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Die Lösung für Europas Rohstoffproblem? Explorer wittern riesiges Potenzial in Serbien

Veröffentlicht am 29.05.2024, 11:28
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Kaum mehr als eine Flugstunde von München entfernt lagern Kupfer, Lithium und andere kritische Rohstoffe: Im Balkanstaat Serbien geben sich Politiker deshalb gerade die Klinke in die Hand. Trotz einiger Differenzen mit der EU in grundsätzlichen Fragen setzt sich der Beitrittsapparat langsam in Bewegung – auch, weil Belgrad von China umworben wird.

Dr. Elena Clarici ist der Optimismus anzumerken. Die promovierte Bergbau- und Umwelttechnikerin ist CEO des kanadischen Rohstoffexplorers Electrum Discovery (TSXV:MED) und in dessen Auftrag in ihrem Heimatland Serbien aktiv. In nur zwei Wochen konnte das Unternehmen gleich zwei vielversprechende Updates zum Verlauf der Kupfer- und Goldexploration liefern – in der Branche so etwas wie eine Art Entfernungsmesser.

Am 08. Mai wurde "Bambino" der Welt vorgestellt. Bambino liegt auf dem Projekt "Timok East", das Clarici gerade mit ihrem Team bearbeitet. Es handelt sich um eine "bedeutende" Kupfer-Gold-Anomalie -550 m lang, mehr als 100 m breit und, wie es unter Geologen verheißungsvoll heißt, "in alle Richtungen offen". Die Kupfergehalte im Boden reichen von 500 bis 8.238 ppm, die Gesteinssplitterproben weisen Gehalte von 2,85 % bzw. 0,32 % Kupfer auf. Sehr gute Werte, fragt man Geologen.

Zwei Wochen später das nächste Update: Durch Bodenproben konnten zwei weitere große Kupfer-Gold-Anomalien 2,5 Kilometer nordwestlich und nördlich der Bambino-Anomalie identifiziert werden.

Clarici sieht darin "eine äußerst ermutigende Entwicklung", die die Bedeutung des Gebiets unterstreiche. Sie wittert in der Kombination der Ergebnisse "das Potenzial eines ausgedehnten Kupfer-Gold-Mineralsystems" bei Timok East.

Serbien: Tier-1-Bergbaustandort vor der Haustür

Die Hoffnungen der Geologen von Electrum Discovery konzentrieren sich naturgemäß auf die vielversprechenden Hinweise auf eine wertvolle Mineralisierung. Der mit den Händen zu greifende Optimismus ist jedoch auch auf den Standort zurückzuführen.

Das 126,13 kmgroße Explorationsgebiet Timok East liegt in Ostserbien etwa 250 km von der Hauptstadt Belgrad entfernt. Serbien ist der zweitgrößte Kupferproduzent Europas – und beherbergt Geologen zufolge noch viel mehr Potenzial. Das Land ist räumlich gesehen deutlich kleiner als etwa Australien oder Kanada, was die Erschließung von Mineralvorkommen deutlich erleichtert.

Der Bergbau blickt auf eine lange Tradition zurück: Viele Jahrzehnte lang war die staatliche Kupfer-Gold-Mine RTB Bor der größte Bergbaubetrieb des Landes. Im Jahr 2013 machten Bergbau und Steinbrüche 2 % des serbischen BIP aus und beschäftigten über 22.000 Menschen.

Das moderne Bergbaurecht verschafft Minenbetreibern Sicherheit, die öffentliche Beteiligung in Form einer Nettoschmelzrendite von 5 % gilt in der Branche vor dem Hintergrund der gut ausgebauten Infrastruktur und der politischen Stabilität als sehr moderat.

Doch dass Rohstoffriesen wie BHP (ASX:BHP), Dundee Precious Metals, Rio Tinto (LON:RIO), Zijin Mining (HK:2899) und Co. in dem Land aktiv sind, ist auch auf den vergleichsweise unterentwickelten Explorationsstatus des Landes zurückzuführen.

Nah an Europa und unterexploriert: Serbien weckt Begehrlichkeiten

Das heißt: Kaum mehr als eine Flugstunde von München entfernt gibt es noch große Bodenschätze zu entdecken. So wurde vor wenigen Jahren unmittelbar südlich von RTB Bor eine bedeutende Kupfer-Gold-Mineralisierung mit hohem Sulfidgehalt entdeckt. Diese befindet sich mittlerweile im Besitz von Zijin Mining.

Das Explorationspotenzial kann Clarici aus erster Hand bestätigen: "Die Anomalien befinden sich in einem Gebiet, das von der historischen Exploration übersehen wurde, obwohl es in der Nähe von Porphyr-Kupfer-Gold-Minen von Weltklasse liegt".

Auf dieses Potenzial setzen immer mehr Explorer aus aller Welt. Die serbischen Rohstoffvorkommen beschränken sich nicht auf Gold und Kupfer. Auch Eisen, Blei, Kohle, Salz und Selen werden gefördert. Zudem gibt es begehrte Vorkommen an Batteriemetallen.

Der Bergbauriese Rio Tinto arbeitet seit Jahren am Lithiumprojekt Jadar. Hier könnten über einen Zeitraum von 40 Jahren rund 58.000 t Lithiumkarbonat abgebaut werden. Die Forscher Michael Tost und Clemens Lughofer von der Montanuniversität Leoben sehen in Jadar einen "äußerst positiven Beitrag" zur Unabhängigkeit Europas von Lithiumimporten. Dies lässt sich so auch auf andere Bodenschätze übertragen.

Der Rohstoffreichtum des Landes hat sich längst bis in die Politik herumgesprochen. In den Abschluss eines Handelsabkommens zwischen Serbien und der EU zur Beschaffung wichtiger Rohstoffe kommt Bewegung. Die Verhandlungen befinden sich "in der Endphase der juristischen Auseinandersetzungen", sagte der slowakische EU-Kommissar Maroš Šefčovič gegenüber "Euronews" vor einer Woche.

"Einzigartige Position" bei kritischen Mineralien

Er verwies auf Serbiens "einzigartige Position" im Hinblick auf Mineralien, die in der EU-Gesetzgebung über kritische Rohstoffe (CRMA) gelistet sind. Auf der Liste mit 34 kritischen Rohstoffen findet sich auch Kupfer, das durch den CRMA ebenso wie Nickel als "strategisch" eingestuft wird.

Im vergangenen September war eine Absichtserklärung unterzeichnet worden, der Text des Memorandums of Understanding (MoU) soll – so hofft Šefčovič – "in kurzer Zeit" stehen. Bei dem Abkommen steht zunächst Lithium im Vordergrund. Die Vereinbarung könnte jedoch die Grundlage für deutlich mehr sein.

Serbien ist seit 2012 offizieller Beitrittskandidat der EU. Der Beitrittsprozess geriet ins Stocken, aktuell hakt es vor allem bei Fragen der Außenpolitik. Doch nicht zuletzt aufgrund der wachsenden chinesischen Dominanz auf den weltweiten Rohstoffmärkten dürfte Brüssel daran gelegen sein, die rohstoffreiche Balkanrepublik an den eigenen Block (NYSE:SQ) zu binden.

Allerdings wirbt auch China um Belgrad. Anfang Mai war Xi Jinping zu Besuch und stellte eine "strategische Partnerschaft" in Aussicht. Der Einfluss Pekings ist durch Investitionen in den letzten zehn Jahren gewachsen.

Der ungarische EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi äußerte nach einem Gespräch mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic Mitte Mai dennoch die Hoffnung, dass Serbien während der nächsten Amtszeit der Europäischen Kommission dem Block beitreten könne.

Politiker geben sich in Belgrad die Klinke in die Hand

Welchen Stellenwert das Thema für die Politik derzeit besitzt, verdeutlicht auch der Besuch des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder bei Vucic im März. Die Visite, bei der Söder laut Bayrischem Rundfunk wie ein Staatsoberhaupt empfangen wurde, diente ausdrücklich der Unterstützung von Serbiens Weg in die EU. Vor dem bayrischen Ministerpräsidenten waren Kanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock, Innenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsminister Boris Pistorius in Belgrad.

Clarici jedenfalls will die Exploration zügig fortsetzen. Gelingt es, ein Kupfervorkommen zur Produktion zu entwickeln, ist die Verschiffung das kleinste Problem. Egal ob mit EU-Beitritt oder einem Handelsabkommen für Rohstoffe: Die Nachfrage nach Kupfer übersteigt das Angebot. Der Kupferpreis markierte zuletzt ein Rekordhoch, einen weiteren Anstieg auf bis zu 15.000 USD pro Tonne halten Analysten für möglich.

Wissenschaftlicher Rückenwind für mehr Bemühungen um eine ausreichende Kupferversorgung kommt aktuell auch aus den USA. Forscher der University of Michigan und der Cornell University warnen die US-Regierung vor Angebotsengpässen, die Ziele im Hinblick auf die Stromversorgung und den Verkehrssektor nicht nur gefährden, sondern gänzlich infrage stellen. Bis zu sechs neue Kupferminen müssten demnach pro Jahr die Produktion aufnehmen, um die Nachfrage zu decken.

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