Der Dollar-Index ist in den letzten Wochen still und heimlich gestiegen. Er könnte nun kurz davor stehen, einen signifikanten Sprung nach oben zu machen, zumindest legt das die technische Analyse nahe. Dies fällt zusammen mit Anzeichen, dass der Euro vor einer größeren Korrektur stehen könnte.
Unterstützung erhält der Dollar von den günstigen Wachstumsaussichten in den USA, die offenbar die Ängste vor einer zunehmenden Verschuldung im Zuge der gigantischen Konjunkturpakete wettmachen. Dies drückt auch die Renditen der 10- und 30-jährigen Treasury-Anleihen nach oben, was die Renditekurve steiler macht und die Spreads mit kürzeren Laufzeiten auf ein Niveau vergrößert, das seit 2017 nicht mehr beobachtet wurde. Zudem hat sich der Spread zwischen US- und europäischen Anleihen ausgedehnt, was dem Dollar gegenüber dem Euro langfristig Auftrieb verleihen könnte.
Mit dem Sprung über die Nackenlinie einer inversen Schulter-Kopf-Schulter-Formation ist dem Dollar-Index ein wichtiger Befreiungsschlag geglückt, der möglicherweise weiteres Potenzial auf der Oberseite freisetzt. Folglich kletterte der Dollar-Index rasch bis auf den Widerstand bei rund 91,80. Überschreitet der Greenback jedoch die Hürde bei 91,80, könnte er bis auf 94,10 nach oben schnellen.
Es ist durchaus möglich, dass der Dollar kräftig zulegt, weil der Euro dramatisch an Wert einbüßt. Der Euro fiel am 4. Februar erstmals seit 1. Dezember unter die runde Marke von 1,20 zum Dollar. Als Konsequenz daraus könnte der Euro sogar bis auf 1,16 Dollar zurückfallen. Damit würde die Gemeinschaftswährung die im Oktober gebrochene langfristige Abwärtstrendlinie einem erneuten Test unterziehen.
Das Erstarken des Dollars ist auf den starken Anstieg der 10-jährigen Rendite auf ca. 1,15 % zurückzuführen, wobei das Potenzial besteht, dass die Kapitalmarktzinsen noch weiter zulegen werden. Der jüngste ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe deutet darauf hin, dass sich die US-Wirtschaft weiter erholt. Gleichzeitig ist die im Bericht aufgeführten Preiskomponente auf den höchsten Stand seit 2011 geklettert. In Kombination mit weiteren fiskalpolitischen Impulsen könnte das Momentum, das die 10-jährige Anleihe in letzter Zeit erlebt hat, ausreichen, um sie auf den technischen Widerstand bei 1,35% zu katapultieren. Die 30-jährige Rendite ist ebenfalls stark gestiegen und kann auf Basis einer vergleichbaren Analyse auf etwa 2,15% klettern.
Die steigenden Renditen haben den Spread zwischen der 10-jährigen und der 2-jährigen US-amerikanischen Staatsanleihe auf den höchsten Stand seit Juli 2017 gebracht. Gleichzeitig hat sich der Spread zwischen der 10-jährigen US-Anleihe und der 10-jährigen Bundesanleihe ebenfalls dramatisch vergrößert - von 1% im letzten Frühjahr auf derzeit rund 1,6%.
Die steigenden Renditen tragen sicherlich dazu bei, den Dollar wieder attraktiv zu machen, ebenso wie die Aussichten auf mehr Wachstum. Doch eine Dollar-Stärke ist nicht für alle gut. Für die Schwellenländer und deren Aktien dürfte das negative Folgen haben, ebenso wie für Rohstoffe wie Gold. Auch die hohe Risikobereitschaft der Marktteilnehmer könnte darunter leiden und die große Rallye, die wir in den Schwellenländern und bei Rohstoffen wie Kupfer erlebt haben, zum Stillstand bringen.
Und auch für den US-Aktienmarkt könnte sich dies als problematisch erweisen. Ein starker Dollar schafft unter Umständen Gegenwind für multinationale Unternehmen, was sich negativ auf deren Umsätze und Gewinne auswirken könnte. Allerdings stellt dies häufig nur auf kurze Sicht ein Problem dar. Sobald sich der Dollar stabilisiert, sollte sich der Druck auf die Umsätze und Gewinne relativieren.
Sollte sich diese Einschätzung bewahrheiten und sich die US-Wirtschaft schneller erholen als viele andere Volkswirtschaften, könnte die jüngste Dollar-Rallye nur der Beginn einer langfristigen Aufwärtsbewegung zurück auf das Vorkrisenniveau sein.