(DailyFX.de) Im Sommer 2012 sorgte der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, mit einer legendären Pressekonferenz in London dafür, dass die Talfahrt der europäischen Gemeinschaftswährung zum Stillstand kam. Heute, gut zwei Jahre später notiert der Euro zwar mit 1,31 zum US-Dollar noch gut 10 Cent höher als damals, aber eine erneute Talfahrt in Richtung 1,20 EUR/USD kann nicht ausgeschlossen werden. Darauf setzen zumindest die professionellen Investoren, wie Banken, Vermögensverwalter und Hedgefonds, denn sie sind so extrem gegen den Euro positioniert wie in jenem Juli des Jahres 2012. Nur diesmal könnten sie Recht behalten, denn die EZB tut aktuell alles, um den Euro weiter zu schwächen. Auch viele fundamentale Faktoren sprechen dafür, dass der Greenback in den kommenden Monaten aufgrund der konjunkturellen Aussichten in den USA die Nase vorn haben dürfte. Sieben Wochen in Folge gewinnt der US-Dollar gegenüber dem Euro schon an Wert.
Gefahr einer Deflation ist das größte Risiko der Eurozone
Alle jüngst veröffentlichten Konjunkturindikatoren aus der Eurozone zeigen, dass die wirtschaftliche Flaute in Europa noch lange nicht überwunden ist. Hinzu kommen nun neue geopolitische Risiken, allen voran der Ukraine-Konflikt und die sich in Gang setzende Sanktionsspirale des Westens gegenüber Russland. Und diese werden gerade die Eurozone mitten ins Mark treffen, während die USA etwas glimpflicher davon kommen dürfte, da ihre Vernetzung mit Russland nicht ganz so groß ist. Größtes Problem in der Eurozone bleibt die immer weiter zurückgehende Inflation. Die Teuerungsrate in der Eurozone fiel mit 0,3 Prozent auf den tiefsten Wert seit Oktober 2009. Auch die Gefahr einer dritten Rezession seit der Finanzkrise 2007 in der Eurozone ist latent vorhanden.
Inflationserwartungen der EZB im Fokus
Diese schwache wirtschaftliche Entwicklung könnte nicht nur vorübergehender Natur sein. Damit nimmt der Druck auf die EZB immer mehr zu, sich weiteren unkonventionellen Lockerungsmaßnahmen zu bedienen. Sollte die fallende Teuerungsrate nicht mehr nur als temporär angesehen werden, sondern auch die mittel- und langfristigen Prognosen zurückgehen, wird der Ruf nach den Asset Backed Security (ABS)-Ankäufen immer lauter werden. Schon morgen auf ihrer Sitzung könnte die EZB diese Inflationserwartungen zurücknehmen, was selbst im Fall eines gleichzeitig verkündeten Status Quo für weiteren Druck auf den Euro sorgen sollte.
Weitere Lockerungsmaßnahmen nur aufgeschoben, nicht aufgehoben
Doch trotz dieser niedrigen Inflation könnten auch diese Woche die Argumente für ein erneutes Eingreifen der EZB womöglich noch nicht ausreichen. Gerade der Anstieg der Kerninflation auf 0,9 Prozent wies darauf hin, dass schwankungsanfällige Produkte wie Energie die fallende Teuerungsrate herbeiführten. Außerdem werden die Ergebnisse der Prüfung der Aktiva-Qualität der Bankbilanzen im nächsten Monat gemeinsam mit denen des Stresstests erwartet und könnten dann erst in die Fragestellung nach einem geeigneten Zeitpunkt für die Implementierung weiterer Lockerungsmaßnahmen einfließen.
Euro auf dem Weg unter 1,30 US-Dollar
Alles in allem wird dem Euro in den kommenden Monaten die Kraft für eine kräftige Erholung fehlen. Ein Fall des Wechselkurses unter die 1,30 EUR/USD ist in jedem Falle als realistisch einzuschätzen. Sollte die EZB ihre zunehmend expansiv gerichtete Haltung am Donnerstag bewahren, wovon auszugehen ist, und die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag die konjunkturelle Erholung in den USA untermauern, so wäre dies genau der Cocktail für einen noch schwächeren Euro gegenüber dem US-Dollar. Sowohl die konjunkturellen Unterschiede als auch die damit verbundene Haltung der Notenbanken sprechen eindeutig für einen stärkeren Greenback.
Analyse geschrieben von Niall Delventhal, Marktanalyst von DailyFX.de