Der Goldpreis ist allein in diesem Jahr um mehr als 20 Prozent gestiegen und notiert nun bei mehr als 2.500 Dollar je Feinunze. Und das dürfte längst noch nicht das Ende sein: Mehr denn je spricht jetzt alles für eine Fortsetzung der Goldrally.
Das kam für viele überraschend: Am 20. August, gerade mal zwei Wochen nach den heftigen Börsenturbulenzen, erreicht der Goldpreis ein neues Allzeithoch: Rund 2.514 Dollar standen nach Handelsschluss für eine Feinunze Gold auf der Anzeigetafel. Im Tagesverlauf hatte das Edelmetall sogar vorübergehend bei mehr als 2.530 Dollar gestanden. Noch nie war Gold so wertvoll wie heute.
Anleger, die diese Rally mitgemacht haben, können sich freuen. Aber auch wer Gold erst jetzt kauft, nachdem der Goldpreis bereits am Allzeithoch notiert, macht wahrscheinlich nicht allzu viel falsch. Denn zurzeit sprechen viele Marktindikatoren und -signale dafür, dass der Goldpreis in diesem Jahr noch immer Luft nach oben hat. Einige Investmentbanken und Goldanalysten sehen für das laufende Jahr noch Potenzial bis 2.700 Dollar je Feinunze, andere sogar darüber hinaus. Die vor einigen Monaten an dieser Stelle kommentierte Aussicht auf einen Preis von 3.000 Dollar je Feinunze könnte in nicht allzu ferner Zukunft schon Wahrheit werden.
Warum? Dazu ein kleiner Rückblick auf die Beweggründe der Gold-Rekordjagd in den vergangenen sechs Monaten:
Nach einer Seitwärtsbewegung mit Preisen um die 2.000 Dollar je Feinunze startete Gold ab März so richtig durch. Das Edelmetall profitierte seitdem von zunehmender Unsicherheit der Anleger. Die geopolitischen Risiken nahmen durch Ukraine-Krieg und Israels Krieg gegen die Hamas eher zu als ab. Gleichzeitig schwelte der Konflikt um Chinas Ansprüche auf Taiwan weiter, Chinas Handelskonflikt mit den USA und anderen westlichen Industriestaaten spitzte sich durch neue Strafzölle weiter zu. Daneben erleidet China ein Konjunkturtief und fällt als Wachstumsmotor der Weltwirtschaft bis auf Weiteres aus. Die wachsende Unsicherheit trieb Anleger in Goldinvestments. Außerdem wurde der Goldpreis dadurch gestützt, dass Chinas Notenbank 18 Monate hintereinander große Mengen Gold gekauft hatte.
Inflations- und Konjunktursorgen haben den Goldpreis zusätzlich beflügelt. Da sich die Inflationsrate in einigen Ländern hartnäckiger zeigte, als zunächst angenommen, und überdies auch die konjunkturelle Entwicklung wackelig und schwach erschien, erwarteten immer mehr Marktteilnehmer Zinssenkungen der Notenbanken. Von all diesen Belastungsfaktoren für die Wirtschaft hat Gold profitiert, weil vor allem institutionelle Investoren zunehmend Gold kauften – um sich vor hoher Inflation, einem Konjunktureinbruch und einer Eskalation oder Ausbreitung der Kriege in Ukraine und Gaza zu schützen.
Fortsetzung der Goldpreis-Rally
In den vergangenen Wochen hat sich die Lage nicht gebessert. Inzwischen haben einige Notenbanken, darunter die Europäische Zentralbank (EZB), ihre Leitzinsen gesenkt, um die Konjunktur zu stützen. Insbesondere die US-Notenbank Fed hat sich lange zurückgehalten, Ende August aber endlich eine erste Leitzinssenkung bei der nächsten Notenbanksitzung am 18. September in Aussicht gestellt. An der Börse gehen viele Beobachter davon aus, dass weitere Zinssenkungen folgen werden – sowohl von der Fed als auch von der EZB.
Weil mit sinkenden Zinsen vermeintlich sichere Rentenpapiere weniger Rendite bieten, wird das unverzinste Gold als sicherer Hafen attraktiver. Da stört es die Anleger auch nicht, dass die Inflation noch immer nicht besiegt ist und oberhalb der Zielmarke von zwei Prozent verharrt. Sowohl die Inflation als auch sinkenden Zinsen lassen die Nachfrage nach Gold steigen.
Zudem haben die geopolitischen Risiken nochmals zugenommen. Israel und der Iran stehen kurz vor einem Krieg, der gesamte Nahe Osten ist in erhöhter Alarmbereitschaft. Daneben spitzt sich die Lage in der Ukraine weiter zu: Nach dem Vorstoß der ukrainischen Streitkräfte auf russisches Staatsgebiet hat Belarus seine Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Der Krieg könnte demnach immer größer werden. Und in den USA sah es lange so aus, als wäre Donald Trump der sichere Sieger, was weitere Nachteile für den Welthandel mit sich brächte. Das gescheiterte Attentat auf Trump hat die Anleger zusätzlich nervös gemacht und weitere Goldkäufe provoziert. Kurz nach dem Attentat erreichte Gold ein neues Allzeithoch.
Notenbanken und institutionelle Investoren kaufen weiter Gold
Zwar hat Chinas Notenbank ihre Goldkäufe vorerst eingestellt, doch gibt es laut einer Umfrage weltweit noch viele Notenbanken, die angesichts der Risiken weiter ihre Goldbestände aufstocken wollen. Nach einer Umfrage des Branchenverbandes World Gold Council planen 30 Prozent der Notenbanken weitere Goldkäufe, um sich vor Konjunktureinbrüchen, geopolitischen Risiken und Korrekturen am Aktien- und Anleihenmarkt zu schützen, sowie um US-Dollar-Reserven abzubauen. Beispielsweise hat die Notenbank Indiens allein im Juni 9,3 Tonnen Gold gekauft, die türkische Notenbank im laufenden Jahr sogar 43 Tonnen.
Vergleichbar verfahren nun auch Anlageprofis. Die Börsenturbulenzen Anfang August haben gezeigt, wie nervös die Märkte sind und dass sie scharfe Korrekturen am Aktienmarkt und sinkende Renditen am Rentenmarkt für möglich halten. In solchen Zeiten ist es opportun, aus Aktien und Anleihen in Gold umzuschichten, um das Verlustrisiko im Portfolio zu begrenzen. Da nun mit weiteren Zinssenkungen der US-Notenbank sowie anderer Zentralbanken zu rechnen ist, dürfte außerdem der US-Dollar gegenüber anderen Währungen abwerten. Damit einhergehend würde Gold für ausländische Käufer günstiger, was wiederum die Nachfrage stützen würde. Und in Dollar gerechnet wird eine schwächere US-Währung den Goldpreis ohnehin steigen lassen, da Gold auf dem Weltmarkt in US-Dollar bezahlt wird.
Im Moment sprechen also die geopolitischen Risiken, fortgesetzte Notenbankkäufe, bevorstehende Zinssenkungen, die weiterhin vorhandene Rezessionsgefahr, die Nervosität am Aktien- und Anleihemarkt und ein tendenziell schwächer werdender Dollar für einen weiteren Anstieg des Goldpreises. Unter dem Strich sind die Vorzeichen für Gold also sehr gut. Ein Goldpreis von 3.000 Dollar je Feinunze könnte damit schon bald in greifbare Nähe rücken.