Nach der vorgestrigen Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Wortmeldungen einiger Währungshüter der US-Notenbank (Fed) und der Bank of Japan (BoJ), prüften die Märkte gestern den monatlichen US-Arbeitsmarktbericht, ob er zu den aktuellen Zinserwartungen passt. Und das war durchaus der Fall, wobei die Daten gemischt ausfielen.
Zahl der neu geschaffenen Stellen trotz Abwärtsrevisionen solide
Die Zahl der neu geschaffenen Stellen (außerhalb der Landwirtschaft) lag mit 275.000 über den Erwartungen von 200.000.
Der Arbeitsmarkt präsentiert sich damit erneut äußerst solide und lässt eine erhoffte Abkühlung weiterhin vermissen. Was im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum eine positive Nachricht ist, ist für den Kampf gegen die immer noch zu hohe Inflation eine schlechte.
Allerdings wurde der Vormonatswert von 353.000 auf 229.000 sehr deutlich nach unten revidiert, womit die Zahl aber immer noch relativ hoch ist. Gleiches gilt für den Dezember-Wert, der von 333.000 „nur“ auf 290.000 reduziert wurde.
US-Arbeitslosenquote erreicht wieder das November-Hoch
Da kam es den Märkten zumindest recht, dass die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote im Februar auf 3,9 % stieg, während Experten mit einem unveränderten Wert von 3,7 % gerechnet hatten.
Wobei damit nur wieder der Wert vom vergangenen November erreicht wurde. Wirklich schwach ist er damit nicht, weil die Arbeitslosenquote immer noch bei unter 4 % und somit auf historisch niedrigem Niveau liegt.
Anstieg der Stundenlöhne hat sich deutlich abgeschwächt
Anleger, die sich im Hinblick auf ihre Zinssenkungshoffnungen schwächere Arbeitsmarktdaten erhofft haben, konnten sich daher nur wirklich darüber freuen, dass der Anstieg der Stundenlöhne mit 0,1 % etwas geringer ausfiel als vorhergesagt (+0,2 %) und er sich damit gegenüber dem Vormonatswert von +0,5 % kräftig abschwächte.
Damit konnten die Bullen etwas anfangen. Sie pickten sich diese Rosine aus dem Arbeitsmarktbericht heraus und nutzen diese als Grund, um die Kurse an den Aktienmärkten wieder aufwärts zu treiben. Die US-Technologieindizes erreichten damit schon wieder neue Allzeithochs, was auch den S&P 500 auf einen neuen Rekord trieb.
Der Wahnsinn geht also fast ungebremst und in einem immer noch extrem hohen Tempo weiter. Und wahrscheinlich wäre das auch der Fall gewesen, wenn die Arbeitsmarktdaten anders ausgefallen wären, egal in welche Richtung. Es gibt schließlich derzeit offenbar immer irgendeinen Grund für steigende Kurse. Wobei: Braucht es im aktuellen Stimmungsumfeld überhaupt einen Grund?
Dem Euro STOXX 50 gelingt ein faszinierender Measured Move
Interessanter als die Kursrally der US-Indizes finde ich jedenfalls derzeit die Entwicklung des Euro STOXX 50. Denn dessen aktuelle Aufwärtswelle hat inzwischen doch tatsächlich das gleiche Ausmaß angenommen wie die vorherige.
Zwar brauchte er dafür zwei Tage länger, aber das sei ihm verziehen, da es sich schließlich um zwei extrem starke Kursanstiege von jeweils deutlich mehr als 10 % handelt. Dass ihm bei diesen Dimensionen ein solcher „Measured Move“ gelingt, dürfte extrem selten vorkommen. Aber derzeit scheint an den Börsen nichts unmöglich.
Der DAX hinkt trotz beeindruckender Stärke hinterher
Und daher bin ich nun sehr gespannt, ob auch dem DAX dieses Kunststück noch gelingt. Er konnte die Rechteckgrenze bei 17.560 Punkten überwinden und fast die Mittellinie bei 17.915 Punkten als nächstes Kursziel erreichen. Damit hat er seine aktuelle Aufwärtswelle immerhin von +7,39 % am Dienstag vergangener Woche auf inzwischen fast +9,39 % ausgebaut.
Damit zeigt der deutsche Leitindex gegenüber dem Euro STOXX 50 allerdings eine deutliche relative Schwäche. Und es bestehen Zweifel, dass der DAX sein potentielles Kursziel von 18.718 Punkten im Rahmen des Measured Moves noch erreichen kann (siehe dazu „Steht der DAX bald schon bei 18.718 Punkten?“). Sicherlich, die psychologisch wichtige Marke von runden 18.000 Punkten könnte nun ihre anziehende Wirkung entfalten und der DAX damit noch etwas zulegen.
Vielleicht kann der DAX diese Marke sogar überwinden und auch noch die Rechteckgrenze bei 18.270 Punkten als nächstes Kursziel ansteuern, sofern der Sprung über die 17.915er Mittellinie gelingt. Im aktuellen Umfeld ist das sicherlich nicht ausgeschlossen. Aber ein Erreichen der Mittellinie bei 18.625 Zählern erscheint mir mit Blick auf die längst ausgereizte Charttechnik der anderen Aktienindizes derzeit zu ambitioniert.
Ich würde daher nun vorhandene Long-Positionen auf den DAX mit einem Stop-Loss an der Rechteckgrenze bei 17.560 Punkten absichern und abwarten, ob sich die Rally noch fortsetzt.
Spekulativer Short-Trade auf den Euro STOXX 50
Beim Euro STOXX 50 bieten sich angesichts des erreichten Kursziels derweil sofortige Gewinnmitnahmen an. Hier würde ich nun vorerst also nicht mehr auf weiter steigende Kurse setzen, sondern eher sogar auf einen baldigen Rücksetzer spekulieren, der bei den US-Indizes längst fällig ist.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus