Technologie-Aktien (NYSE:XLK) sind wieder hoch bewertet, vor allem das Thema Künstliche Intelligenz treibt den Sektor an. Warum es höchste Zeit ist, das Engagement in diesem Segment zu überdenken und jetzt vor allem defensiv zu investieren.
Mit diesem dynamischen Start in das Börsenjahr hatten zuvor nur die Wenigsten gerechnet: Aktienindizes wie DAX oder Nasdaq notieren nahe ihrer Allzeithochs. Rezessionssorgen und Zinserhöhungen der Notenbanken konnten die Euphorie nicht bremsen. Dabei waren es vor allem die Tech-Werte, die den Aktienmarkt beflügelten. Vor allem der Hype um Künstliche Intelligenz, kurz KI, trieb die Bewertungen hoch – zu hoch in meinen Augen.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: KI ist eine sehr vielversprechende Zukunftstechnologie und ihr Siegeszug wird kaum aufzuhalten sein. Es wird viele nützliche Anwendungen geben, etwa in der Medizin, der Logistik, der Finanzbranche oder der Kommunikation. Die KI wird die Menschen entlasten und von vielen sich wiederholenden Tätigkeiten befreien, so dass diese sich wichtigeren Aufgaben zuwenden können. KI wird die Automatisierung vorantreiben, Skaleneffekte in Produktionsbetrieben heben und auch einen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leisten. KI könnte insofern sogar Inflationsdämpfend wirken, wenn Produkte und Dienstleistungen durch sie günstiger werden. All diese Hoffnungen sind aus meiner Sicht gerechtfertigt.
Aber: Was an den Börsen mit den Aktien hinter dieser aussichtsreichen Technologie aktuell geschieht, ist kein KI-Hype mehr, sondern eine KI-Hysterie. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die in den Börsenkursen eingepreiste Gewinnentwicklung der KI-Aktien so eintreten wird. Das zeigt sich auch in den Auswüchsen: Nvidia (NASDAQ:NVDA) hat sich seit dem letzten Tief vervierfacht und ist nach Kurs-Umsatz-Verhältnis das teuerste Unternehmen der Welt. Oder Microsoft (NASDAQ:MSFT): Der Software-Gigant kündigt seinen Co-Piloten auf KI-Basis für das Office-Paket an, der 30 Euro im Monat kosten soll, und der Börsenwert von Microsoft schnellte binnen eines Tages um 180 Milliarden Dollar in die Höhe. Ich bin sehr skeptisch, dass Microsoft mit einer intelligenten Hilfe-Funktion derart viel Geld in ein paar Jahren verdienen kann. Auch die Tatsache, dass Unternehmen nur das Kürzel KI oder AI in ihren Firmennamen übernehmen müssen und dafür an der Börse sofort deutlich höher bewertet werden, deutet eher auf ein Spekulationsblase hin.
Die Aktienkurse der vermeintlichen KI-Gewinner halte ich für übertrieben. An der Nasdaq ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis bereits wieder auf dem Niveau vom November 2021. Damals kam es kurz nach Ausbildung dieser Spitzen zu massiven Kursverlusten bei Tech-Werten. Das könnte Anlegern nun erneut drohen. Außerdem lehrt uns das auch die Geschichte. Egal, ob bei Dampfmaschine, Eisenbahn oder der Dot-com-Blase um die Jahrtausendwende: Immer kam es an der Börse nach dem Hype zunächst zur Ernüchterung. Der Markt unterzog die Boombranchen jedes Mal einem Realitätscheck und stellte fest: So schnell werden sich die astronomischen Gewinnchancen nicht manifestieren und längst nicht alle Wettbewerber werden profitieren, zumal so ein Hype auch eine Menge neuer Wettbewerber auf den Plan ruft.
Zwar gingen aus jedem Hype auch substanziell bedeutende Unternehmen hervor, etwa Amazon (NASDAQ:AMZN) oder Google (NASDAQ:GOOGL) aus der Dot-com-Ära. Das wird in zehn Jahren auch im Themenfeld KI so sein. Aber es wird eben deutlich länger dauern, als uns die vielen Vorschusslorbeeren für die KI-Branche derzeit glauben machen wollen. Die zeitweise vertikalen Kursverläufe der KI-Favoriten Nvidia, Microsoft und Meta (NASDAQ:META) dürften jedenfalls noch ein böses Nachspiel haben.
Deshalb ist es aus meiner Sicht jetzt ein guter Zeitpunkt, sich von den KI-Gewinnern sowie den großen Tech-Werten zu trennen und Gewinne zu realisieren. Außerdem sollten Anleger damit rechnen, dass es an der Börse noch in diesem Jahr zu ein paar bösen Überraschungen kommt. Denn allmählich zeigen sich die Belastungen durch die gestiegenen Zinsen bei Unternehmen. Kommt es vermehrt zu Gewinnwarnungen, werden die Konjunkturprognosen Lügen gestraft. Die Hoffnung auf ein „Soft Landing“ der Wirtschaft könnte sich als trügerisch erweisen.
Anleger sollten lieber rechtzeitig in defensive Investments umschichten. Dazu zählen derzeit vor allem Anleihen, deren Zinsen die langfristigen Inflationserwartungen wieder übersteigen. Auch Aktien des nicht-zyklischen Konsums bieten sich bei unsicherer Konjunkturlage an, also beispielsweise Lebensmittel- oder Pharmaaktien. Und sollte sich China aufgrund der deutlichen Konsumzurückhaltung dort gezwungen sehen, ein Konjunkturprogramm zur Belebung der Binnennachfrage aufzulegen, sind auch Rohstoffaktien wie die großen Bergbaukonzerne sicher nicht falsch.
Im Tech-Sektor sollten Anleger allerdings zunächst eine deutliche Korrektur abwarten, bevor sie wieder einsteigen. Wer weiß, vielleicht wird uns bald eine KI über den idealen Zeitpunkt zum erneuten Einstieg informieren. Aber noch ist es nicht so weit.
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