Noch vor wenigen Wochen wäre es wohl undenkbar gewesen, dass jemals eine Broker-App die Download-Rangliste im App-Store von Apple (NASDAQ:AAPL) und Google (NASDAQ:GOOGL) Play anführt. Doch die Turbulenzen rund um die Aktie von GameStop (NYSE:GME) und anderen Meme-Aktien haben nicht nur in den USA einen bisher nie dagewesene Begeisterung für Aktien ausgelöst. Angelockt von der Hoffnung auf das „schnelle Geld“ verzeichnen auch hierzulande vor allem Neobroker einen unglaublichen Boom. Mit dem Markteintritt zahlreicher neuer Konkurrenten Ende 2019 ist der Wettbewerb für die etablierten Anbieter wie Comdirect, Flatex oder ING (AS:INGA) Diba deutlich härter geworden.
Zu den Neulingen zählt auch Smartbroker. Nach eigenen Angaben haben sich bereits 80.000 Anleger für Smartbroker entschieden, wobei 50.000 auch aktiv ihre Börsengeschäfte über die Plattform abwickeln. Basis des Erfolgs ist ein Mix aus aufgeräumtem Online-Auftritt, attraktiven Gebühren und reibungsloser Abwicklung auch in turbulenten Marktphasen.
Zwölf börsliche und elektronische Handelsplätze stehen in Deutschland zur Verfügung, auch ein Direkthandel via Lang & Schwarz, Tradegate, Quotrix, Gettex und Xetra ist möglich. International dürfte ebenfalls jeder Anleger auf seine Kosten kommen: Theoretisch ist mit dem Anschluss an 25 Börsen im Ausland wie Kanada, Japan und Australien ein 24-Stunden-Handel möglich.
Die Produktpalette reicht von Aktien, Anleihen, ETFs, Fonds über Optionsscheine bis Zertifikate. Wer also hochriskante Instrumente wie CFDs, Futures und Optionen handeln möchte, ist hier falsch. Smartbroker fokussiert sich somit auf den klassischen Kleinanleger. Besonders bei den Sparplänen lässt man Top-Anbieter der vergangenen Jahre wie ING alt aussehen und hat die Preisführerschaft übernommen. Insgesamt stehen mehr als 1400 sparplanfähige Investmentfonds und mehr als 700 ETF-, ETC- sowie Aktien-Sparpläne zur Verfügung.
Ein weiterer Grund für den Erfolg des Discount-Anbieters ist der attraktive Depotwechsel-Service sowie die aggressive Preisstruktur. 0 Euro für die Depotführung, 4 Euro Flat Fee, bei mehr als 500 Euro Ordervolumen entfallen sogar die Gebühren via Gettex. Limit- und Orderänderungen belasten ebenfalls nicht das Konto. Wer Zertifikate handelt, zahlt im Direkthandel mit den drei Premium-Partnern HSBC (LON:HSBA), Morgan Stanley (NYSE:MS) und Vontobel ab 500 Euro nichts . Abzüge in der „B-Note“ gibt es für das bisher fehlende mobile Angebot (App), an dem Smartbroker aber bereits arbeitet.
Gratisbroker
Bei Gratisbroker ist der Name Programm: Mit der Animation von drei Bullen auf der Startseite wollen die Münchner zeigen, wie wichtig ein Gebührenmodell ohne Kosten für Anleger ist. Und genau das bekommen Trader bei Gratisbroker – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Bei den Preisen agiert man auf Augenhöhe zu den anderen Neobrokern. Allerdings sollten Interessierte genau hinschauen. Während es bei zahlreichen Konkurrenten kein Mindestordervolumen gibt, hat Gratisbroker die Messlatte bei 500 Euro festgesetzt. Für so manchen Kleinanleger, der gerne auch mal mit Hebelpapieren ein wenig „zocken“ möchte, könnte dies bereits zu viel sein. Und auch sonst sticht der Neuling mit einer Besonderheit hervor.
Über Gratisbroker entfällt für Anleger die Qual der Wahl, an welcher Börse ge- oder verkauft werden soll. Zur Auswahl steht nur der elektronische Handelsplatz der Börse München, Gettex. Das Universum umfasst gut 4.000 nationale und internationale Aktien. Dazu kommen 350 ETFs von DWS, Amundi und WisdomTree, mehr als 2.000 Fonds und natürlich zahlreiche Optionsscheine und Zertifikate von HSBC und HVB.
Ob sich das vergleichsweise stark limitierte Angebot als Erfolgsmodell erweisen wird, erscheint fraglich. Wer auf Service, Analyse- und Trading-Tools, Sparpläne sowie einer App-Lösung viel Wert legt, ist hier an der falschen Adresse.
Scalable
Im Vergleich zu den anderen Neobrokern zählt Scalable mit dem Start im Juni 2020 zu den jüngsten Anbietern in Deutschland. Vielen dürfte der Name aber schon bekannt sein, denn Scalable war lange Zeit ein reiner Robo-Advisor. Die digitale Vermögensverwaltung wurde somit nur um ein eigenes Online-Broker-Geschäft erweitert, das etwas kompliziert ausfällt. Anleger müssen sich zunächst zwischen den drei Modellen „Free Broker“, „Prime Broker“ und „Prime Broker flex“ entscheiden. Die Preisspanne reicht von 0,99 Euro pro Trade bis hin zu 4,99 Euro pro Monat. Das Angebot umfasst 1300 ETF-Sparplänen und 3.500 aktiv gemanagten Fonds. Zudem ist auch eine mobile Nutzung vía App möglich.
Justtrade
Es ist nicht leicht, im harten Konkurrenzkampf der Neobroker noch neue Akzente zu setzen. Auch bei Justtrade kommen Trader in den Genuss einer kostenlosen Depotführung. Zudem gibt es keine Fremdkostenpauschalen oder Handelsplatzentgelte. Justtrade erhält von den angeschlossenen Handelspartnern eine Rückvergütung. Allerdings gilt eine recht hohe Mindestordergröße bei Wertpapieren von 500 Euro. Die Sutor Bank als depotführende Bank verlangt zudem Zinsen auf Guthaben von 0,5 Prozent pro Jahr. Interessant: Ein bequemer Depotübertrag wird derzeit nicht angeboten. Die Frankfurter nehmen somit offenbar Börsenneulinge ins Visier, die sehr aktiv handeln.
Wer nur klassische Aktien, Zertifikate und ETFs traden möchte, muss sich allerdings mit der Lang & Schwarz Exchange oder Quotrix, dem elektronischen Handelsplatz der Börse Düsseldorf, begnügen. Im Direkthandel mit Zertifikaten sind die vier Emittenten Citi, UBS (SIX:UBSG), Vontobel und Societe Generale (PA:SOGN) angebunden. Unter dem Strich stehen somit rund 7.300 Aktien, über 1.000 ETFs und etwa 500.000 Derivate zur Verfügung. Im Unterschied zu Smartbroker oder Scalable Capital gibt es allerdings keine Sparpläne für Aktien oder ETFs.
Dafür bietet Justtrade den Handel mit Kryptowährungen an und unterscheidet sich so von allen anderen Neobrokern. Zwar fällt das Angebot nicht ganz so umfassend aus wie bei eToro, mit Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Ripple und Bitcoin Cash stehen aber die fünf am stärksten beachteten Digitalmünzen zur Verfügung. Der Spread pro Kauf und Verkauf schlägt mit 0,3 Prozent zu Buche. Anders als bei klassischen Kryptobörsen können die Münzen nicht in ein eigenes Wallet übertragen und somit als Zahlungsmittel eingesetzt werden.
Trade Republic
Eigentlich sind gerade die Neobroker angetreten, um mit kostenlosen Angeboten und Ausführung in Millisekunden den etablierten Online-Brokern Kunden abzujagen. Wer mit diesen Ansprüchen den Markt aufmischen will, sollte aber sein Handwerk verstehen und gerade in turbulenten Zeiten ein verlässlicher Partner sein. Trade Republic werben zwar auf ihrer Homepage, „Deutschlands erster mobiler und provisionsfreier Broker“ zu sein. Offenbar auch mit Erfolg, Schätzungen von finanz-szene zufolge schöpften die Berliner zuletzt rund 80 Prozent der Depot-Neueröffnung bei den Neobrokern ab. Quantität bedeutet aber nicht Qualität.
In der heißen Phase schränkte man teilweise den Handel mit einigen Aktien wie Gamestop ein. Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gingen zahlreiche Beschwerden ein, selbst die Finanzaufsicht Bafin schaut nun genauer hin. Wenn es sich um einen Einzelfall handeln würde, wäre es sehr ärgerlich. Allerdings ist uns Trade Republic bereits seit März 2020 schon mehrfach negativ aufgefallen.
Und auch sonst sticht der Dino unter den Neobrokern aus unserer Sicht nicht positiv hervor. Keine Depotführungsgebühren und Orderprovisionen sind nicht exklusiv mehr. Dafür werden alle Orders nur an die Lang & Schwarz-Exchange geroutet, andere Börsenplätze beispielsweise im Ausland stehen nicht zur Verfügung. Wenig überraschend fällt daher auch die Auswahl an Wertpapieren überschaubar aus: 7.500 Aktien und ETFs, 1.300 Sparpläne, nur etwa 40.000 Derivate. Zudem ist ein funktionierendes Handy Pflicht: Die App weist eine benutzerfreundliche Oberfläche auf und ist modern aufgebaut. Wer aber klassisch über einen Desktop handeln möchte, findet keine Lösung.