Nach einem massiven Einbruch von ihrem Juni-Hoch, der ihren Kurs um mehr als 20% in die Tiefe riss, könnte man die Intel-Aktie als attraktiv ansehen. Aber handelt es sich hier wirklich um eine Kaufgelegenheit oder eher um Anzeichen auf weiteren Ärger in der Zukunft?
Bevor wir Probleme spezifisch für das Unternehmen diskutieren werden, die den Aktienkurs des zweitgrößten Halbleiterherstellers der Welt nach unten gedrückt haben, sollte man sich klar machen, dass die Nachfrage nach Speicherchips hochgradig zyklisch ist. Die Industrie hat viele Boom-Bust-Zyklen hinter sich.
Der jüngste Bullenmarkt wurde von neuen Feldern der digitalen Wirtschaft befeuert, wie der explodierenden Nutzung von Smartphones, Cloudcomputing, gewaltige Investitionen in Datenzentren durch die größten Technologieunternehmen der Welt und der Nutzung von Chips im Kryptomining. Die Nachfrage nach Speicherchips war derart stark, dass die Kurs von Intels (NASDAQ:INTC) Konkurrenten Nvidia (NASDAQ:NVDA) und Advanced Micro Devices (NASDAQ:AMD) in den letzten drei Jahren durch die Decke geschossen sind.
Klare Anzeichen auf schwächere Nachfrage
Aber es gibt zusehends Anzeichen darauf, dass der jüngste Nachfrageboom sich seinem Ende nähert und die Chiphersteller schon bald von einer Überproduktion heimgesucht werden könnten, als die Lagerbestände steigen und die Preise nachgeben. Das sind klassische Indikatoren für einen Abschwung in jeder Industrie.
Nvidia sagte im vergangenen Monat, dass die Verkäufe von Grafikchips an Erzeuger digitaler Münzen wie Ethereum schneller gesunken sind, als das Unternehmen dies erwartet hatte. Nvidia, das für das zweite Geschäftsquartal mit Chipverkäufen in Höhe von rund 100 Mio USD an die Kryptominer gerechnet hatte, sagte, dass das Segment in Zukunft völlig verschwinden könnte.
Eine andere Nachricht gab es in diesem Monat vom Halbleiterindustrieausrüster KLA-Tencor (NASDAQ:KLAC), der sagte, das Unternehmen sehe sich einer “Dürre” bei den Auslieferungen von Speicherchips gegenüber und das eine Erholung vielleicht nicht so stark sein werde, wie erwartet. Die Aktie von KLA-Tencor fiel am Tag des Statements um rund 10%.
Wir werden Neues zu den Fundamentaldaten des Marktes erfahren, wenn Micron Technology (NASDAQ:MU) am heutigen Donnerstag seine neuesten Quartalszahlen vorlegen wird.
Verzögerungen, Führungslücke könnten großen Ärger für Intel bedeuten
Neben schwächerer Daten der gesamten Branche hat Intel auch einige hausgemachte Probleme. Eine der größten Belastungen für den Aktienkurs ist, dass es bei der Einführung neuer Technologie zurückfällt, etwas von dem viele Analysten glauben, dass dies einer der hauptsächlichen Wachstumstreiber sein sollte. Das Unternehmen sagte Ende Juli, dass seine neuen 10 Nanometer Chips erst Ende des nächsten Jahres herauskommen werden, was Sorgen auslöste, dass die Konkurrenz Vorteile aus der Verzögerung ziehen und weitere Marktanteile gewinnen könnte.
Vivek Araya, ein Analyst bei Merrill Lynch, stufte Intel nach der Ankündigung herunter und sagte, dass die Verzögerungen den Konkurrenten wie Taiwan Semiconductor Manufacturing (NYSE:TSM), AMD, Nvidia und Xilinx (NASDAQ:XLNX) die Chance gäbe, Intel “zu überspringen”, indem sie ihre billigeren und leistungsfähigeren Chips auf den Markt werfen.
Ein weiterer Faktor, der die Investoren zögern lässt, ist das Fehlen eine permanenten CEOs, nachdem der letzte, Brian Krzanich im Juni seinen Hut nehmen musste, als bekannt wurde, dass er eine Affäre mit einer Untergebenen hatte, was die Unternehmensregeln verletzt. Der Rausschmiss ließ Sorgen über ein Vakuum an der Konzernspitze aufkommen, was es Intel weiter erschweren könnte, seine Produktionsprobleme in den Griff zu bekommen, gerade wenn die Konkurrenz sich anschickt, seine Dominanz bei Computerchips in Frage zu stellen.
Trotz dieser Probleme wächst Intel allerdings weiter. Den neuesten Zahlen nach, sagt die Firma einen Anstieg des Umsatz im laufenden Quartal auf 18,1 Mrd USD voraus, was den Durchschnitt der Analystenschätzungen übertreffen würde. Für das Gesamtjahr rechnet Intel mit einem Rekordumsatz von 69,5 Mrd USD.
Unterm Strich
Nach einem fast 20 prozentigen Kursrutsch von dem Gipfel in diesem Jahr, sehen Intel Anteile, die gestern den Handel zu 46,15 USD beendeten, geradezu billig. Mit einem vorwärts gerichteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 10,8 und einer Dividendenrendite von etwa 2,64% sieht Intel sehr verlockend für Langzeitinvestoren aus.
Allerdings, das größte Risiko für diese attraktive Bewertung kommt von einer möglichen Nachfrageflaute, die gerade vor der Tür stehen könnte. In dieser Phase des Zyklus, wenn die Chiphersteller Anzeichen eines Höhepunkts zeigen und Warnlampen aufleuchten, sehen wir das Risiko-Gewinn-Verhältnis als nicht genügend verlockend an, um diese Wette einzugehen.
Sollten Sie nicht schon Intel im Depot haben, dann ist es besser sich erst einmal zurückzuhalten, bis das Unternehmen erfolgreich seine derzeitigen Probleme gemeistert hat. An diesem Punkt sollte dann auch der Chipmarkt wieder besser laufen.