Das Problem ist bekannt: Die EU bezieht den größten Teil des benötigten Galliums aus China. Die Volksrepublik verhängte jedoch zum 1. August Ausfuhrregelungen und reagierte damit auf westliche Exportbeschränkungen. Die Sorge: Untersagt China den Export eines Tages komplett, könnte hierzulande sofort ein drastischer Mangel zu wirtschaftlichen Einbußen führen.
Im Juli, kurz nachdem die Ausfuhrbeschränkungen China bekannt wurden, hat sich die EU-Kommission offenbar an verschiedene Unternehmen gewandt. Dazu gehört auch der griechische Mischkonzern Mytilineos.
Das "Handelsblatt" zitiert Evangelos Mytilineos, Chairman, CEO und Hauptaktionär der Mytilineos Holdings: "Im Juli hat sich die EU-Kommission mit der Frage an uns gewandt, ob wir in der Lage sind, Gallium zu produzieren". Die simple Antwort habe gelautet: Ja. Das Unternehmen könne den gesamten Galliumbedarf der EU decken.
Galliumproduktion wegen hoher Energiekosten unrentabel
Zur Mytilineos Holdings gehört der Aluminiumproduzent Aluminium of Greece. Dieser baut in der griechischen Provinz Böotien in mehreren Minen Bauxit ab. Das vor Ort geförderte Bauxit enthält auch Gallium. Gallium tritt typischerweise im Zusammenhang mit Bauxit, Aluminium und Zink auf. Der Galliumanteil liegt oft bei 0,1 %.
Dies macht Gewinnungsprozesse mit hohem Energieaufwand nötig. Da bislang günstige Importe aus China zur Verfügung stehen, haben sich die meisten europäischen Produzenten aus diesem Markt zurückgezogen. Mytilineos jedoch betreibt laut Handelsblatt seit einigen Jahren ein Pilotprojekt zur Galliumgewinnung verfügt damit über die notwendige Technologie.
Der Plan ist, die Produktion auf 1,24 Millionen Tonnen hydratisierter Tonerde zu steigern. Daraus könnten 60 t Gallium gewonnen werden. Der Gesamtbedarf der EU liegt bei lediglich rund 40 t pro Jahr. Dem Unternehmen zufolge sind dafür Investitionen im Umfang von 60 Millionen EUR notwendig.
Abnahmegarantien der EU?
Das Unternehmen fürchtet bislang vor allem Risiken. Können Abnehmer auf chinesische Erzeugnisse zurückgreifen, sind europäische Galliumprodukte nicht wettbewerbsfähig. Daran lässt sich allein aufgrund der in Europa sehr viel höheren Energiekosten praktisch nichts ändern.
Mytilineos hofft deshalb, dass die EU sich an den Investitionen beteiligt und zum Beispiel Abnahmegarantien aussprechen könnte. Die EU ihrerseits hat Gallium als strategisch wichtig eingestuft, da es auch für die Produktion von Chips sowie in der Satelliten- und Mobilfunkkommunikation benötigt wird. Gut möglich also, dass bald Subventionen fließen.
Gallium wird aufgrund seiner besonderen physikalischen Eigenschaften benötigt. Der Schmelzpunkt liegt bei knapp unter 30°, der Siedepunkt bei gut 2400°. Dadurch ist das silberweiße Metall in einem ungewöhnlich großen Temperaturbereich flüssig. Gewonnen wird es in der Regel als Nebenprodukt bei der Aluminiumherstellung aus Bauxit.
Das produzierte Gallium wird für verschiedenen Galliumverbindungen benötigt – 95 % entfallen auf Galliumarsenid, das unter anderem in Solarzellen und Leuchtdioden eingesetzt wird. Es gibt weitere Einsatzbereiche etwa in Thermometern, zur Dotierung von Silizium, zur Volumenmessung oder als Elektrodenmaterial. Auch in der Beschichtung von Spiegeln und in Wärmetauschern von Kernreaktoren kommt das Material zum Einsatz.
Da der Markt für Gallium eher klein ist, gibt es keine Terminkontrakte. Branchendiensten zufolge werden aktuell für 1 kg Gallium 365 EUR gezahlt. Der Preis ist im Sommer – insbesondere im Juli nach dem Bekanntwerden der chinesischen Ausfuhrrestriktionen – gestiegen. Anfang Juni lag der Preis noch bei 325 EUR pro Kilo.