Die globalisierte Welt denkt arbeitsteilig. Doch kaum werden Lieferketten gestört, sind die Folgen für das produzierende Gewerbe schnell fatal. Wie Anleger Globalisierungsrisiken umschiffen und das Umdenken der Industrie für sich nutzen können.
Die tagelange Blockade des Suezkanals durch den Containerfrachter Evergiven hat der Welt erneut gezeigt, wie fragil Lieferketten sind. Kaum tritt ein Problem auf, zieht dieses weitreichende Folgen nach sich. Das liegt daran, dass der Gedanke vom effizienten Just-in-Time-Prinzip in den vergangenen Jahrzehnten alle Branchen erreicht hat. Industrieerzeugnisse, wie etwa Autos, aber auch Elektrogeräte oder Fahrräder werden aus verschiedenen Teilen gefertigt. Aufgrund der Spezialisierung kommen diese Teile aus aller Welt. Da Lagerhaltung zudem kostet, setzten sich schwimmende Lager in Form großer Frachter oder auch Tanker durch. Schon der Ausbruch der Corona-Pandemie zwang die Weltwirtschaft aufgrund der großen Abhängigkeit von China kurzfristig in die Knie – bei vielen deutschen Industrieunternehmen standen die Werke still, Nachschub fehlte.
Für Anleger, die sich abseits derartiger Risiken positionieren möchten, bieten sich daher kleinere und mittlere Unternehmen an, die einen Großteil ihrer Grundstoffe und Vor-Produkte aus Deutschland oder Europa beziehen. Auch das nicht-produzierende Gewerbe ist als Investitionsziel interessant, beispielsweise Immobiliengesellschaften oder Finanztitel. Neben der Möglichkeit, ein Portfolio abseits von Globalisierungsrisiken zu positionieren, gibt es noch eine zweite Möglichkeit, den Trend weg von Globalisierungsrisiken als Investor zu nutzen.
Lagerhaltung wird wieder en vogue
Viele Industrieunternehmen, die im Zuge der Verwerfungen der ersten Pandemie-Welle unter Lieferschwierigkeiten gelitten haben oder sogar die Produktion pausieren mussten, versuchen inzwischen verstärkt lokal zu agieren. Das bedeutet: Europäische Unternehmen prüfen, ob größere Teile der Wertschöpfung wieder in Europa stattfinden können. Wenn es um weniger komplexe Vorprodukte geht, dürften in erster Linie Länder Osteuropas profitieren, die Teil der EU sind. Weiter entwickelte Volkswirtschaften, wie etwa Polen, bieten zwar kein vergleichbar niedriges Lohniveau mehr, punkten dafür aber mit qualifizierten Arbeitskräften und einem florierenden Binnenmarkt. Letztendlich könnten die Volkswirtschaften, als auch die Kapitalmärkte aus Europa hiervon stärker profitieren.
Eine weitere Folge der Maßnahmen gegen Störungen der Lieferketten dürfte der größere Fokus auf Lagerhaltung sein. Wer die wichtigsten Grundstoffe und Vorprodukte an den Produktionsstätten vorhält, kann kleinere Störungen der Lieferketten, wie etwa die Evergiven-Havarie, leichter austarieren. Lager sind heute längst mehr als große Hallen, in denen Arbeiter mit dem Gabelstapler Güter laden und entladen. Damit komplexe Lieferketten Bestand haben und die Lieferung zur Fabrik just-in-Time gelingen kann, sorgen heute Automatiklager für effiziente Prozesse und ein Höchstmaß an Transparenz.
Digitale Logistik-Lösungen mit Potenzial
Der Trend zur Sicherung der Lieferketten wird auch nach der Pandemie nicht vorbei sein – schließlich kann eine Havarie, wie die der Evergiven immer wieder vorkommen. Neben potenziellen Produktionsstätten in Osteuropa und Spezialisten für Lagerhaltung dürften in Zukunft auch Logistiker profitieren, die ihren Kunden alle Vorzüge der Digitalisierung bieten. Wenn Lieferverzögerungen oder andere Probleme dank digitaler Lösungen früher erkannt werden und Informationen über ein Produkt von jedem Teilnehmer der Lieferkette in Echtzeit ausgelesen werden können, lassen sich Störungen womöglich noch rechtzeitig aus der Welt schaffen. Nicht umsonst gilt die Blockchain-Technologie als richtungsweisend für den Logistiksektor. Rund um den Trend zur Sicherung und Stabilisierung von Lieferketten entstehen in den kommenden Monaten zahlreiche Chancen. Neben der Möglichkeit, auf Unternehmen mit einem Fokus auf den europäischen Binnenmarkt zu setzen, bieten auch Lösungsanbieter rund um Lagerhaltung und Logistik Perspektiven.
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