Von Robert Zach
Wie ein Schweizer Uhrwerk läuft die deutsche Wirtschaft. Von nichts und niemand lässt sie sich derzeit stoppen, aber es gibt erste Anzeichen einer leichten Überhitzung, was den Zug schnell vom Gleis springen lassen könnte. Nein, ich bin kein Crash-Prophet, aber auf die Risiken möchte ich dennoch hinweisen. Zunächst einmal aber zu den positiven Dingen.
Ifo-Geschäftsklimaindex auf Rekordhoch
In den Chefetagen deutscher Unternehmen ist die Stimmung ungebremst euphorisch. Der Ifo-Geschäftsklimaindex setzte per Berichtsmonat November seine Rekordjagd fort und stieg auf 117,5 Punkte. Jedoch fand die Befragung vor den gescheiterten Sondierungsgesprächen statt, so dass bei der nächsten Veröffentlichung des Konjunkturbarometers zumindest mit einem kleinen Rücksetzer zu rechnen ist, falls die Koalitionsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD im Sand verlaufen.
Bei der Analyse der einzelnen Teilbereiche des Index stechen vor allem das Verarbeitende Gewerbe und das Baugewerbe heraus. Während die Stimmung in der Industrie - getrieben durch merklich optimistischere Erwartungen - auf ein neues Rekordhoch kletterte, ist der Index für das Bauhauptgewerbe leicht gesunken. Verantwortlich dafür waren sowohl eine schlechtere Bewertung der aktuellen Lage als auch der Erwartungskomponente.
Quelle: ifo Konjunkturumfragen, November 2017
Bausektor kurz vor der Überhitzung
Erste Anzeichen auf eine Überhitzung kommen derweil aus dem Bausektor. Zwar wuchs der vom Markit-Institut erhobene Einkaufsmanagerindex mit einer soliden Rate von 53,3 Punkten, aber die Lieferzeiten sind so stark gestiegen wie seit 2006 nicht mehr. Grund dafür ist wohl die anhaltend hohe Auslastung der Bauunternehmen und so kommen die Lieferanten nicht mehr nach, die Nachfrage nach Baumaterialien zu bedienen, so dass einige Baufirmen schon gar keine neuen Aufträge mehr annehmen. In der Folge stiegen die Einkaufspreise auf den höchsten Stand seit 2011. Damit wuchs auch der Kostendruck für die Unternehmen.
Quelle: IHS Markit, Destatis
Auch gemäß des Composite Index Produktion mehren sich die Hinweise auf eine allmähliche Überhitzung. Ähnlich wie im Baugewerbe erhöhten sich die Einkaufspreise spürbar. Die Kapazitäten sind am Anschlag, die Lieferzeiten stiegen auf neue Rekordhochs und die Lager sind wie leergefegt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Das lässt mich zu der Annahme kommen, dass wir womöglich mit Vollgas auf den finalen Konjunkturzyklus zusteuern.
Quelle: Statistisches Bundesamt, IHS Markit
Neue Rekordhochs im Dax sind keine Selbstverständlichkeit
Angesichts der steilen wirtschaftlichen Expansion und der vollen Auftragsbücher sollten neue Rekordhochs als ausgemachte Sache gelten. Aber da der Leitindex bereits einiges vom Boom der deutschen Wirtschaft vorweggenommen hat, dürften neue Rekordhochs vorerst vom Tisch sein. Denn auch die Europäische Zentralbank kann sich dem wirtschaftlichen Aufschwung, der ja die gesamte Euro-Zone umfasst, nicht entziehen. Und auch wenn die Währungshüter ihr Kaufprogramm jüngst mit gedrosselten Käufen bis September 2018 verlängert hatten, stehen die Chancen gut, dass sie zwischen März und Mai Nägel mit Köpfen machen und ein definitives Enddatum der Anleihekäufe bekannt geben werden. Selbst wenn die Zentralbank dann noch mit Reinvestitionen die Märkte über einen längeren Zeitraum mit Liquidität versorgt, dürften die Zinsen entlang der Kurve aufgrund der strafferen Finanzierungsbedingungen beginnen zu steigen, so dass Aktien allmählich in gefährliches Gewässer steuern dürften.
Politik auf nationaler und internationaler Ebene könnte 2018 für Furore sorgen
Neben steigenden Zinsen könnte aber auch die Politik wieder eine dominante Rolle spielen und den weiteren Anstiegswillen des Dax bremsen. Neben den sich schwierig gestaltenden Koalitionsverhandlungen zwischen den beiden großen deutschen Volksparteien und der Angst der Anleger vor einer Nicht-Merkel Regierung, kommt das Hauptrisiko aus Italien, wo aller Voraussicht nach im Frühjahr Wahlen stattfinden werden. Investoren glauben zwar die Populisten in Europa sind entzaubert, aber nachdem in Italien Rechte wieder Wahlerfolge feierten, könnte sich die Wut der Wähler auf die gespaltene Regierung Italiens im Frühjahr wenden und so für einen erneuten Aufstieg der EU-Kritiker sorgen. Vergessen dürften wir natürlich auch nicht die Unsicherheit rund um Kataloniens Zukunft und die sich als anhaltend schwierig erweisenden Scheidungsverhandlungen zwischen Großbritannien und der EU.
Es wird also auch im neuen Jahr einige Unsicherheitsherde geben, die derzeit wahrscheinlich noch unterschätzt werden, aber spätestens zum Jahreswechsel ganz oben auf der Agenda stehen werden. Insofern sehe ich aktuell keine Fortsetzung der Rekordjagd im Dax. Vielmehr sollten wir im deutschen Leitindex Anfang des neuen Jahres wieder Kurse um 12.400 bis 12.000 Punkte sehen. Danach müssen wir die Wahlen in Italien abwarten, woran sich auch die künftige Geldpolitik der EZB orientieren dürfte. Ist dieses Risiko dann aus dem Weg geräumt, steht einer strafferen Gangart der Notenbank nichts mehr im Wege und damit dürften sich auch weitere Rallye-Versuche der europäischen Aktienmärkte - oder eben speziell des Dax - auf dünnem Eis bewegen.