Den Lesern des Börsenbriefs „Börse-Intern Premium“ habe ich gestern berichtet, dass der DAX vorgestern auf das niedrigste Niveau seit dem 23. September und der Euro STOXX 50 auf das Niveau vom 13. August zurückgefallen ist. Der EUR/USD brach sogar auf ein 52-Wochen-Tief ein. „Es dürfte klar sein, was hier gespielt wird – die Sorge vor einem schwächeren Wachstum der gesamten Eurozone durch mögliche US-Importzölle, die der designierte US-Präsident Donald Trump für seine anstehende Amtszeit angedroht hat“, hieß es dazu.
Korrektur oder Konsolidierung?
Doch was heißen diese Kursrückgänge nun? Besteht jetzt die Gefahr, dass es dadurch zu einer größeren Korrektur, statt zu einer Jahresendrally kommt. Oder haben wir es wieder nur mit Konsolidierungen zu tun, mit denen die vorherigen Kursgewinne nur verdaut werden? Wird der überkaufte Zustand also nur etwas abgebaut, so dass die Bullen lediglich neuen Schwung für die Jahresendrally holen können?
In der Wochenausgabe des Börse-Intern Premium habe ich den Lesern geschrieben, dass natürlich niemand weiß, wie sich die Kurse in naher Zukunft entwickeln, es aber zunehmend Gründe für eine Korrektur sowie erste Hinweise darauf gibt. Obwohl US-Wahl und Fed-Zinsentscheidung hinter uns liegen, hat die Unsicherheit nicht ab-, sondern zugenommen. Und daher halte ich Vorsicht weiterhin für angebracht.
EUR/USD: Plötzlicher Richtungswechsel innerhalb einer Seitwärtsbewegung
Aber schauen wir uns dazu die Charts an, um Aufschluss über die aktuelle Situation der oben genannten Basiswerte zu erhalten. Charts zum EUR/USD hatte ich erst kürzlich hier veröffentlicht, vorgestern bei der Frage „Ist dies das Ende der Goldpreisrally?“ und eine Woche zuvor bei der Feststellung „Trump-Sieg: Die Finanzmärkte reagieren erwartungsgemäß“. Seitdem hat der Wechselkurs seine dynamische Abwärtsbewegung weiter fortgesetzt.
Hinweise, wie man mit dieser Entwicklung umgehen soll, hatte ich hier jüngst nicht gegeben – und das aus einem guten Grund. Dazu hatte ich in den regelmäßigen EUR/USD-Analysen des Trading-Dienstes „Target-Trend-Spezial“ mehrfach darauf hingewiesen, dass das aktuelle Kursgeschehen weiterhin innerhalb einer Seitwärtsspanne (gelb) stattfindet. Und in Seitwärtsbewegungen hat man es häufig mit Fehlsignalen und plötzlichen Richtungswechseln zu tun.
Dafür ist der aktuelle Kurseinbruch ein hervorragendes Beispiel. Denn bis Anfang Oktober sah es noch nach einer bullishen Wende (grüner Bogen im Chart oben) und einem Ausbruch aus der Range (gelb) nach oben aus. Inzwischen droht stattdessen ein Ausbruch nach unten, vor allem seit dem Rutsch unter das markante Tief von 16. April bei rund 1,06 USD.
Mit Blick auf diesen längerfristigen Chart hatte sich der EUR/USD zuvor zwei Mal zum 61,80%-Fibonacci-Retracement der großen Abwärtsbewegung aufgemacht, die von Januar 2021 bis September 2022 lief. Doch in beiden Fällen ist der Wechselkurs wieder nach unten gedreht (siehe rote Pfeile) und bis zum unteren Ende der aktuellen Seitwärtsspanne gelaufen. Kommt es jetzt zu einem klaren Ausbruch nach unten, muss man mit einem Durchreichen bis auf das 2022er Tief rechnen.
EUR/USD erreicht das untere Ende der breiten Seitwärtsspanne
Man könnte aber auch darauf setzen, dass die Seitwärtsspanne verteidigt wird und der Euro zum US-Dollar zumindest in eine Kurserholung geht. Eine solche Gegenbewegung hatte es auch gegeben, als der EUR/USD die Aufwärtstrendlinien (grün) zusammen mit dem Zwischentief vom 1. August bei 1,0777 USD (Kreuzunterstützung) erreicht hatte.
Den Lesern des „Target-Trend-Spezial“ hatte ich rechtzeitig geraten, an diesen Linien eine spekulative Long-Position einzugehen, „um die kurzfristig überverkaufte Lage zu nutzen und auf eine Kurserholung zu setzen“ (siehe auch „EUR/USD: EZB sollte die Zinsen senken, Fed kann geduldig abwarten“). Wer hier schnell war, konnte einen Gewinn einfahren. Und wer die Stopp-Strategie aus der Target-Trend-Spezial-Ausgabe vom 31. Oktober umgesetzt hat, wurde auf Einstiegskurs ausgestoppt. – Kein Gewinn, aber auch kein Verlust.
Ähnlich könnte man auch jetzt am unteren Ende der Seitwärtsspanne verfahren. Einsteigen und dann bei einer angelaufenen Gegenbewegung den Trade auf Einstiegskurs per Stop-Loss absichern.
DAX rutscht unter sein ehemaliges Rekordhoch zurück
Der DAX ist derweil, wie eingangs bereits geschrieben, vorgestern auf das niedrigste Niveau seit dem 23. September gefallen. Und dabei geriet er auch unter das ehemalige Rekordhoch vom 15. Mai, das bei 18.892,92 Punkten markiert worden war (siehe gelbe Ellipse im folgenden Chart).
Damit besteht nun die Gefahr, dass der Ausbruch über diese Marke ein Fehlsignal war und es dadurch zu einer starken Bewegung in die entgegengesetzte Richtung kommt, die sich häufig nach Fehlsignalen beobachten lässt. In diesem Fall könnte es im DAX also zu einer größeren Korrektur kommen, die eine Jahresendrally hinfällig machen oder zumindest aufschieben würde.
Den Lesern des Börse-Intern Premium habe ich allerdings vorerst schon Entwarnung gegeben. Denn die Wellen der vergangenen Tage sind nicht überschneidungsfrei. Im Gegenteil: Es kommt immer wieder zu starken Kurserholungen. Und das spricht eher für eine harmlose Konsolidierung. Dazu passt auch, dass der DAX derzeit um eine Konsolidierungslinie pendelt (rot gestrichelt).
Jedenfalls: „Womöglich werden die vorherigen Kursgewinne also nur verdaut, der überkaufte Zustand etwas abgebaut, so dass die Bullen lediglich neuen Schwung für die Jahresendrally holen“, konnten die Abonnenten gestern lesen.
Und weiter: „Derweil sind zwar auch die US-Indizes in eine Konsolidierung gegangen, doch bewegen sich die Kurse dabei in Reichweite ihrer Rekordstände. Und das spricht für eine baldige Trendfortsetzung. In diesem Fall wird es spannend, ob das auch die Kurse hierzulande wieder mit nach oben zieht oder sich die aktuelle Schere weiter öffnet. Vielleicht sehen wir aber auch in den USA den Beginn vom Ende des Aufwärtstrends bzw. Beginn einer größeren Korrektur.“
Überschneidungen auch beim Euro STOXX 50
Solange die Konsolidierungen am Aktienmarkt also anhalten, ist die Unsicherheit hoch. Und das gilt auch für den Euro STOXX 50 mit seinem Rutsch auf das Niveau vom 13. August, von dem er sich aber ebenfalls mit einer starken Gegenbewegung erholen konnte, so dass auch bei diesem Index die Wellen nicht überschneidungsfrei sind.
Da die heutige Ausgabe aber nun schon relativ lang ist, gehe ich an dieser Stelle nicht mehr ausführlich auf die charttechnische Situation beim Euro STOXX 50 ein. Obwohl diese sehr spannend ist, da die Situation hier aktuell schon deutlich bearisher ist als beim DAX und den US-Indizes.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus