Der DAX hält sich nun schon in der dritten Woche in Folge an ein ganz bestimmtes Kursmuster: Von montags bis donnerstags konsolidiert der Index die Kursgewinne, die ihn freitags zuvor jeweils auf ein neues Erholungshoch getrieben haben. Dabei ist die Volatilität aktuell sehr gering. Vorgestern betrug die Handelsspanne zum Beispiel weniger als 80 Punkte, gestern waren es nur rund 90 Zähler.
Klar bullishe Signale im DAX
Grundsätzlich ist dieses Kursverhalten durchaus bullish zu werten. Denn durch die nur moderaten Kursrücksetzer, die im Rahmen der Konsolidierungen auf die vorangegangenen Kursanstiege folgen, liegen höhere Hochs und höhere Tiefs vor. Und damit haben wir es seit dem Korrekturtief mit einem klaren Aufwärtstrend zu tun (grün im Chart).
Zudem fällt die Konsolidierung der laufenden Woche (gelbe Ellipse) mit einer (rot gestrichelten) Konsolidierungslinie zusammen, womit sie aus Sicht der Target-Trend-Methode idealtypisch ist. Dabei hat der DAX heute die zurückeroberte Rechteckgrenze bei 11.170 Punkten von oben getestet und diese bislang erfolgreich verteidigt. Charttechnisch erscheint also derzeit alles auf bald wieder steigende Kurse hinzudeuten.
Gewinnerwartungen 2019 sprechen für DAX- bzw. Euro-Aktien
Und auch fundamental gäbe es gute Gründe für einen steigenden DAX. Denn immerhin gehen Analysten derzeit davon aus, dass die Gewinne der Unternehmen in Deutschland in diesem Jahr um fast 10 % wachsen (siehe folgende Grafik). Noch höheres Gewinnwachstum wird nur für Lateinamerika und die Schweiz erwartet. Für die Eurozone sind sie lediglich etwas weniger optimistisch. Aber auch dieses Wachstum läge noch über dem der US-Unternehmen, was im vergangenen Jahr bekanntlich noch ganz anders aussah. Denn hier sind die Gewinnerwartungen inzwischen weiter gesunken auf aktuell nur noch etwas mehr als +6 %. (Angesichts des Brexit-Chaos ist es kaum verwunderlich, dass man in Großbritannien dagegen noch kleinere Brötchen backen muss.)
(Quelle: Berenberg, FactSet)
Hinzu kommt, dass sich DAX und Euro Stoxx 50 im vergangenen Jahr deutlich schlechter entwickelt haben als die US-Indizes und auch dadurch nun günstiger bewertet sind als US-Werte.
(Quelle: Berenberg, Bloomberg)
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist sowohl für europäische als auch für US-Aktien unter ihre historischen Durchschnitte gefallen (siehe Grafik). Beide Aktienregionen sind also billig im Vergleich zur jeweils eigenen KGV-Historie, doch der Abschlag beim Euro STOXX 50 ist aktuell größter.
Bewertungsabschlag bei Euro-Aktien ist gerechtfertigt
Gewöhnlich würde ich daher nun wieder dazu aufrufen, in heimische und günstig bewertete (Euro-)Werte zu investieren. Aber es gilt zu berücksichtigen, dass der Bewertungsabschlag nicht von ungefähr kommt. Stattdessen ist er den Anzeichen für eine nachlassende wirtschaftliche Aktivität im Eurogebiet geschuldet. Während hierzulande die Einkaufsmanagerindizes eher immer stärker Moll-Töne senden, zeigte sich der Index für die USA mit einem Wert von 54,5 Punkten im Januar zuletzt sogar wieder etwas stärker.
Hier kann also nicht von einer Wachstumsabschwächung, sondern nach den Steuereffekten des vergangenen Jahres eher von einer Wachstumsnormalisierung die Rede sein. Denn immerhin zeigt der aktuelle Indexwert eine jährliche Wachstumsrate für die US-Wirtschaft von 2,5 % an. Davon kann die Eurozone derzeit nur träumen.
Der Aktienmarkt als Spiegel der Realität
Der Aktienmarkt ist damit also derzeit ein sehr guter Spiegel der Realität: Die Euro-Aktien haben im vergangenen Jahr stärker verloren als die US-Pendants, was am klar schwächeren Gewinnwachstum lag. Nun sind diese dadurch günstiger bewertet, was man aber auf die trüberen Wirtschaftsaussichten zurückführen kann.
Wie sind die aktuellen Gewinnerwartungen einzuordnen?
Stellt sich nun lediglich die Frage, wie die unterschiedlichen Gewinnerwartungen dazu passen. Denn angesichts ihres höheren Gewinnpotentials müssten Euro-Aktien ja nun eigentlich US-Aktien outperformen. Doch die Antwort auf diese Frage lautet, dass sich das geringere Gewinnwachstum der US-Unternehmen auf eine höhere Basis bezieht. Denn schließlich sind die Unternehmensgewinne in den USA im vergangenen Jahr um rund 20 % gestiegen, während die der Eurozone nur halb so stark zulegten. Und von dieser unterschiedlichen Basis geht nun das Wachstum im laufenden Jahr aus. Trotz des höheren Wachstums werden die Gewinne der Euro-Unternehmen also am Ende des Jahres noch nicht so hoch ausfallen wie die der US-Unternehmen.
Fazit
Da sowohl US- als auch Euro-Aktien eine Bewertung unterhalb der jeweiligen KGV-Historie haben, kann man als Investor ruhigen Gewissens derzeit zu beiden greifen. Bei US-Aktien gilt es als Euro-Anleger allerdings noch den Wechselkurseffekt zu beachten.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus