.

Aber in Bezug auf die Februar-Daten gab es einen fundamentalen Unterschied. Ein Blick auf die Bloomberg-Daten verrät, dass Chinas M1-Methodik im Januar 2025 geändert wurde. Demnach umfasst M1 nun zusätzlich Sichteinlagen privater Haushalte sowie Kundenreserven von Nichtbanken-Zahlungsinstituten. Auch, wenn die Reihen vermutlich noch nicht aktualisiert sind, sollen Bloomberg-Berichte Geldmengentabellen mit neuen Zahlen enthalten.


Quelle: @NGurushina / X

Zu schlussfolgern ist also, dass der parabolische Kursanstieg nicht daran liegt, dass sie neues Geld drucken. Der Anstieg ist darauf zurückzuführen, dass China das M1-Angebot mit neuen Daten aktualisiert hat.

China- Trotz Problemen ein immer größer werdender Global Player

Demnach stellt sich nun in Bezug auf die Geldmenge die Frage, inwiefern die Ausweitung proportionale Auswirkungen auf die chinesischen Aktienmärkte haben wird. Noch deutlich interessanter als das wird jedoch sein, wie es mit dem Konsum in China vorangehen wird. Aufgrund der Vielzahl an vergangenen wirkungslosen Versuchen, die Binnenwirtschaft nachhaltig anzukurbeln (siehe CPI und PPI-Daten) ist die Skepsis in puncto zukünftiger Wirkungskraft gerechtfertigt.

Nichts desto trotz ist die immense Wirtschaftsleistung der zweitgrößten Volkswirtschaft keinesfalls zu untergraben. Es sind nicht die Zölle, es sind nicht die geopolitischen Risiken, welche China Sorgen machen. Es sind einzig und allein die „kaputten Ecken im eigenen Haus“, welche eine Gefahr darstellen. Die Milliarden-Investitionen in die Privatwirtschaft werden die leistungsfähigen chinesischen Unternehmen weiter beflügeln und der westlichen Welt zu hoher Wahrscheinlichkeit weiter Marktanteile abnehmen. Um eine persönliche Bemerkung hinzuzufügen: Meines Erachtens wird die wirtschaftliche und geopolitische (auch in Bezug auf Rohstoffaufkommen) Macht der Chinesen nicht nur unterschätzt, sondern auch überproportional moralisiert.

Ja, China verfügt über ein anderes Wirtschafts- und Sozialsystem. Aber mit dem Finger unserer westlichen Werte und Überzeugungen auf einen anderen Kultur- und Wirtschaftskreis zu zeigen und zu sagen jener sei ungerecht, ist sicherlich nicht richtig. Er ist strukturell anders, aber es funktioniert. China ist der bisherige Sieger des von der USA ausgehenden Handelskonflikts. Die Welt zerfällt in Multipolarität und China stärkt Handelsbeziehungen mit aufstrebenden Wirtschaftsregionen. Unsere Analyse „WO STEHT CHINA IM GLOBALEN HANDEL – UND WERDEN SIE UNTERSCHÄTZT? – ANALYSE – EconomyGlobal“ offenbart genau diese Stellung des asiatischen Wirtschaftsgiganten.

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