Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Fed (FOMC) dürfte sich im Rahmen seiner heutigen geldpolitischen Entscheidung auf einen beschleunigten Zeitplan für die Reduzierung der Anleihekäufe einigen. Zudem könnte der Fed-Chef Jerome Powell weitere Andeutungen bezüglich Zinserhöhungen im nächsten Jahr machen. Gespannt blicken die Anleger auch auf das vierteljährliche Update der Wirtschaftsprojektionen, die im Anschluss an die Sitzung veröffentlicht werden.
Die Meldung am Freitag, wonach der Verbraucherpreisindex im November mit 6,8 % so stark gestiegen ist wie seit 39 Jahren nicht mehr, erhöht den Druck auf die geldpolitischen Entscheidungsträger, etwas gegen die himmelhohe Teuerung zu unternehmen, die inzwischen nicht länger als vorübergehend angesehen wird.
Die Angst vor einer harten Landung der Wirtschaft wächst
Die Financial Times, ein zuverlässiges Sprachrohr des Establishments, titelte am Samstag, dass gemäßigte Demokraten die Fed zu einem härteren Vorgehen gegen die Inflation drängen, weil sie befürchten, dass die Wähler bei den Zwischenwahlen im nächsten Jahr die Partei von Präsident Joe Biden wegen höherer Preise abstrafen werden.
Jake Auchincloss, ein Demokrat aus Massachusetts, der dem Ausschuss für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses angehört, sagte gegenüber der britischen Zeitung:
"Die Fed muss sofort mit dem Tapering beginnen und dann die Zinsen anheben. Das lässt sich beides bis März bewerkstelligen."
Auf Ersuchen der Republikaner erstellte das überparteiliche Congressional Budget Office eine revidierte Version der Defizitauswirkungen von Bidens 1,9 Billionen Dollar schwerem Sozialausgabengesetz unter der Annahme, dass die eigentlich auslaufenden Programme verlängert würden. Die Revision ergab einen Anstieg des Defizits um 3 Billionen Dollar im Laufe von 10 Jahren, anstelle des prognostizierten zusätzlichen Defizits von 367 Milliarden Dollar für den Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen Form.
Senator Joe Manchin war derjenige, der daraufhin die Alarmglocken läutete, weil Budgettricks wie die Sunset-Bestimmungen die wahren Kosten des Gesetzes unterschätzten. Der Demokrat aus West Virginia wird sich durch die CBO-Prognose oder den Verbraucherpreisindex vom Freitag wahrscheinlich nicht besänftigen lassen.
Das Weiße Haus, das schon die ursprüngliche Vorhersage für zu hoch hielt, nachdem es behauptet hatte, es gäbe keine Zusatzkosten, bezeichnete die revidierte Vorhersage als Schwindel.
Die Anleger befürchten nun, dass die Wirtschaft auf eine harte Landung zusteuert, sollte die Fed die Zinsen drastisch anheben müssen, um die Inflation zu dämpfen. "Sie [die Fed-Notenbanker] befinden sich in einer schwierigen Lage", sagte der Harvard-Ökonom Jeremy Stein, der von 2012 bis 2014 dem Gouverneursrat der Fed angehörte, im Hinblick auf die politischen Entscheidungsträger. Bloomberg zitierte ihn mit den Worten:
"Wenn sie die Zinsen wirklich deutlich anheben müssen, dann kann man sich ausmalen, was mit den Bewertungen der Vermögenswerte passiert: An den Märkten herrscht einfach eine enorme Zinssensitivität".
Auch die Europäische Zentralbank hält diese Woche ihre geldpolitische Sitzung ab. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat bereits erklärt, dass die Zentralbank der Eurozone ihr Notkaufprogramm für Anleihen planmäßig Ende März beenden wird. Von der steigenden Inflation scheint sie derweil weiterhin unbeeindruckt zu sein.
Jacques de Larosière, ehemaliger geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds und Gouverneur der französischen Zentralbank, ehe diese sich der Geldpolitik der EZB unterordnete, spricht schon seit Monaten von der Notwendigkeit eines Eingreifens der Zentralbank.
"Entscheidungsträger und Kommentatoren, die behaupten, dass der Anstieg der Inflation nur vorübergehend ist, machen einen gewaltigen Fehler", schrieb er letzte Woche erneut. Er und sein Mitautor David Marsh, Vorsitzender der Denkfabrik Official Monetary and Financial Institutions Forum, warnten, dass die Zentralbanker "präventive Äußerungen vermeiden sollten, die ein zukünftiges Nachlassen des Preisdrucks vorhersagen". Stattdessen sollten die Verantwortlichen den Anlegern versichern, dass sie die Problematik im Rahmen ihrer Verpflichtung zu stabilen Preisen angehen werden.
Die Autoren richteten sich direkt an die Mitglieder des EZB-Rats im Vorfeld der diese Woche stattfindenden geldpolitischen Sitzung und nannten die Fed als Vorbild für einen klaren Kurswechsel zu einer strafferen Geldpolitik. Die EZB hat diese Warnung in der Vergangenheit nicht beherzigt, und es bleibt abzuwarten, ob der Rat das Inflationsrisiko endlich anerkennt.
Biden sucht noch nach Fed-Mitgliedern
In der Zwischenzeit muss Biden noch die Nominierungen für drei Positionen im Gouverneursrat der Fed bekannt geben, die ursprünglich für Anfang Dezember angekündigt waren, nachdem er Powell für eine zweite Amtszeit und Gouverneurin Lael Brainard als stellvertretende Vorsitzende nominiert hatte.
Nachdem die liberale Kandidatin für das Amt des Comptroller of the Currency, Saule Omarova, gegen den Widerstand beider Parteien ihre Kandidatur zurückgezogen hat, kursieren in der Gerüchteküche neue Namen, die etwas mehr dem Mainstream entsprechen.
Während Richard Cordray, der erste Leiter des Consumer Financial Protection Bureau, wahrscheinlich zum Nachfolger von Randal Quarles als stellvertretender Vorsitzender für Regulierung ernannt wird, sind die stellvertretende Finanzministerin und ehemalige Fed-Gouverneurin Sarah Bloom Raskin und der Chef der Atlanta Fed, Raphael Bostic, neben anderen progressiveren Kandidaten für einen Sitz im Vorstand vorgesehen.
Senator Sherrod Brown, Vorsitzender des Bankenausschusses, hat angedeutet, dass die Bestätigungsanhörungen zu allen fünf Ernennungen wahrscheinlich nicht vor Januar stattfinden werden.