Jeden Tag bestimmen Nachrichten über Gold, Öl oder Dollar die Schlagzeilen. Ganz heimlich, still und leise marschieren die Platinmetalle (PGM) derweil immer weiter gen Norden.
Die Gruppe der Platinmetalle (PGM) besteht primär aus Palladium - das als Katalysatormetall in der chemischen Industrie und insbesondere in Katalysatoren zur Abgasreinigung eingesetzt wird - und Platin, das als Katalysator für Dieselmotoren eine ähnliche Aufgabe erfüllt.
Am Dienstag erreichte der Palladium-Future zur Dezember-Lieferung an der New Yorker COMEX mit 2.454,50 Dollar den höchsten Stand seit sechs Monaten. Die Schlagzeilen konzentrierten sich jedoch eher auf den Anstieg des Goldpreises auf ein Zweiwochenhoch.
Der Oktober-Kontrakt für Platin-Future stieg unterdessen am Dienstag auf den höchsten Stand seit einem Monat (984 Dollar).
Platinmetalle erreichen neue Meilensteine
Das sind aber nicht die einzigen Meilensteine, die die Platinmetalle erreicht haben.
Palladium steuert auf die fünfte Gewinnwoche in Folge zu, selbst nach dem Pullback am Mittwoch im asiatischen Handel an der COMEX. Seit der Woche zum 7. August, in der das Metall ebenfalls korrigierte, hat das weiße Metall um 12% zugelegt. dies eine Rallye, die dem Metall 12% mehr gebracht hat. Mit einem Plus von 24% seit Ende Juni bis heute, wertete Palladium pro Monat um durchschnittlich 8% auf.
Platin nähert sich derweil seinem zweiten Wochengewinn hintereinander an. Seit dem 28. August ist es nun fast 10% gestiegen. Auch auf Monatsbasis ist es seit Ende Juni ohne Unterbrechung nach oben gegangen. Der Kursgewinn beläuft sich auf über 14% bzw. durchschnittlich fast 5% pro Monat.
Im Jahresverlauf hat Palladium sich um fast 26% verteuert, während Platin nach erheblichen Verlusten zwischen Januar und März weniger als 1% zugelegt hat.
Ist es also immer noch ein guter Zeitpunkt, um in die beiden Platinmetalle einzusteigen? Oder sind deren Rallyes bereits ausgereizt?
Potenzial auf der Oberseite ist noch reichlich vorhanden
An der COMEX erreichte Palladium am 27. Februar ein Hoch von 2.788 Dollar und am 16. März ein Tief von 1.355 Dollar. Übergeordnet bleibt der Aufwärtstrend intakt, solange das 61,8% Fibonacci-Retracement bei 2.240 Dollar nicht mehr unterschritten wird, glaubt der unabhängige technische Analyst Sunil Kumar Dixit.
Gelingt dem Palladiumpreis eine Stabilisierung über diesem Kursniveau, so bestünde laut Dixit Potenzial auf 2.450 Dollar.
Im Tageschart liegt Palladium deutlich über seinen Glättungen der letzten 50 und 100 Tage, die sich im Bereich um 2.203 Dollar bewegen. Beide stehen kurz vor einem Spurt über die 200-Tage-Linie.
Auf historischer Basis erreichte der Spotpreis für Palladium, der die Futures an der COMEX bewegt, am 27. Februar, kurz bevor die Coronavirus-Pandemie die Weltwirtschaft lahm legte, mit 2.882,11 Dollar ein noch höheres Rekordhoch.
Bis dahin führte der Boom im globalen Automobilsektor, angeführt von China, in Verbindung mit einer extremen Angebotsknappheit fast täglich zu neuen Höchstständen bei Palladium.
Analysten zufolge sind die oberirdischen Palladiumbestände seit 2010 um 5,3 Millionen Unzen (165 Tonnen) oder etwa 30% zurückgegangen. Consultancy Metals Focus prognostiziert für 2020 einen Palladiumdefizit von 124.000 Unzen (3,9 Tonnen). Das wäre das geringste Defizit seit dem letzten Überschuss auf dem Palladiummarkt im Jahr 2011, so das Beratungsunternehmen. Im Jahr 2016 betrug das Defizit sogar 1,29 Millionen Unzen.
Platin konnte derweil das erste Kursziel auf der Oberseite (980 Dollar) abarbeiten. Eine nachhaltige Stabilisierung oberhalb dieses Kursniveaus würde zu Zugewinnen auf 1.030 Dollar und gegebenenfalls 1.035 bis 1.045 Dollar führen, so Dixit.
Sofern das Momentum ausreicht, bestünde sogar Potenzial für Platin auf 1.080, 1.110, 1.170 und 1.200 Dollar zu klettern.
Auf Tagesbasis spricht vieles für eine Fortsetzung der aufwärtsgerichteten Bewegung bei Platin, zumal es oberhalb seiner gleitenden 50-Tage-Linie (akt. bei 926 Dollar) notiert.
Platin konnte sich auch über seiner 100-Tage-Linie halten, die inzwischen über die Glättung der letzten 200 Tage gestiegen ist, was eine bullische Entwicklung darstellt. Nur eine Korrektur mit einem nachhaltigen Breakout unter dieser Glättungslinien könnte das bullische Momentum bei Platin zum Erliegen bringen.
Nachfrageseitig wird für Platin eine robuste Nachfrage seitens der Industrie und des Schmucksektors prognostiziert.
Nitesh Shah, Forschungsleiter bei WisdomTree, sagte in einem Bloomberg-Bericht:
"Der Kaufrausch wurde von Anlegern angetrieben, die dachten, sie würden die jüngste Rallye bei Gold und Silber verpassen. Wahrscheinlich wurde auch etwas Geld als Gewinn aus Gold und Silber genommen und in Platin gesteckt, weil es im Vergleich zu seinen Pendants immer noch relativ günstig ist".
Bloomberg berichtet auch, dass seit Mitte Mai mehr als 600.000 Unzen Platin in börsengehandelte Fonds, so genannte ETFs, investiert wurden.