Ohne klare Richtung: Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche wie bereits in der Vorwoche spürbar geschwankt. Während einige positiv ausgefallene Konjunkturdaten wie der Ifo-Geschäftsklimaindex und mehrere Unternehmensnachrichten für Aufrieb sorgten, drückten vor allem Bedenken in Bezug auf die Folgen der Corona-Pandemie und der Gegenmaßnahmen auf die Stimmung an den Märkten. Zwar war die von der Bund-Länder-Konferenz beschlossen Verlängerung des Lockdowns allgemein erwartet worden, das Hin- und Her um die sogenannte Osterruhe, die erheblich steigenden Infektionszahlen und die Prognosen von Wissenschaftlern über den weiteren Verlauf der Pandemie ließen die Anleger dennoch vorsichtiger werden. Wir stellen den Marktkommentar von Robert Ertl, Börse München vor.
Insgesamt sinke der Optimismus hinsichtlich des Tempos der wirtschaftlichen Erholung, hieß es von Marktteilnehmern. Zusätzlich belastet wurden die Börsen zeitweilig von Gewinnmitnahmen bei zuletzt gut gelaufenen Branchen wie in erster Linie der Automobilindustrie.
Index-Neuling mit verhaltenem Start
Der Deutsche Aktienindex (Dax) stieg im Wochenvergleich um 0,9 Prozent auf 14.748,94 Punkten. Index-Neuling Siemens Energy (DE:ENR1n), der zu Beginn der vergangenen Woche Beiersdorf (DE:BEIG) im deutschen Leitindex ersetzt hatte, musste sich mit einem Wochenplus von 0,2 Prozent begnügen. Die Titel von Adidas (DE:ADSGN) büßten auf Wochensicht 6,3 Prozent ein, hier belasteten Befürchtungen vor einer Reaktion in China auf die Verhängung von EU-Sanktionen gegen das Land. Der MDax reduzierte sich im Wochenvergleich minimal um 0,1 Prozent auf 31.594,84 Zähler. Der TecDax rückte um 0,2 Prozent vor auf 3.380,89 Punkte. Der m:access All-Share rutschte dagegen um 5,0 Prozent ab auf 3.028,85 Zähler.
Im September 2020 wurde die Versuchsanlage von Siemens (DE:SIEGn) Energy und Evonik (DE:EVKn) Rheticus in Marl in Betrieb genommen. Aus Kohlendioxid und Wasser sollen hier umweltfreundlich Spezialchemikalien hergestellt werden.
Deutsche Anleihen: Kurse mit Gewinnen
Die Kurse deutscher Anleihen haben in der vergangenen Woche Gewinne verzeichnet. Vor allem die Corona-Lage und die damit einhergehende Unsicherheit der Anleger ließen letztere zu den als sicher geltenden Bundespapieren greifen. Die aufgrund der steigenden Infektionszahlen zu erwartenden Maßnahmen sorgten dafür, dass sich der vermutete Zeitpunkt einer Konjunkturerholung nach hinten verschiebe, sagten Beobachter. In der Folge ging die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,30 auf -0,35 Prozent zurück. Die Umlaufrendite reduzierte sich von -0,36 auf -0,40 Prozent. Erheblich unter Druck gerieten in der vergangenen Woche türkische Staatsanleihen. Die Entlassung von Notenbankchef Naci Agbal durch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ließ die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der türkischen Geld- und Wirtschaftspolitik wachsen, kommentierten Analysten.
USA: Hoffnung trieb die Kurse
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche zugelegt. Vor allem am letzten Handelstag der Woche ging es nochmals deutlich aufwärts, hier trieben unter anderem positiv aufgenommene Konjunkturdaten sowie die beschleunigte Corona-Impfkampagne, die Hoffnungen auf eine raschere wirtschaftliche Erholung schürte. Der Dow-Jones-Index legte im Wochenvergleich um 1,4 Prozent auf 33.072,88 Punkte zu. Der breiter gefasste S&P-500-Index gewann 1,6 Prozent auf 3.974,54 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100 stieg um 0,9 Prozent auf 12.979,12 Punkte.
Ausblick: Alles ist möglich
Neue Höhen oder Konsolidierung, darüber, wie es in der aktuellen, verkürzten Handelswoche an den deutschen Aktienbörsen weiter geht, gehen die Meinungen der Analysten auseinander. Die einen können sich unter Verweis auf die Unterstützung durch die lockere Geldpolitik und stattliche Konjunkturpakete weiter steigende oder zumindest stabile Kurse vorstellen, einen neuen Rekord beim Dax inklusive. Auf der anderen Seite warnen Experten davor, dass die Bewertungen inzwischen recht hoch seien und die aktuelle Stimmung mehr von Hoffnungen als von Fakten geprägt sei. Diese zurückhaltende Gruppe von Marktbeobachtern rechnet daher kurzfristig eher mit Konsolidierungstendenzen an den deutschen Aktienbörsen.
Warten auf Konjunkturzahlen
Welche Sichtweise sich für die kommenden Tage als richtig herausstellen wird, dürfte einerseits von den anstehenden Konjunkturdaten abhängen. Auf die aus Sicht vieler wichtigste Veröffentlichung, den US-Arbeitsmarktbericht, können die hiesigen Anleger allerdings erst am Dienstag nach Ostern reagieren, an Karfreitag, dem Tag der Veröffentlichung, und am Ostermontag findet hierzulande kein Börsenhandel statt. Direkteren Einfluss könnten daher Einkaufsmanagerindizes aus der Eurozone, den USA und China, Daten zum Verbrauchervertrauen in der Eurozone und den USA oder Inflationszahlen haben. Letztere könnten wiederum die Renditen der Staatsanleihen bewegen.
Daneben könnten die weiteren Entwicklungen im Hinblick auf die Pandemie, seien es Infektionszahlen, Neues zur Impfkampagne oder in Bezug auf geplante Gegenmaßnahmen, die Stimmung der Anleger beeinflussen. Nachdem hier eine Weile der Optimismus überwogen hatte, hatte sich zuletzt wieder Skepsis breitgemacht, was zu Zurückhaltung und sinkender Risikobereitschaft führte.
Zum Auftakt der Handelswoche könnte allerdings die gute Laune an den Märkten überwiegen, der sehr starke Ausklang der vergangenen Woche an den US-Aktienbörsen und die Freilegung des Containerschiffes im Suezkanal könnten hier für positive Impulse sorgen.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag. 29.03.: Dallas Fed Herstellungsindex (USA)
Dienstag, 30.03.: Verbraucherpreise in Deutschland; Geschäftsklima in der Eurozone; Verbrauchervertrauen in der Eurozone; Verbrauchervertrauen in den USA; S&P/Case-Shiller-Hauspreisindex (USA)
Mittwoch, 31.03.: Arbeitslosenzahlen für Deutschland; Importpreise in Deutschland; Verbraucherpreise in der Eurozone; ADP-Arbeitsmarktbericht (USA); Chicagoer Einkaufsmanagerindex (USA); Schwebende Hausverkäufe in den USA; Einkaufsmanagerindex für das produzierende Gewerbe in China; Einkaufsmanagerindex für das nicht-verarbeitende Gewerbe in China
Donnerstag, 01.04.: Einzelhandelsumsätze in Deutschland; Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe in den USA; Caixin-Einkaufsmanagerindex für das Fertigungsgewerbe in China
Freitag, 02.04. (Karfreitag): US-Arbeitsmarktbericht