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Gefährliches Spiel: Wie Erfolgsdruck Vermögensberater zu riskanten Anlagen treibt

Veröffentlicht am 30.06.2024, 14:55
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In einer Welt, in der finanzielle Sicherheit zunehmend schwer zu fassen scheint, haben sich Vermögensberater in eine prekäre Lage manövriert. Ihr schlechter Ruf eilt ihnen oft voraus, obwohl die Mehrheit ihr Handwerk gewissenhaft ausübt. Das eigentliche Problem liegt im unbändigen Erfolgsdruck, der auf ihren Schultern lastet und sich in den letzten Jahren noch verschärft hat.

Mit den Jahren nach der Finanzkrise von 2008, geprägt von außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen und niedrigen Zinsen, stiegen die Renditen sprunghaft an. Anleger gewöhnten sich an überdurchschnittliche Gewinne und erwarten seither, dass sich diese Performance fortsetzt. Dieses Problem wurde in diesem Beitrag bereits diskutiert.

Die Grafik illustriert die durchschnittlichen jährlichen inflationsbereinigten Gesamtrenditen (einschließlich Dividenden) seit 1928. Die Renditedaten stammen von Aswath Damodaran, Professor an der Stern School of Business der New York University. Sie zeigt, dass der Markt von 1928 bis 2021 eine inflationsbereinigte Rendite von 8,48 % pro Jahr erzielt hat. Bemerkenswert ist, dass die Renditen nach der Finanzkrise 2008 in verschiedenen Zeiträumen durchschnittlich um vier Prozentpunkte gestiegen sind."

Durchschnittliche Jahresrenditen nach Zeitraum

Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass der Erfolgsdruck auf Finanzberater und Portfoliomanager weiter gestiegen ist. Der ständige Vergleich mit Benchmarks und die Angst, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren, zwingen sie, stets nach der nächsten lukrativen Anlage zu suchen. Der SPIVA-Bericht (S&P Indices Versus Active Management) schürt diese Ängste, indem er zeigt, wie oft aktiv verwaltete Fonds hinter ihren Benchmarks zurückbleiben.

Prozentsatz der Fonds, die hinter dem S&P 500 zurückbleiben

Anleger werden von Berichten über disruptive Technologien, Meme-Aktien und künstliche Intelligenz überschwemmt. Sie wollen nicht die Gelegenheit verpassen, vom nächsten großen Hype zu profitieren. Dieser Druck färbt auf die Berater ab, die ihre Kunden glücklich machen müssen, um ihre Karrieren zu sichern. Dabei ist das Risiko eines negativen Ergebnisses allgegenwärtig. Verfehlt ein Berater die erwartete Rendite, droht der Verlust von Kunden und damit das Ende der Karriere.

Dieser ständige Erfolgsdruck zwingt Finanzberater dazu, immer risikoreichere Entscheidungen zu treffen, oft wider besseres Wissen. Selbst konservative Anleger vergleichen ihre Ergebnisse häufig mit einem reinen Aktienindex und sind enttäuscht, wenn sie nicht mithalten können.

Das führt uns zu zwei großen Fragen. Die erste lautet: Wie konnte es so weit kommen? Die zweite Frage ist, was Sie (als Anleger oder Finanzberater) tun sollten.

Performance jagt Performance

Kürzlich habe ich in der "Real Investment Show" darüber gesprochen, dass es einen großen Unterschied zwischen einem Finanzberater oder Portfoliomanager und einem Einzelanleger gibt. Der Unterschied ist das Karriererisiko, das sich aus dem extremen Erfolgsdruck ergibt, wenn man von einem Jahr zum anderen eine schlechtere Performance erzielt. Aus diesem Grund MÜSSEN Berater und Vermögensverwalter bestimmte Vermögenswerte besitzen, deren Wert am Markt steigt, da sie sonst Gefahr laufen, das verwaltete Vermögen zu verlieren.

Ein gutes Beispiel für extremen Performance-Druck ist der ARK Innovation Fund von Cathy Wood. Dieser Fonds war der Liebling der Wall Street in der Phase der "disruptiven Technologien", die auf die Investitionswut nach den pandemiebedingten Shutdowns folgte.

S&P 500 vs ARKK

Es überrascht nicht, dass die Anleger in dieser manischen Phase Milliarden in den Fonds investierten. Leider ist dieser Anlagestil, wie alle manischen Phasen, "aus der Mode gekommen" und der Fonds hat sich in letzter Zeit schlechter entwickelt als der S&P 500. Diese Underperformance führte zu einem massiven Verlust an verwaltetem Vermögen für ARK und Cathy Wood.

Darstellung AuM

Heute dreht sich bei der Jagd nach Performance alles um "künstliche Intelligenz". Das Ergebnis ist eine enorme Zweiteilung des Marktes mit einer Handvoll Aktien, die immer schneller steigen als der Rest des Marktes.

Indexierte Rendite

Wieder einmal stehen Portfoliomanager und Finanzberater unter einem enormen Druck, der ihre Karriere gefährdet. In unserem Artikel "Wir leben nicht im Jahr 2000" haben wir darauf hingewiesen, dass Berater und Manager aufgrund der geringeren Marktbreite immer größere Anteile von immer weniger Aktien in ihren Portfolios halten.

"Die zehn größten Aktien im S&P 500 machen mehr als ein Drittel des gesamten Index aus. Das bedeutet, dass diese wenigen Aktien einen sehr großen Einfluss auf den Gesamtwert des Index haben. Wenn diese Aktien um 1 % steigen, hat das denselben Effekt auf den Index wie ein 1 %iger Anstieg bei den restlichen 490 Aktien zusammen. Wenn Anleger Anteile an einem passiven ETF kaufen, investiert der ETF in alle Aktien des zugrunde liegenden Index entsprechend ihrer Gewichtung im Index. In den letzten Jahren sind enorme Geldbeträge in ETFs geflossen. Da diese ETFs die Top-10-Aktien des S&P 500 stark gewichten, fließen auch entsprechend große Geldbeträge in diese wenigen Aktien. Dies führt dazu, dass diese Aktien stark steigen, was wiederum den Gesamtindex nach oben treibt. Die starke Gewichtung der Top-10-Aktien und die massiven Mittelzuflüsse in diese Aktien schaffen eine Illusion der Stabilität des Gesamtmarktes."

Marktgewichtung der Top-10-Aktien

"Dieser Mangel an Breite wird noch deutlicher, wenn man den nach Marktkapitalisierung gewichteten Index mit dem gleichgewichteten Index vergleicht."

Renditen Market Cap vs. Equal Weight im bisherigen Jahresverlauf

Und hier die Frage, die sich jeder Anleger stellen sollte:

"Ist es aus Sicht des Risikomanagements wirklich klug, fast 40 % meines Portfolios in nur 10 Aktien anzulegen?"

Wenn Sie diese Frage mit "Nein" beantworten oder eine andere Strategie verfolgen, wird Ihr Portfolio mit Sicherheit schlechter abschneiden als der Referenzindex. Wenn Sie einen Berater oder Vermögensverwalter haben, der Ihr Portfolio auf Ihre finanziellen Ziele abstimmt, wird Ihr Portfolio ebenfalls unterdurchschnittlich abschneiden. Sie sehen sich nun mit dem potenziellen "Karriererisiko" konfrontiert, den Kunden zu verlieren, wenn er den Grund für die Underperformance nicht versteht.

Was also sollten Anlageberater und Kunden tun?

Was sollten Anlageberater tun?

Für Berater stellt dieser enorme Erfolgsdruck eine reale und aktuelle Gefahr dar. Kunden erwarten, dass ihr Kapital nicht nur sicher, sondern auch gewinnbringend angelegt wird. Doch in Zeiten extremer Marktkonzentration stellt sich die Frage: Wie können Berater den hohen Erwartungen ihrer Kunden gerecht werden, ohne dabei unrealistische Versprechungen zu machen?

Anlageberater greifen inzwischen häufig selbst zu einfachen ETFs oder Investmentfonds, die einen Index abbilden. Das bietet zwar eine gewisse Sicherheit, aber es stellt sich die Frage: Wofür zahlt der Kunde dann überhaupt den Berater? Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat Dalbar vier Strategien entwickelt, die gefährliche Verhaltensweisen reduzieren und gleichzeitig realistische Erwartungen fördern sollen.

  1. Erwartungen realistisch setzen: Eine der wichtigsten Aufgaben eines Anlageberaters ist es, vernünftige Erwartungen zu setzen. Kunden neigen dazu, ihre Erwartungen auf vergangenen Marktentwicklungen, persönlichen Erfahrungen oder Medienberichten zu basieren. Doch der durchschnittliche Anleger kann nicht überdurchschnittlich abschneiden. Deshalb sollten Berater ihren Kunden klarmachen, dass ihre Portfolioperformance nicht anhand breiter Marktindizes beurteilt werden sollte. Dies schafft ein realistisches Bild und verhindert Enttäuschungen.
  2. Kontrollierte Risikoexposition: Ein weiterer wichtiger Punkt ist die kontrollierte Risikoexposition. Hierbei geht es darum, explizite, vernünftige Erwartungen zu setzen, die auf einem bestimmten Risiko und einer erwarteten Rendite basieren. Durch die Konzentration auf ein bestimmtes Ziel und die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens wird die Aufmerksamkeit von den häufigen Marktschwankungen abgelenkt, die oft zu unvorsichtigem Handeln führen. Dies fördert ein ruhigeres und rationaleres Anlageverhalten.
  3. Überwachung der Risikotoleranz: Die Risikotoleranz eines Anlegers ist ein komplexes Thema. Anleger streben intuitiv sowohl nach Kapitalerhalt als auch nach Wertzuwachs, was oft zu widersprüchlichen Entscheidungen führen kann. Ein Anlageberater muss den richtigen Mittelwert zwischen diesen beiden Bedürfnissen finden. Die Bestimmung der Risikotoleranz ist dabei weder rational noch homogen oder stabil. Daher ist eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung notwendig, um den Anlegern den besten Service zu bieten.
  4. Prognosen in Wahrscheinlichkeiten darstellen: Zu guter Letzt sollten Anlageberater Prognosen in Form von Wahrscheinlichkeiten darstellen. Dies ermöglicht es den Kunden, eine informierte und rationale Wahl zwischen verschiedenen Investitionsmöglichkeiten zu treffen. Wahrscheinlichkeiten oder Spannen erzeugen das nötige Gefühl der Vorsicht, ohne sich negativ auszuwirken. Die Messung des Fortschritts auf der Grundlage einer statistischen Wahrscheinlichkeit hilft den Anlegern, realistische Erwartungen zu haben und ihre Entscheidungen besser zu fundieren.

Wann und wie müssen Anlageberater aktiv werden?

Die von Dalbar bereitgestellten Daten zeigen, dass der "Verlustzyklus" beginnt, wenn Anleger ihre Investitionen aufgeben, gefolgt von Bedauern, wenn sich die Märkte erholen (Verkaufen auf niedrigem Niveau). Es überrascht nicht, dass der Anleger schließlich wieder in den Markt einsteigt, wenn sein Vertrauen wiederhergestellt ist (hoch kaufen).

Um diesen Kreislauf zu verhindern, muss man im Vorfeld einen Plan vereinbaren.

Wenn die Märkte fallen, haben die Anleger Angst vor einem Totalverlust. Diese Ängste werden durch eine Flut von Medienberichten noch verstärkt. Anlageberater müssen das emotionale Verhalten ihrer Kunden verstehen und das Portfoliorisiko bei wichtigen Ereignissen deutlich reduzieren, während sie gleichzeitig vorbeugend informieren, damit sich die Kunden auf langfristige Strategien konzentrieren können.

Dalbar betont, dass Kundenbotschaften zur Beruhigung der emotionalen Panik drei Elemente enthalten sollten:

  • Timing ist alles: Die Kunst der Beruhigung liegt im richtigen Zeitpunkt. Botschaften zur Beruhigung müssen exakt dann übermittelt werden, wenn die Angst am größten ist. Zu früh platzierte Erklärungen laufen Gefahr, unbeachtet zu verpuffen, während zu späte Interventionen oft auf taube Ohren stoßen. Die Anleger haben dann möglicherweise bereits in Panik gehandelt, und ihre Entscheidungen lassen sich nur schwer rückgängig machen.
  • Konkrete Bezüge: Botschaften müssen sich auf das spezifische Ereignis beziehen, das die Angst ausgelöst hat. Allgemeine Durchhalteparolen wie "Der Markt hat seine Höhen und Tiefen" sind wenig hilfreich und wirken in Krisenzeiten oft wie hohle Phrasen. Stattdessen brauchen Anleger konkrete Informationen, die ihre Sorgen direkt adressieren und sie fundiert aufklären.
  • Ausblick auf Erholung: Botschaften sollten immer einen Lichtblick enthalten – einen fundierten Ausblick auf eine mögliche Erholung. Vage oder abgeschwächte Hoffnungen schüren eher zusätzliche Ängste, als dass sie beruhigen. Anleger brauchen glaubwürdige und nachvollziehbare Prognosen, die durch Daten, Analysen und historische Beispiele gestützt werden. Diese Informationen liefern nicht nur Fakten, sondern geben auch ein Gefühl von Kontrolle zurück.

Ein bloßer allgemeiner Medienkommentar reicht nicht aus, um verängstigte Anleger zu beruhigen. Was sie brauchen, sind stichhaltige Beweise und zitierfähige Daten, die die Grundlage für eine positive Prognose bilden. Historische Belege für frühere Erholungen können Vertrauen schaffen und den Anlegern zeigen, dass ein Abwärtstrend nicht das Ende der Welt bedeutet.

Ein effektiver Berater versteht, dass emotionale Panik keine rationalen Entscheidungen zulässt. Daher muss die Kommunikation nicht nur informativ, sondern auch emotional intelligent gestaltet sein. Berater sollten nicht nur über die Märkte sprechen, sondern die Emotionen ihrer Kunden direkt ansprechen.

Es gilt, die Brücke zwischen rationalen Finanzentscheidungen und emotionaler Sicherheit zu schlagen. Nur so gelingt es, die Nerven der Anleger zu beruhigen und den Blick wieder auf langfristige Strategien zu lenken.

Fazit

Ein erfahrener Anlageberater leistet weit mehr als nur "Geld auf dem Markt anlegen." Die Hauptaufgabe solcher Marktspezialisten ist die Beratung, Planung und Verwaltung des Finanzkapitals ihrer Kunden. Darüber hinaus ist es die Aufgabe des Beraters, zu verstehen, wie Menschen auf schwerwiegende Ereignisse reagieren, und sie direkt anzusprechen, um situationsangemessene Reaktionen zu planen, vorzubereiten und einzuleiten.

Negative Verhaltensweisen haben alle etwas gemeinsam. Sie bringen Menschen dazu, von ihrer soliden, auf ihre Ziele, ihre Risikotoleranz und ihren Zeithorizont zugeschnittenen Anlagestrategie abzuweichen. Der beste Weg, die oben beschriebenen unproduktiven Verhaltensweisen zu vermeiden, ist eine Strategie, die sich auf die spezifischen Ziele des Anlegers konzentriert und nicht auf kurzfristige Marktbedingungen reagiert.

Die Daten zeigen, dass der durchschnittliche Anleger seine Investitionen nicht lange genug hält, um von den Belohnungen des Marktes für diszipliniertere Anleger zu profitieren. Die Daten zeigen auch, dass die Anleger oft falsche Entscheidungen treffen, wenn sie reagieren.

Die einzig wirklich relevante Frage in der Debatte um aktives/passives Investment Management ist jedoch folgende:

"Was ist wichtiger - in einer Hausse die gleiche Performance wie der Index zu erzielen oder in einer Baisse das Kapital zu schützen?"

Leider kann man nicht beides haben.

Wenn Sie in einer Hausse einen Index 1:1 nachbilden, werden Sie in einer Baisse genauso viel verlieren. Während ein aktiver Manager, der sich auf das Risiko konzentriert, in einem Aufschwung unterdurchschnittlich abschneiden kann, wird der Kapitalerhalt in einem Abschwung Ihre Anlageziele retten.

Die Kapitalanlage ist kein Wettlauf, und die Geschichte zeigt, dass es schlimme Folgen hat, wenn man sie wie einen Wettlauf betreibt. Tun Sie sich also einen Gefallen und vergessen Sie, wie sich die Benchmark von einem Tag auf den anderen ändert. Passen Sie Ihre Portfoliostrategie stattdessen an Ihre persönlichen Ziele und Zeitvorgaben an.

Sie werden den Index damit dann langfristig nicht schlagen, aber Sie werden wahrscheinlich Ihre persönlichen Anlageziele erreichen - genau der Grund, warum Sie an den Kapitalmärkten investieren.

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