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Handelskonflikt, Corona, Hongkong - gewinnen USA den Wirtschaftskrieg gegen China?

Veröffentlicht am 10.07.2020, 10:32
Aktualisiert 09.07.2023, 12:32
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In den Zeiten des USA-China-Handelskonflikts und der Corona-Krise greift der lange Arm Pekings in Hongkong durch. China nutze das Zeitfenster rund um die Corona-Krise, um seine Macht in Hongkong mit den umstrittenen Sicherheitsgesetzen zu festigen. Die Massenproteste haben rein gar nichts verhindert. Mit den nun aktivierten neuen chinesischen Sicherheitsgesetzen in Hongkong sollten die Tage eines „freien Hongkongs“ gezählt sein. Dieser Fall Hongkong zeigte eindrucksvoll und tragisch zugleich, wie hochgradig autoritär Peking in Hongkong vorgeht und keinerlei demokratische Grundsätze mehr gelten lassen will. Was noch vor dem Handelskrieg und der Corona-Krise nach „Ein Land und zwei Systeme“ in Bezug auf Hongkong aussah, hat sich nun schlagartig geändert. China hat Fakten geschaffen. Dies erzürnt auch die US-Regierung, die prompt mit Sanktionen und Gegenmaßnahmen reagierte. Während Peking agiert, können die USA nur noch reagieren. Auf eine gewisse Weise testet China nun mit dem harten Durchgriff in Hongkong nicht nur die USA, sondern auch die internationale Gemeinschaft, wie weit der Arm Pekings auf Widerstand trifft. Dies wäre besonders im Hinblick auf die Sicherheit Taiwans, die Vorgänge rund um die Paracel-Inseln und auch die stetigen Verletzungen von Hoheitsrechten gegenüber Japan, Vietnam oder den Philippinnen auch im Kontext zu erwähnen. Insgesamt ist es also nicht nur eine Zeit enorm wirtschaftlicher Anspannung wegen des USA-China-Handelskonfliktes, sondern auch unter militärischen Aspekten ein hochgefährliches Säbelrasseln im südchinesischen Meer bis hin zum Pazifik zwischen den beiden Großmächten China und den USA. Diese aktuelle Zeit erinnert stark an den Kampf der Systeme zwischen den USA und der Sowjetunion. Der „kalte Krieg“ könnte sich nun wiederholen. Dieses Mal wäre es ein Kampf der USA gegen China. Doch vor allem könnte es ein Kampf sein, in dem es eigentlich darum geht, wer künftig die Nummer 1 in der Welt sein wird (und dies nicht nur auf die wirtschaftliche Leistung bezogen).
Die Massenproteste in Hongkong haben leider rein gar nichts verhindern können.
Chinas Tentakel greifen durch gesamt Asien bis nach Europa hinein – Projekt „Neue Seidenstraße“
Chinas Banken schieben Milliardensummen in riesige internationale Infrastrukturprojekte. Mit chinesischem Staatskapital werden in Asien, Afrika und Europa in mittlerweile rund 70 Ländern Flughäfen, Seehäfen, Straßen und Zugstrecken gebaut und somit Handelsrouten für den Landweg und Seeweg bis ins letzte Detail konzipiert. Die meisten Großprojekte werden zudem von chinesischen Großkonzernen gestemmt. Das Seidenstraßen-Projekt ist somit Chinas Variante von modernem Imperialismus, Globalisierung und totaler Finanzkontrolle in einem Atemzug und bindet die in die Projekte eingebundenen Länder nahezu knebelhaft an Peking. China wird den Einfluss in diesen Ländern somit dramatisch ausweiten. Diese Abhängigkeit erstreckt sich übrigens bis nach Europa und auch direkt in die Europäische Union hinein, was anhand der Beispiele Griechenland und auch Italien bereits erkennbar wird.

USA-China-Handelsbilanzdefizit sinkt tatsächlich, doch um welchen Preis?
US-Präsident Trump ist 2016 angetreten das Handelsbilanzdefizit zwischen den USA und China massiv zu senken. Seit Januar 2017 ist er der 45. US-Präsident. Kann man anhand der US-Handelsbilanzdaten bereits Erfolge ablesen? Im Jahr 2017 betrug das Handelsbilanzdefizit mit China 375,17 Milliarden US-Dollar, in 2018 418,95 Milliarden US-Dollar, in 2019 ging es auf 345,20 Milliarden stärker zurück. In erster Linie sank das Defizit aufgrund der massiven US-Strafzölle auf chinesische Wahren, doch insgesamt wurde auch wesentlich weniger gehandelt, was eigentlich nicht gerade von wirtschaftlichem Interesse sein kann. Überhaupt schrumpft der US-Export nach China seit 2017. Um genau zu sein lag das US-Exportvolumen in 2017 bei 130,00 Milliarden US-Dollar, in 2018 bei 120,29 Milliarden US-Dollar und in 2019 nur noch bei 106,45 Milliarden US-Dollar. Seit Jahren fallen die US-Exportvolumina also. Auch in 2020 sieht es bis dato nach einem weiteren Rückgang aus, denn bis zum Mai lag das US-Exportvolumen bei 40,25 Milliarden US-Dollar (im Vergleichszeitraum 2019 standen 42,72 Milliarden US-Dollar zu Buche). Das US-Handelsbilanzdefizit mit China baut sich folglich tatsächlich derzeit ab, doch um welchen Preis. In den ersten Monaten bis zum Mai 2020 hat sich das US-Handelsbilanzdefizit mit China nochmals verringert. Mit dem Stand der Mai-Daten 2020 betrug es insgesamt 103,32 Milliarden US-Dollar. Die Juni-Daten werden am 05. August erwartet. Wer sich die US-Handelsbilanzdaten generell betrachtet, der registriert sofort, dass China für das hohe US-Handelsbilanzdefizit zu einem hohen Anteil verantwortlich zeichnet, denn die USA haben zwar mit sehr vielen Ländern ein Handelsbilanzdefizit, doch nicht in diesem Ausmaß. Das gesamte US-Handelsbilanzdefizit in 2018 betrug 579,937 Milliarden US-Dollar und in 2019 576,865 Milliarden US-Dollar. Eine große Änderung ist hier abschließend also nicht zu konstatieren. In den ersten fünf Monaten in 2020 jedoch ist ein starker Rückgang festzustellen, der neben den Auswirkungen des Handelskonflikts hauptsächlich auf die Corona-Krise zurückzuführen sein dürfte.
Donald Trump auf dem Cover von Esquire nach dem Treffen mit dem chinesischen Präsident Xi Jinping.
US-BIP wird in 2020 massiv schrumpfen – China dürfte hingegen minimal wachsen
Die im Juni nochmals nach unten revidierte Konjunkturprognose des IWF weist einen enormen Verlier auf, es sind die USA. In den USA wird es zu einer brutalen Rezession in 2020 kommen, das BIP schrumpft der IWF-Prognose zufolge um 8,0 Prozent (die Eurozone soll um 10,2 Prozent im Vergleichszeitraum schrumpfen). China hingegen könnte mit einem Prozentpunkt sogar wachsen und kommt beinahe mit einem blauen Auge davon, doch das durch Peking konzertierte Planwachstum betrug sonst über 6 Prozent. Dennoch muss festgestellt werden, dass China hier im Vergleich zu allen wichtigen Wirtschaftsnationen und Wirtschaftsregionen eine Outperformance aufweist und das obwohl China der Ausgangsort der Corona-Pandemie war. Und ganz besonders heftig wirkt auch die Prognose für das Jahr 2021, denn den USA schreibt der IWF ein BIP-Wachstum von 4,5 Prozent zu, während China um satte 8,2 Prozent wachsen soll.

China bis 2030 auf dem Weg zur Nummer 1 – kein besonders langer Marsch mehr
Sichtet man die US- und China-Wirtschaftsdaten, so könnte es auf Basis der BIP-Daten noch nicht einmal eine Dekade dauern, bis die USA mit einem 2019er-BIP von 21,428 Billionen US-Dollar eingeholt werden. In 2019 jedenfalls betrug das China-BIP „noch“ 14,343 Billionen US-Dollar (zum Vergleich: Deutschland-BIP 2019 betrug 3,846 Billionen US-Dollar). Ob man nun ältere BIP-Projektionen aus den Jahren 2017, 2018, 2019 oder künftige nach der Corona-Pandemie 2020 aus dem Hut zaubert, im Jahr 2030 jedenfalls dürfte China die USA in Bezug auf das BIP dennoch überholt haben. Daran wird wohl auch der Handelskonflikt zwischen Peking und Washington und auch die Corona-Pandemie nicht viel rütteln.

Corona-Crash fegt global über 18 Billionen US-Dollar Marktkapitalisierung weg
Zum Ende des Jahres 2019 betrug die globale Marktkapitalisierung 93,328 Billionen US-Dollar. Mit dem Ende des ersten Quartals 2020 lag diese nur noch bei 73,14 Billionen US-Dollar. Das sind 19,18 Billionen weniger. Allein in den Monaten Februar und März 2020 reduzierte sich die globale Marktkapitalisierung um mehr als 18 Billionen US-Dollar. In den nächsten Monaten und Jahren könnte an den globalen Kapitalmärkten eine schrittweise Verlagerung hin zu den asiatisch-pazifischen Börsen zu beobachten sein. Dem Börsenplatz Hongkong wird dabei übrigens neben den weiteren chinesischen Börsenplätzen in Shanghai und Shenzhen eine zentrale Rolle zugeschrieben, denn die Börse in Hongkong gilt als Chinas Tor zum internationalen Kapitalismus.

Chinas Börsen holen zwar auf - USA haben aber noch meilenweit die Nase vorn
Die Marktkapitalisierung im Mai 2020 im Vergleich zum Mai 2019 konnte an der US-Technologiebörse NASDAQ um 27,5 Prozent auf 13,848 Billionen US-Dollar zulegen, die an der NYSE verlor in diesem Zeitraum um 8,0 Prozent auf 21,001 Billionen US-Dollar. Im gleichen Zeitraum stieg die Marktkapitalisierung an der Börse in Hongkong um 10,8 Prozent auf 4,385 Billionen US-Dollar (auch der massive Protest der Demokratiebewegung in Hongkong und selbst die Corona-Pandemie konnte diesen Aufwärtstrend nicht wesentlich stoppen). In Shanghai stieg die Marktkapitalisierung um 6,3 Prozent auf 4,902 Billionen US-Dollar und in Shenzhen sogar um 18,7 Prozent auf 3,517 Billionen US-Dollar an. Die drei wichtigen chinesischen Börsenstandorte Hongkong, Shanghai und Shenzhen bringen es somit auf eine Gesamtmarktkapitalisierung von 12,804 Billionen US-Dollar. Die NASDAQ und NYSE haben mit einer Gesamtmarktkapitalisierung in Höhe von 34,849 Billionen US-Dollar also noch mächtig die Nase vorne. Eine Garantie, dass dies so bleibt ist das aber bei weitem nicht, denn Washington treibt chinesische Großkonzerne regelrecht dazu in Hongkong Zweit-Listings zu initiieren oder dem US-Kapitalmarkt eventuell komplett den Rücken zu kehren. Aufmerksamkeit in der Börsenwelt erlangte man in Hongkong zudem, als die Hongkonger Börse „HKEX“ (Hongkong Exchanges and Clearing) die Londoner Börse „LSE“ (London Stock Exchange (LON:LSE)) ein Übernahmeangebot in Höhe von 39 Milliarden US-Dollar machte.

Fazit:
Es ist wohl kaum mehr die Frage ob, sondern wann Chine den Wirtschaftskrieg für sich entscheiden würde.
Anhand der hier einzelnen Ausführungen zum Bereich US-Handelsbilanzdefizit mit China, BIP-Prognosen des IWF in Bezug auf die USA und China und auch einiger Ausführungen zu Chinas Geopolitik scheint Chinas Aufstieg kaum zu bremsen sein. Es wird also letztlich nicht die Frage sein, inwieweit die USA den Wirtschaftskrieg gegen China für sich entscheiden können, sondern wie lange sie dazu in der Lage sind, China auf Abstand zu halten und die weltweit größte Volkswirtschaft bleiben zu können. Derzeit werden dazu aufgrund der Corona-Pandemie in den USA auch die Weichen gestellt, wie schnell es China gelingen könnte, die USA als Nummer 1 abzulösen. Der ausreichende Abstand der US-Wirtschaft gegenüber der chinesischen Wirtschaft steht und fällt also mit einer erfolgreichen Bekämpfung des Corona-Virus. Die Covid19-Neuinfektionsraten nahmen in den letzten Wochen in den meisten US-Bundesstaaten dramatisch zu. Um ein weiteres enormes Abgleiten der US-Wirtschaft zu unterbinden, kann nicht nur auf die Hilfe der Federal Reserve und einem Stimulus nach dem anderen seitens der US-Regierung gezählt werden. Die US-Wirtschaft wird letztlich nur wieder Fahrt aufnehmen können, wenn sie auch wieder in allen Bundesstaaten läuft. Dem ist bis dato leider nicht so. Anstatt einer breiten Wiedereröffnung der US-Wirtschaft, tritt man in vielen US-Bundesstaaten (tragischer Weise aufgrund der vielen neuen Covid19-Fälle) bei der Wiedereröffnung notgedrungen auf die Bremse oder initiiert sogar gezwungenermaßen wieder Beschränkungen oder gar partielle „Lockdowns“. Eines wird in der Zeit der Corona-Pandemie besonders deutlich, denn gerade jetzt kann Peking seinen Systemvorteil besonders stark ausspielen. Wir könnten somit nun Zeitzeugen werden, wie die globale Führungsrolle in Bezug auf die Wirtschaft und möglicherweise auch in Bezug auf das Militär von Washington auf Peking übergeht. So ein Vorgang des schrittweisen Machtverlustes ist in der Geschichte nicht ungewöhnlich – das „British Empire“ kann ein Lied davon singen.

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