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Goldpreis – Trendwende immer wahrscheinlicher

Veröffentlicht am 19.04.2020, 13:18
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1. Rückblick

Seit dem letzten großen Tiefpunkt bei 1.160 USD am 16.August 2018 konnte der Spot-Goldpreis innerhalb von knapp 20 Monaten bis auf 1.747 USD ansteigen. Vom damaligen Tiefpunkt bis zum aktuellen Hochpunkt am 14.April 2020 konnte Gold demnach um 587 USD bzw. 50,6% zulegen. Theoretisch entspricht dies einer atemberaubenden Jahresrendite von über 30% p.a.. Langfristig betrachtet steigt der Goldpreis jedoch „nur“ um durchschnittlich ca. 7-9% pro Jahr an. Die letzten eineinhalb Jahre waren also von einem außerordentlich starken Goldpreis geprägt.

In den letzten 20 Monaten waren insgesamt auch nur relativ geringe Kursrücksetzer zu beobachten. Meist wurde der aufgestaute Korrekturbedarf primär über die Zeitachse in Form einer länger gezogenen Konsolidierung gespielt. Erst seit Ende Februar kommt es am Goldmarkt zu deutlich schärferen Rücksetzern und einer stark erhöhten Volatilität. So folgte auf das Hoch vom 24.Februar bei 1.689 USD ein schneller Rücksetzer um 126 USD bis auf 1.563 USD. Ausgehend vom nächsten Hochpunkt am 9.März bei 1.703 USD kam es im Zuge der Corona Panik zu einem noch krasseren Rücksetzer um 252 USD bis auf 1.451 USD. Seit diesem Ausverkauf konnte der Goldpreis aber erneut stark ansteigen und erreichte am vergangenen Dienstag mit 1.747 USD nochmals ein neues Hoch.

Seitdem sind die Notierungen am Spotmarkt aber schon wieder um 69 USD zurückgekommen und schlossen die Handelswoche mit 1.681 USD klar unterhalb der psychologischen Marke von 1.700 USD. Insgesamt durchläuft der Goldpreis also seit fast zwei Monaten eine brutale Achterbahnfahrt. Investoren, die frühzeitig in physisches Gold investiert haben, können die aktuellen Kurskapriolen problemlos aussitzen und sich derzeit zudem über die explodierten Aufgelder für ihre physischen Bestände freuen.

Wer bislang nicht investiert ist, hat momentan nur geringe Chancen in diesem Umfeld einen halbwegs sinnvollen Einstieg in die Edelmetalle hinzukriegen. Trotzdem sollte jeder Anleger unabhängig vom Preis zumindest ein Minimum von 5% seines Vermögens in Edelmetallen als Versicherung halten. Wer hingegen in dieser heißen Phase mit Hebel und Papierprodukten auf den Goldpreis spekuliert, spielt mit dem Feuer und geht vor allem auf der Long-Seite mittlerweile unkalkulierbare Risiken ein. Die stark angestiegene Volatilität macht jedenfalls keinen vertrauenserweckenden Eindruck, sondern ist eher als ein deutliches Warnsignal zu verstehen.

2. Chartanalyse Gold in US-Dollar

Goldpreis Wochenchart - Quelle: Tradingview

Auf dem Wochenchart sind zwei Aufwärtstrendkanäle für den Goldpreis maßgeblich. Der erste, in dunkelgrün, läuft relativ flach seit dem Dezember 2015 nach oben. Im September 2019 testete der Goldpreis erstmals seit dem Sommer 2016 wieder dessen Oberkante. Seit Jahresbeginn findet am Goldmarkt ein Kampf an dieser oberen Begrenzung statt, der zuletzt zu diesen stark volatilen Schwüngen geführt hat. Trotz des zwischenzeitlichen Rücksetzers konnten sich die Bullen hier in den letzten Wochen durchsetzen, so dass der Goldpreis derzeit klar oberhalb der Oberkante (aktuell ca. 1.590 - 1.595 USD) des Aufwärtstrendkanals handelt.

Der zweite Aufwärtstrendkanal beginnt mit dem letzten Paniktief bei 1.160 USD im August 2018. Dieser Trendkanal ist wesentlich steiler und hat in den letzten 20 Monaten eine starke Aufwärtsbewegung in seinen Bahnen gelenkt. Auch hier attackieren die Bullen seit einigen Wochen die Oberkante des Trendkanals. Allerdings sind ihnen abgesehen von mehreren Preisspitzen bislang keine nachhaltigen Wochenschlusskurse oberhalb der Kanalbegrenzung gelungen.

Am Freitag ist die aktuelle Wochenkerze mit einem potenziell bärischen „Shooting Star“ aus dem Handel gegangen. Eröffnungs- und Schlusskurs der Handelswoche liegen deutlich unter dem Höchstkurs. In Verbindung mit der Oberkante des Aufwärtstrendkanals als Widerstand sowie den offensichtlichen Divergenzen bei der Stochastik könnte am Goldmarkt damit nun wirklich das Hoch für dieses Frühjahr erreicht worden sein.

Insgesamt ist es aber noch zu früh, um ein klares Top am Goldmarkt für die nächsten Monate auszurufen. Die Wahrscheinlichkeit einer Trendwende hat aber mit der abgelaufenen Handelswoche deutlich zugenommen. Denkbar wäre, dass der impulsive Aufwärtstrend schon bei 1.703 USD sein Ende gefunden hat und wir uns dank Corona bereits seit über vier Wochen in einem ABC-Korrekturmuster befinden. Dabei hätte die Welle A bei 1.451 USD ihr Ende gefunden. Die irreguläre Welle B hätte mit einem leicht höheren Hoch bei 1.747 USD nochmals alle Marktteilnehmer verwirrt und auf die falsche Fährte gelockt. Im Anschluss wäre jetzt Welle C mit Kursen unterhalb von Welle A, also unterhalb von 1.451 USD zu erwarten. Die langjährige ehemalige Widerstandszone und jetzige Unterstützung 1.350 – 1.400 USD wäre als Kursziel für die Welle C prädestiniert.

Fundamental betrachtet wären für dieses starke Korrekturszenario am Goldmarkt aber entweder stark haussierende Aktienmärkte oder ein deflationärer Zusammenbruch am gesamten Finanzmarkt notwendig. Getrieben durch die gewaltigen Geldmengenausweitungen erscheint eine von der Realwirtschaft losgelöste starke Erholung an Aktienmärkten möglich. Einen deflationären Total-Zusammenbruch der Finanzmärkte dürften die Zentralbanker hingegen mit ihren heiß laufenden Druckerpressen verhindern.

Goldpreis Tageschart - Quelle: Tradingview

Auf dem Tageschart hat sich aufgrund der wilden Preisschwünge in den letzten acht Wochen eine sehr ungesunde Struktur etabliert. Der ursprünglich klare Aufwärtstrend wurde mit dem scharfen Rücksetzer im März zerstört. Während Gold gerade dabei war die katastrophalen Folgen des weltweiten Lockdowns mit einem brutalen Abverkauf einzupreisen, öffneten die Notenbanker weltweit alle monetären Schleusen und fluteten die Märkte. Gold konnte gar nicht anders als darauf mit einem massiven Anstieg zu reagieren. Das Chartbild ist damit allerdings komplett zerfahren.

Wie nachhaltig die steile Aufwärtswelle der letzten Wochen tatsächlich ist, wird sich erst noch erweisen müssen. Angesicht der stark überkauften Lage sowie der zuletzt deutlich gefallenen Handelsvolumina ist hier ein großes Fragezeichen mehr als berechtigt.

Zusammengefasst ist der Tageschart überkauft. Die Stochastik hat ein frisches Verkaufssignal geliefert. Hält die Oberkante des hellgrünen Aufwärtstrendkanals nicht, sollten die Bären schnell bis ca. 1.620 – 1.640 USD vordringen können. Gelingt in der kommenden Handelswoche hingegen eine deutliche Erholung über 1.720 USD, könnte die Aufwärtsbewegung doch noch in Richtung 1.800 USD fortgesetzt werden.

3. Terminmarktstruktur Gold

Quelle: CoT Price Charts

Quelle: CoT Price Charts

Seit dem Ausbruch über die mehrjährige Widerstandszone 1.350/1.375 USD im Mai 2019 ist die Lage am Terminmarkt extrem überdehnt und vollkommen ungesund. Erst in den letzten Wochen zeichnet sich eine erste zaghafte Verbesserung ab. So ist die kommerzielle Short-Position bis auf aktuell 280.408 leerverkaufte Kontrakte zurückgegangen. Eine antizyklische Engstelle liegt aber bei weitem noch nicht vor. Diese wäre frühestens bei einer kumulierten Shortposition unterhalb von 100.000 leerverkauften Kontrakten gegeben.

Quelle: Sentimenttrader

Quelle: Sentimenttrader

Insgesamt bleibt es weiterhin bei dem klaren Verkaufssignal seitens des CoT-Reports. Allerdings scheint in den letzten Wochen mit der stark gestiegenen Volatilität die Bereinigung des Terminmarktes begonnen zu haben. Im Extremfall benötigt es hier einen Kursrückgang bis auf mindestens 1.350/1.400 USD, damit die Profis ihre Short-Wetten und Hedges in die fallenden Kurse Schritt für Schritt eindecken können. Beim Silber hat der vorübergehende scharfe Kursrückgang bis auf 11,60 USD bereits für eine weitgehende Bereinigung gesorgt.

4. Sentiment Gold

Quelle: Sentimenttrader

Quelle: Sentimenttrader

Seit Jahresbeginn liefert das Sentiment-Barometer Optix für den Goldpreis deutlich erhöhte Optimismus-Werte. Insbesondere unerfahrene Kleinanleger sind aufgrund der Corona-Panik in den letzten Wochen noch in Massen in den Goldmarkt getrieben worden. Die Profis hingegen zeigen sich zuletzt zunehmend zurückhaltend. Noch ist das Sentiment nicht gekippt, aber es fehlt nicht mehr viel. Der Weg bis zum anderen Extrem, einer Panikstimmung ähnlich wie im August 2018, wäre allerdings sehr weit und schmerzlich.

Der Gold Optix liefert erneut ein Verkaufssignal, denn der Optimismus ist derzeit viel zu hoch. Erst wenn sich zumindest ansatzweise Panik und Angst unter den Goldanlegern verbreiten, wird es wieder sinnvolle und antizyklische Einstiegskurse geben.

5. Saisonalität Gold

Quelle: Seasonax

Quelle: Seasonax

Auf der statistischen Basis der letzten 50 Jahre befindet sich der Goldpreis mittlerweile in seiner ungünstigsten saisonalen Phase des Jahres. Ähnlich der bekannten Regel „sell in may and go away“, beginnen am Goldmarkt meist in den Frühlingsmonaten deutliche Korrekturbewegungen, welche sich bis in den Hochsommer hinein erstrecken können. In den meisten Jahren findet der Goldpreis frühestens im Februar und spätestens im Mai einen wichtigen Hochpunkt. Im Anschluss kommt es zu einer Korrekturbewegung, welche frühestens im Juni und spätestens im August ihren Abschluss findet.

In diesem Jahr wurde bislang der Hochpunkt erst kürzlich am 14.April erreicht. Auch ist dieser Hochpunkt noch nicht endgültig bestätigt. Beginnt nun oder in den kommenden Wochen die vermutete Korrekturbewegung, wird sich deren Ende nicht vor August/September einstellen. Bis dahin sollten man sich also eher in Geduld üben. Zwar kann es immer wieder zu größeren Zwischenerholungen kommen, angesichts der starken Anstiege und der überkauften Lage auf dem Tages-, Wochen- und Monatschart sollte man drei bis vier korrektive Monate mindestens einplanen.

Die Saisonalität liefert mittlerweile ein klares Verkaufssignal. Allerdings ist dieser Analysebaustein immer etwas abstrakter zu betrachten. Außerdem gibt es im laufenden Handelsjahr noch kein klar bestätigten Hochpunkt. Erst wenn dieser sichtbarer geworden ist, lässt sich ein mögliches Zeitfenster für den nächsten Tiefpunkt anvisieren.

6. Bitcoin gegen Gold

Quelle: Chaia

Für einen Bitcoin muss man derzeit 4,2 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell nur noch 0,22 Bitcoin. Während es Anfang Februar beim Bitcoin/Gold-Ratio noch nach einem Ausbruch zugunsten des Bitcoins aussah, sorgte die aufkommenden Corona-Krise für eine deutlichen Verschiebung hin zum Gold. Dabei hat das Bitcoin/Gold-Ratio eine erste wichtige Unterstützungslinie klar unterschritten und kommt seitdem nur mühsam auf die Beine.

Aktuell testet das Ratio die Unterkante der zweieinhalb Jahre währenden Dreiecksformation. Wird diese extrem wichtige Unterstützung nach unten durchbrochen, wird der Goldpreis den Bitcoin in der Folge dramatisch outperformen. Kann die Aufwärtstrendlinie hingegen verteidigt werden, hätte der Bitcoin im Anschluss die Chance auf einen Ausbruch über die seit dem Dezember 2017 intakte Abwärtstrendlinie. In diesem Fall dürfte der Bitcoin seinen Siegeszug fortsetzen. Insgesamt ist das Ratio schon relativ weit in das Dreieck hineingelaufen. Eine Entscheidung ist innerhalb der nächsten ein bis vier Monate zu erwarten.

Grundsätzlich sollte man in beiden Asset-Klassen investiert sein. D.h. mindestens 10% und maximal 25% seines Gesamtvermögens sollte man in physische Edelmetalle anlegen, während man in Kryptos und vor allem im Bitcoin 1% bis maximal 5% halten sollte. Wer sich mit den Kryptowährungen und Bitcoin sehr gut auskennt, kann individuell sicherlich auch höhere Prozentzahlen in Bitcoin allokieren. Für den normalen Anleger, der natürlich vor allem in Aktien und Immobilien investiert ist, sind 5% im hochspekulativen und hochvolatilen Bitcoin aber schon extrem viel.

7. Fazit und Empfehlung

In den kommenden Wochen ist eine erste zumindest ansatzweise Normalisierung nach „Corona“ zu erwarten. Dabei könnte sich die Erleichterungsrally an den Aktienmärkten im sogenannten "Risk On" Modus zunächst fortsetzen. Diese "Risk-On" Phasen können aktuell praktisch aus dem Nichts bzw. durch eine wichtige Nachricht (z.B. Gilead Sciences (NASDAQ:GILD): Corona-Wirkstoff gefunden?) sehr plötzlich und schnell auftreten. Die jahrelang von steigenden Aktienkursen verwöhnten Anleger in den Standardmärkten feiern bereits die Rückkehr zur Nomalität! Zwar notiert der DAX immer noch über 3.000 Punkte unter seinem im Februar erzielte Allzeithoch (13.817 Punkte), aber die amerikanische NASDAQ hat den Großteil der "Corona-Verluste" schon wieder aufgeholt. Tech-Giganten wie Amazon (NASDAQ:AMZN) notieren bereits auf neuen Allzeithochs. Ein "Meltup", in welchem sich das frisch gedruckte Geld auf die Aktienmärkte stürzt, ist durchaus denkbar und teilweise bereits im Gange.

In solchen Phasen wird Gold nicht gebraucht und dürfte höchstwahrscheinlich deutlich unter Druck geraten. Eine derartige Phase könnte uns im Zuge der schrittweisen Normalisierung zunächst bevorstehen. Erst im Anschluss, wenn die Märkte das gesamte Ausmaß der Schäden inkl. deren Konsequenzen sowie die Notwendigkeit deutlich größerer Rettungspakete begreifen und einzupreisen beginnen, sollte der Goldpreis weiter in Richtung seines Allzeithochs ansteigen können. Mittel- und langfristig sind die Verwerfungen der letzten Wochen also extrem bullisch für Gold und insbesondere auch für Silber.

Kurzfristig hat der Goldpreis die enormen Geldmengenausweitungen mit dem Anstieg von 1.451 bis auf 1.747 USD in wenigen Wochen zunächst schon mal ansatzweise eingepreist. Die inflationären Auswirkungen dürften sich im Alltag aber nicht sofort einstellen. Vielmehr ist aufgrund der am Boden liegenden Realwirtschaft die Geldumlaufgeschwindigkeit derzeit extrem niedrig, womit die überkauften Edelmetallpreise nun anfällig für eine Korrektur sind. Aus der Sentiment-Perspektive haben alle Panikkäufer in den letzten Wochen ihre Edelmetalle zu Höchstkursen gekauft. Sobald die Minen (NYSE:GLD), Raffinerien und Scheideanstalten aber wieder normal arbeiten, wird der Engpass bei den Edelmetallhändlern vermutlich relativ schnell verschwinden. Erhöhte Aufgelder könnten uns aber noch eine ganze Zeit lang begleiten.

Auf Sicht der kommenden Tage und Wochen ist eine Fortsetzung der Goldrally bis zu unserem ursprünglichen Kursziel bei 1.800 USD immer noch möglich. Das Chance/Risiko-Verhältnis ist auf den aktuellen Niveaus aber mittlerweile äußerst ungünstig. Zudem zeichnen sich sowohl auf dem Tages- als auch auf dem Wochenchart erste Umkehrsignale ab.

Angesichts des weltweit komplett ruinierten Finanz- und Wirtschaftssystems dürfen Sie auch weiterhin keine einzige physische Unze Silber oder Gold aus der Hand geben. Das ist ab jetzt ihre Lebensversicherung. Trotzdem sollten wir uns für die kommenden Monate auf eine größere Korrektur beim Goldpreis einstellen. Wie heftig diese letztlich ausfallen wird, ist angesichts der zahlreichen unbekannten Variablen derzeit nicht abzusehen. Ein gesunder Rückfall in Richtung 1.350/1.400 USD wäre langfristig vermutlich das Beste für den Goldpreis. Kurse in Richtung 1.000 USD sind derzeit sicherlich nicht absehbar. Im besten Fall dreht Gold bereits im Bereich um 1.550 USD.

Florian Grummes

Edelmetall- und Krypto-Experte

www.midastouch-consulting.com

Quelle: www.celticgold.eu

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