Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis wir deutlichere Gewinnmitnahmen bei Aktien und Währungen sehen. Die Vorboten dafür sind bereits da - der Aktienmarkt befindet sich in der Nähe seiner Rekordhochs, aber hat Mühe, seine Kursgewinne auszubauen. Die Börsen konsolidierten den fünften Tag in Folge, aber die Devisen und die Treasury-Renditen zeigen einen ersten Ausverkauf. Der Rückgang des Euro und des japanischen Yen zu Beginn der Woche könnte ein Vorbote eines tieferen Pullbacks an den Aktienmärkten sein. Wir erwarten zwar keine Korrektur um fünf Prozent, aber angesichts der Tatsache, dass der Dow Jones Industrial Average seit November fast jeden Tag ein neues Rekordhoch erreicht hat, ist ein Rücksetzer längst überfällig.
Der designierte Präsident Joe Biden wird am Donnerstag seinen lang erwarteten Konjunkturplan vorstellen, der Billionen von Dollar umfassen könnte. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Plan u.a. Gelder zur schnelleren Verteilung von Impfstoffen, eine Aufstockung der Mittel für die Arbeitslosenversicherung, größere Direktzahlungen, eine Verlängerung des Räumungsmoratoriums und mehr staatliche Hilfen beinhaltet. Je größer das Konjunkturpaket, desto stärker die Risk-On-Rallye am Devisenmarkt. Andererseits dürfte ein weiterer großzügiger Scheck für die Haushalte nicht ohne weiteres durchsetzbar sein, so dass eine anfängliche Rallye auch schnell wieder verblassen könnte. Sollte sich Biden für ein kleineres Paket entscheiden, das einfacher zu verabschieden ist, könnten die Kurse an den Aktienmärkten aus Enttäuschung nachgeben. Die Devisen orientieren sich an den Aktienkursen, so dass ein Ausverkauf bei den Aktien die Yen- und Schweizer Franken-Crosses nach unten treiben dürfte.
Die Sorge vor Ausschreitungen am Tag der Amtseinführung und die Besorgnis über Bidens neue Politik wären ebenfalls Gründe für Gewinnmitnahmen an den Aktienmärkten, aber beide Faktoren wirken sich wohl nur vorübergehend aus. Senator Mitch McConnell sagte, dass er den Senat nicht vorzeitig zurückrufen will, was bedeutet, dass das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump bis zu dessen Ausscheiden aus dem Amt warten muss. Dieser Unsicherheitsfaktor spielt also für Aktien zumindest vorerst keine Rolle.
Die Verbraucherpreise in den USA stiegen im Dezember um 0,4 %. Der Monatsanstieg entsprach den Erwartungen, aber die Jahresrate lag mit 1,4% etwas höher. Die steigende Inflation ist eine der größten Sorgen in diesem Jahr und hat viele Spekulationen über ein frühzeitiges Tapering der Fed angeheizt. Wie wir in unserem gestrigen Beitrag anmerkten, ist es noch viel zu früh, um über ein Tapering zu spekulieren, aber genau das ist einer der Hauptgründe, warum der US-Dollar im Vergleich zu allen Leitwährungen höher notiert.
Der EUR/USD notierte den dritten Tag in Folge unter der 20-Tage-Linie. Bei einem Rutsch unter 1,2130 könnte es zu einem raschen Rückgang auf das Tief vom 9. Dezember bei 1,2060 kommen. Abgesehen von den strengeren Restriktionen in Deutschland und der Warnung der Regierung, dass die Beschränkungen für weitere acht bis zehn Wochen in Kraft bleiben könnten, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass sie die Wechselkursbewegungen sehr genau beobachten. EZB-Mitglied François Villeroy war da schon etwas konkreter und betonte, man beobachte die negativen Auswirkungen. Da in der größten Volkswirtschaft der Eurozone im Januar und Februar weiterhin Einschränkungen gelten, ist es nur schwer vorstellbar, dass der EUR/USD noch lange in der Nähe der 2,5-Jahreshochs bleibt. Wir rechnen weiterhin mit einer kurzfristigen Korrektur, die das Paar auf 1,20 treiben dürfte.
Der australische und der neuseeländische Dollar bauten ihre Kursverluste weiter aus, nachdem China Australien vorwarf, einen M&A-Deal aus Gründen der nationalen Sicherheit zu politisieren. Außerdem erreichten die Neuerkrankungen an dem Coronavirus in China ein Fünf-Monats-Hoch, was die Sorge schürt, dass das Virus in der Region wieder auflebt. Der kanadische Dollar erlitt moderate Verluste, was zum Teil auf stärkere Inflationsdaten zurückzuführen war.