Nach der Aufhebung der monatelangen strikten COVID-19-Beschränkungen und den Zusagen an den privaten Sektor geht der E-Commerce-Riese Alibaba (NYSE:BABA) optimistisch in das Jahr 2023.
Trotz der vielen Herausforderungen in den letzten Jahren dürfte das starke Potenzial von Alibaba mit 1 Milliarde Verbrauchern in China dem E-Commerce-Unternehmen im Zuge der Konjunkturerholung des Landes erheblichen Auftrieb geben, wie Analysten anmerkten.
Seit dem Erreichen des Allzeithochs im Oktober 2020 ist die Marktkapitalisierung von Alibaba um zwei Drittel eingebrochen und liegt derzeit bei knapp über 300 Mrd. USD. Darüber hinaus verlor das Unternehmen in den ersten drei Quartalen 2022 rund 15.000 Mitarbeiter.
Die Aktien von Alibaba sind seit ihrem Mehrjahrestief im Oktober um rund 67 % gestiegen. Die American Depositary Receipts (ADRs) des Unternehmens schlossen am Freitag bei 117,01 USD. Die Erholung wurde durch die Nachricht beflügelt, dass Gründer Jack Ma die Kontrolle über den Fintech-Titan Ant Group abgeben wird, an dem Alibaba zu 33 % beteiligt ist. Der geringere Einfluss von Ma auf den chinesischen Technologiesektor wird als positiver Schritt gewertet.
Nicht nur die Anleger, sondern auch die Sell-Side-Analysten sind zunehmend optimistisch für Alibaba. Analysten von Goldman Sachs und Morgan Stanley haben die Aktie kürzlich in ihre "Top Pick"-Listen aufgenommen. Goldman Sachs (NYSE:GS) sieht Alibaba als einen der größten Nutznießer der beschleunigten Wiederöffnung Chinas, der makroökonomischen Erholung und der Lockerung der Internet-Regulierung.
So heißt es in einer Anlegernotiz:
"Wir sehen den Multiplikator von Alibaba 2023 beim 11-fachen des korrigierten KGV als bester Proxy-Wert, um von der Erholung in den Bereichen Werbung, Fintech (über die 33%-ige Beteiligung an Ant) und strukturelles Wachstum der Cloud zu profitieren."
2023 bringt Optimismus
Shawn Yang von Blue Lotus Capital beschrieb die Performance von Alibaba im vergangenen Jahr als "mittelmäßig" und "ohne große Höhepunkte". Für 2023 erwartet er jedoch eine bessere Performance des Unternehmens.
In der Neujahrsbotschaft an die Mitarbeiter hat CEO Daniel Zhang Yong für das Jahr 2023 das Thema "jin" gewählt, was so viel bedeutet wie "vorwärts springen" oder "nach Fortschritt streben." Das ist eine klare Abkehr vom Vorjahresthema "ding", was so viel bedeutet wie "ruhig bleiben" oder "gelassen sein."
Dieser Wandel wird eingeleitet, nachdem Alibaba in den vergangenen zwei Jahren mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert war, als Peking hart gegen Chinas Tech-Unternehmen vorging, um die "ungeordnete Expansion" des Kapitals einzudämmen. Darüber hinaus musste der E-Commerce-Riese wegen seines "monopolistischen Verhaltens" eine Kartellstrafe in Höhe von 18,2 Mrd. Yuan (2,6 Mrd. USD) zahlen.
Carmen Zhu, Analystin bei Frost & Sullivan, sagte, dass sich die Abkühlung des lokalen Wirtschaftswachstums und der schwächere Online-Konsum negativ auf die Plattformen Taobao und Tmall von Alibaba, die von einer Milliarde chinesischer Verbraucher genutzt werden, ausgewirkt haben.
Inzwischen sind die Aussichten für Alibaba mit dem Abrücken Chinas von der Null-COVID-Politik jedoch deutlich rosiger. Zhang sagte, die Aufhebung der Beschränkungen werde Alibaba in mehrfacher Hinsicht zugutekommen.
"Eine Lockerung wäre für die Zukunft sehr konstruktiv", so Zhang.
In der Zwischenzeit hat Alibaba ein neues Geschäftsmodell vorgestellt, das es AliExpress-Käufern in Europa ermöglicht, ihre Einkäufe erst nach der Lieferung zu bezahlen. Das Angebot ist Alibabas eigene Buy Now, Pay Later (BNPL) Lösung, die darauf abzielt, die globalen Verkäufe des Unternehmens bei schwacher lokaler Nachfrage zu steigern. Der Schritt kommt, nachdem das Fintech-Unternehmen Splitit Payments bekannt gegeben hat, dass es mit Alipay der Ant Group zusammenarbeitet, um den Nutzern von AliExpress das Bezahlen ihrer Waren nach der Lieferung zu ermöglichen.
AliExpress wurde 2010 gegründet und ist ein von Alibaba betriebener Online-Einzelhandelsmarktplatz, auf dem eine Vielzahl von Produkten wie Gadgets, Kleidung, Spielzeug, Zubehör und vieles mehr angeboten wird. Die meisten Anbieter auf der Plattform sind chinesische Firmen, was oft zu langen Lieferzeiten führt.
Laut Splitit, die ihren Sitz in Atlanta haben, wird Alibaba diesen BNPL-Dienst zunächst in Deutschland, Spanien und Frankreich einführen, bevor er möglicherweise in weitere Märkte expandiert. Das Angebot mit dem Namen "Pay After Delivery" ermöglicht es AliExpress-Käufern in Europa, ihre Waren mit ihrer Kreditkarte in Raten zu bezahlen.
Nach Angaben eines Sprechers von AliExpress können Käufer in europäischen Großstädten wie Paris und Madrid ihre Waren innerhalb von 10 Arbeitstagen erhalten, während die Lieferzeiten in entlegeneren Gebieten zwischen 15 und 20 Tagen liegen können. AliExpress bietet auch eine Liefergarantie, die den Käufern eine gewisse Entschädigung verspricht, wenn ihre Waren nicht rechtzeitig geliefert werden.
Meme-Investor Cohen kauft Beteiligung
Der aktivistische Investor Ryan Cohen hat eine Beteiligung in Alibaba aufgebaut. Damit will er das chinesische Unternehmen dazu bewegen, seinen Aktienrückkaufplan zu beschleunigen und auszuweiten, wie das Wall Street Journal berichtet.
Cohen, dem eine große Anzahl von Retail-Investoren folgen, hat laut dem WSJ in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 eine Beteiligung im Wert von Hunderten von Millionen Dollar aufgebaut. Cohen, der für seinen Beitrag zum Meme-Hype vor zwei Jahren bekannt ist, hat dank seines starken Portfolios, das unter anderem Aktien von Apple (NASDAQ:AAPL), Wells Fargo (NYSE:WFC) und Citigroup (NYSE:C) enthält, ein Nettovermögen von mehr als 2,5 Mrd. USD.
Cohen wandte sich erstmals im August an das Board von Alibaba und teilte ihm mit, dass die Aktien des Unternehmens deutlich unterbewertet seien. Er sagte dem Board darüber hinaus, dass Alibaba in den nächsten 5 Jahren ein zweistelliges Umsatzwachstum und ein Wachstum des freien Cashflows von fast 20 % erreichen kann.
Kurz nach der Kontaktaufnahme durch Cohen kündigte Alibaba im November die Ausweitung seines Aktienrückkaufplans auf 40 Mrd. USD an und verlängerte es bis März 2025. Das E-Commerce-Unternehmen gab an, dass es im Rahmen des aktuellen Rückkaufprogramms Aktien im Wert von rund 18 Mrd. USD zurückgekauft hat (Stand: 16. November) .
Fazit
Die Alibaba-Aktie genießt bei den Anlegern in den letzten Wochen und Monaten zunehmend Zuspruch. Das zeigt sich am besten an der Kurssteigerung von rund 70 % seit November, die vor allem durch die Wiedereröffnung Chinas und die Lockerung der behördlichen Maßnahmen gegen Tech-Unternehmen im ganzen Land beflügelt wurde.
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Shane Neagle ist der Chief Editor von The Tokenist. Lesen Sie den kostenlosen Newsletter Five Minute Finance von The Tokenist für eine wöchentliche Analyse der wichtigsten Trends in den Bereichen Finanzen und Technologie.