Das war ein starker Vertrauensbeweis: Trotz der hohen Verschuldung ging die am 03. Juni emittierte zehnjährige Staatsanleihe aus Italien weg wie warme Ciabatta. Die Emission im Volumen von 14 Milliarden Euro stieß auf so lebhaftes Interesse bei Investoren, dass die mit der Ausgabe beauftragten Banken am Ende 108 Milliarden Euro in ihrem Orderbuch stehen hatten. Das war das größte Nachfragevolumen für einen einzigen Schuldschein in der Geschichte des Landes.
Ausgestattet ist die Staatsanleihe mit einem Kupon in Höhe von 1,65 Prozent und einer Laufzeit bis Dezember 2030. Weil der Ausgabekurs knapp unter Nennwert lag, ergab sich eine Emissionsrendite von 1,71 Prozent. Ein Großteil der Investoren dürfte an der festen Verzinsung interessiert sein. Wer das Papier bis zum Ende hält, streicht jährlich Zinsen ein, die deutlich oberhalb der aktuell angebotenen Sätze für Tages- und Festgeld liegen. Solche Zahlen machen BTPs, so der Name für italienische Staatsanleihen, als Portfolio-Beimischung auch für private Anleger attraktiv.
Perfektes Timing des Stiefelstaats
Der Zeitpunkt für die Emission war gut gewählt: Einen Tag zuvor hatte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals ihre Anleihekäufe im Rahmen ihres Pandemie-Krisenprogramms PEPP aufgeschlüsselt. Was Kritiker der Maßnahme bereits geahnt hatten, bekamen die Investoren nun schwarz auf weiß: Von den insgesamt erworbenen Anleihen aller Euro-Staaten seit Auflage des Programms am 18. März entfiel ein überproportional großer Teil auf den Stiefelstaat – nämlich 21,6 Prozent. Erst mit großem Abstand folgen französische Schuldtitel. Die größte Quote entfällt auf deutsche Anleihen.
Ebenfalls zum ersten Mal ist die EZB bei ihren Anleihekaufaktionen vom EZB-Kapitalschlüssel abgewichen. Er entspricht den Anteilen der nationalen Notenbanken an der Zentralbank. Seine Höhe errechnet sich zu gleichen Teilen aus der Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft des jeweiligen Euro-Landes. Der Kapitalschlüssel für die Banca d’Italia liegt bei 17 Prozent. Damit hat die EZB für 4,6 Prozentpunkte mehr italienische Staatsanleihen gekauft, als der Schlüssel vorsieht. Als Begründung verweist die Notenbank insbesondere auf die Corona-Krise, die Italien besonders schwer getroffen hat.
Das Eingreifen der Notenbank zeigt: Die EZB will Italien mit aller Macht wieder auf Kurs bringen. Letztlich sorgte eben diese Rückendeckung dafür, dass die Emission der zehnjährigen Italien-Anleihe auf eine rekordhohe Nachfrage stieß. Als die EZB am 4. Juni dann auch noch bekanntgab, das Anleihekaufprogramm PEPP um 600 Milliarden Euro auf jetzt 1.350 Milliarden Euro aufzustocken und die Laufzeit von Ende 2020 bis mindestens Ende Juni 2021 zu verlängern, zogen die Kurse italienischer Bonds an. Dass die Kurse Boden gut machten, fußt vor allem auf der Annahme, dass die EZB künftig wohl noch viel mehr italienische Schuldtitel kauft.
Attraktive Verzinsung und Chance auf Kursgewinne
Aufgrund der EZB-Entscheidung dürfte das Zinsniveau Italiens tendenziell weiter sinken beziehungsweise die Kurse der BTPs tendenziell weiter steigen. Am Rentenmarkt bewegen sich Kurs und Rendite systembedingt entgegengesetzt. Für kurz- und mittelfristig orientierte Investoren im Besitz von Italien-Anleihen eröffnet sich zusätzlich zu der festen Verzinsung die Chance auf Kursgewinne – vorausgesetzt, es kommt zu keiner erneuten Krise. Eine zweite Virus-Welle zum Beispiel könnte zwischenzeitlich zu weiteren Turbulenzen an den Märkten führen. Auch, um für solche Fälle gewappnet zu sein, hat die EZB ihr Anleihekaufprogramm PEPP aufgestockt.
Abwärtstrend könnte anhalten
Ohnehin sind immer mehr Marktbeobachter der Meinung, dass die Notenbanken weltweit auf eine Politik der Zinskurven-Kontrolle zusteuern. Schließlich sitzt nicht nur Italien auf einem hohen Schuldenberg von gut 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), sondern zahlreiche weitere Staaten. Frankreichs Schulden zum Beispiel steigen rasch und erreichen bald 100 Prozent des BIPs. Die USA sind bei 108 Prozent. Die Zweifel wachsen, dass hochverschuldete Staaten durch Wachstum und Inflation ihre Schuldenberge auch nur halbwegs abtragen können. Um Staatspleiten zu verhindern, so die These von der „Yield Curve Control“, könnten Notenbanken die Zinsen auf sehr tiefen Niveaus quasi einfrieren.
BTP Futura: Eine Wette auf Italiens Wirtschaftswachstum
Auch vor diesem Hintergrund sind Anleihen mit hohen Kupons wie das jüngst emittierte 1,65-Prozent-Papier Italiens bei Investoren so begehrt. Ausschließlich für Privatanleger bringt Italien vom 6 bis 10. Juli die Anleihe „BTP Futura“ auf den Markt. Mit dem Erlös sollen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise finanziert werden. Das kündigte das italienische Schatzamt am 8. Juni an. Neu ist, dass die Rendite des acht- bis zehnjährigen Papiers im Zeitablauf steigen soll. Je stärker das Wirtschaftswachstum Italiens, desto höher die Prämie.