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Skandinavien gilt in vielen Bereichen als eine der innovativsten Regionen in Europa, oft aufgrund seines hohen Fokus auf Nachhaltigkeit, Technologie und sozialer Innovation. Länder wie Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen sind für ihre fortschrittlichen Ansätze in den Bereichen Bildung, Digitalisierung und Umwelttechnologien bekannt und schneiden in Innovationsrankings immer sehr gut ab. Darüber hinaus bietet die Region reiche Vorkommen an Mineralien und eine regenerative Energieversorgung. Das lockt moderne Unternehmen und vor allem junge Menschen an, zu forschen, zu explorieren und neue Produkte zu entwickeln. Neben Norsk Hydro (OL:NHY) oder Agnico-Eagle ist auch der australische Explorer Kuniko Ltd. vor Ort. Er will seinen ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten und strebt eine „Netto Null“- Mine an. Für Investoren bietet sich im aktuellen Run auf strategische Metalle ein optimaler Einstiegszeitpunkt.
Skandinavien – Innovation und Dynamik aus dem Norden
Laut dem European Innovation Scoreboard rangieren Länder wie Schweden und Finnland kontinuierlich auf den vorderen Plätzen. Die innovative Atmosphäre in Skandinavien wird durch umfassende staatliche Unterstützung und öffentliche Akzeptanz für Forschung und Bildung begünstigt, welche oft schneller in die Praxis umgesetzt werden, als in anderen Teilen Europas. Auch wenn es um günstige, umweltschonende Energieversorgung oder Bergbau-Genehmigungen geht, stehen die nordischen Regierungen den Unternehmen bei Seite. Ganz anders wie in Deutschland, versucht man durch Bürokratie-Abbau und beschleunigte Administration in den wichtigsten Themen der Zeit dabei zu sein. „Time-to-Market“ ist vielen Skandinaviern ein bekannter Begriff. Deutschland hat einst das Prinzip „Just-in-Time“ erfunden, nun scheint man allerdings gegenüber dem Rest der Welt ins Hintertreffen zu geraten. Skandinavien ist in vielen Bereichen Vorreiter und treibende Kraft innerhalb der EU geworden, der Trend dürfte sich fortsetzen. Für die Lösung in Sachen strategischer Metalle und Lieferketten für den Industriestandort Europa sollten Investoren die nordischen Klassensieger im Blick haben. Einer der bekanntesten Innovatoren in Sachen Wasserstoff ist die in Norwegen ansässige Nel (OL:NEL) ASA (Xetra: NLL; WKN: A0B733; ISIN: NO0010081235). Der Elektrolyseur-Pionier hat einen Kursverlust von über 85 % seit dem Jahr 2021 erleben müssen, dürfte aber in der „NetZero“-Diskussion innerhalb Europas in den nächsten Jahren wieder interessant werden. Investoren sollten daher die aktuelle Bodenbildung im Bereich 4,00 bis 4,50 NOK (umgerechnet 0,35 bis 0,37 EUR) sehr genau im Auge behalten. Wenn der Turnaround irgendwann vollzogen ist, geht es bei diesem ehemaligen „Anleger-Liebling“ vermutlich sehr schnell.
Norsk Hydro und Agnico-Eagle – Rohstoffgiganten vor Ort
Eine steigende Nachfrage nach kohlenstoffarmen Produkten sowie höhere Preise haben dem norwegischen Aluminium-Konzern Norsk Hydro ASA (Xetra: NHY; WKN: 851908; ISIN: NO0005052605) im dritten Quartal einen Gewinnsprung beschert. Das bereinigte EBITDA schnellte um 89% auf 7,37 Mrd. NOK (rund 623 Mio. EUR), verglichen mit 3,9 Mrd. NOK im Vorjahr. Hersteller wie Norsk Hydro haben dank des steigenden Bedarfs an emissionsarmen Produkten und gestiegenen Preisen eine gute Ausgangslage für zusätzliches Wachstum. Mit Blick auf das laufende Fiskaljahr gehen 17 Analysten auf der Plattform Refinitiv Eikon im Schnitt von einem Gewinn je Aktie von 4,63 NOK aus, während im Vorjahreszeitraum 1,77 NOK vermeldet worden waren. An der Börse kann der Wert mit 10,5% Anstieg in 2024 eine gute Entwicklung vorweisen, das 2025e KGV sinkt mit dem prognostizierten auf Werte um 7,5. Der Titel bleibt als einer der industriellen Blockbuster aus Skandinavien interessant.
Auch der international tätige Bergbau-Konzern Agnico-Eagle (TSX: AEM; WKN: 860325; ISIN: CA0084741085) sprintet derzeit von Hoch zu Hoch. Das Unternehmen mit Sitz in Kanada ist umfangreich in Skandinavien, insbesondere in Finnland und Schweden tätig. In Finnland betreibt man die Kittilä-Mine, welche mit einer 200.000 Unzen Produktion als eine der größten Goldminen Europas gilt. Sie ist ein zentraler Bestandteil von Agnico Eagles Aktivitäten in der Region. Zusätzlich erkundet Agnico Eagle (NYSE:AEM) in Kooperationen weitere Explorationsprojekte wie z.B. das Barsele-Goldprojekt in Schweden. Die Kanadier investieren dabei erheblich in die Verbesserung der nachhaltigen Abbaumethoden und die Reduzierung von Umweltbelastungen. Agnico-Eagle wird heute nach Börsenschluss sein Q3-Zahlenwerk vorlegen. 14 Analysten gehen im Schnitt von einem Gewinn je Aktie von 1,41 CAD aus. Im Vorjahresquartal war ein Gewinn je Aktie von 0,480 CAD erwirtschaftet worden. Beim Umsatz gehen die Experten für das Gesamtjahr im Schnitt von 11,24 Mrd. CAD aus, das wären erstaunliche 26 % mehr als in der Vorjahresperiode. Die starke Entwicklung treibt den Kurs der AEM-Aktie in diesem Jahr beträchtlich nach oben, bis Ende Oktober stehen bereits plus 78% auf der Uhr. Mithin liegt das KGV 2024e liegt zwar schon bei 22,5, es dürfte aber mit steigendem Goldpreis weiter hoch bleiben.
Kuniko Ltd. – In Sachen Batteriemetalle unterwegs
In 2024 entwickelt sich die Nachfrage in der E-Mobilität bislang schleppend, trotzdem dürfte das Thema bald wieder beschleunigen. Etwas besser läuft es für die Produzenten von stationären Energiespeichern. Allen Sektoren gemein, ist der Bedarf an strategischen Metallen, welche in der EU neben Polen, Serbien, Portugal auch in Skandinavien und Deutschland zu finden sind. Weil Deutschland in Sachen Bergbau-Kultur anscheinend außen vor bleibt, fokussieren sich viele Investoren auf die ressourcenreichen Liegenschaften im Norden Europas. Es ist ein Armutszeugnis für den deutschen Standort, dass die Diskussion über eine karbonreduzierte Zukunft in Berlin nicht mehr adressiert werden kann, weil Bergbau in wichtigen Stoffen nicht in den Planungen der aktuellen Regierung vorkommt. Als reines Importland von Rohstoffen ist daher davon auszugehen, dass der hiesige Teuerungstrend anhalten wird und viel technologische Kompetenz ins Ausland abwandert.
In Skandinavien wird schon seit 250 Jahren industrieller Bergbau betrieben. Die Standortvorteile liegen klar in schnellen Genehmigungen und ausreichend natürlich vorhandener Energie-Ressourcen. Das australische Unternehmen Kuniko Ltd. (ASX: KNI; WKN: A3CTAL; ISIN: AU0000159840) exploriert und entwickelt eine Reihe von Rohstoffprojekten mit den strategischen Metallen Nickel, Kupfer, Kobalt und Lithium in Norwegen und Schweden. Neben Vulcan Energy (ASX:VUL) ist auch der Automobilriese Stellantis (NYSE:STLA) als Aktionär bei den Australiern dabei. Hier hat man bereits frühzeitig an eine Abnahmevereinbarung von 35 % der zukünftigen Nickel- und Cobalt-Produktion gedacht. Kuniko kommt in seinen Projekten derzeit gut voran, die Geologen sind optimistisch. Im Oktober trafen die mit Spannung erwarteten Ergebnisse von mineralisierten Proben aus dem Ringerike-Projekt ein. Dabei wurden sensationelle Kupfer-Gehalte von bis zu 1,86 bis 4,72 % identifiziert. Ringerike liegt im Süden Norwegens, CEO Beckmand und sein Team sind von dem Potenzial des mehr als 400 km² großen Projekts überzeugt. Bereits im August hatte das Unternehmen offiziell einen Antrag gestellt, die Batteriemetall-Liegenschaften als strategisches Projekt im Rahmen des Critical Raw Materials Act (CRMA) der Europäischen Union einzustufen. Die Partner von Kuniko sind daher in positiver Erwartung, dass nun alles etwas schneller gehen könnte. Der Stellantis Einkaufsmanager Maxime Picat kommentierte die strategische Partnerschaft damals: "Mit Kuniko fügen wir einen neuen Hebel zur Unterstützung unseres europäischen Batteriebedarfs mit lokalen und umweltbewussten Lösungen aus seinen norwegischen Projekten hinzu".
Norwegen und Ringerike fügen sich dabei in unser beschriebenes Gesamtbild ein: Dem Aufstieg Skandinaviens zu einem der wichtigsten europäischen Rohstoffversorger. Deutlich wird dies insbesondere an den spektakulären Explorationserfolgen der vergangenen Jahre, sowie der guten Zahlen vor Ort tätiger Unternehmen wie Norsk Hydro oder Agnico-Eagle. Eine Bestätigung kommt auch von dritter Seite. Im Juni konnte das Unternehmen Rare Earths Norway die erste Mineralressourcenschätzung für den Fen-Karbonatitkomplex vorlegen. Dieser beherbergt demnach Kontinentaleuropas größte Lagerstätte an Seltenerdelementen. Bereits in 2023 vermeldete Schweden den Fund von mehr als 1 Mio. Tonnen Seltene Erden in der arktischen Bergbaustadt Kiruna. Kuniko setzt ebenfalls mit Ringerike/Ertelien, dem Kobaltprojekt Skuterud, dem Kupferprojekt Trondelag sowie der Lithiumexploration in Schweden primär auf die Karte Skandinavien.
Die Standortwahl gehört zur strategischen Ausrichtung des Explorers. Kuniko konzentriert sich auf Länder mit beträchtlichen Mineral- und Metallreserven und legt den Schwerpunkt auf Entwicklungs- und Fördermethoden, die den branchenführenden ESG-Standards entsprechen. Die 86,77 Millionen Aktien von Kuniko Ltd. werden derzeit bei ca. 0,18 AUD gehandelt, das bringt den Marktwert auf 12,6 Mio. AUD. In Deutschland ist der Titel an vier Börsenplätzen handelbar. Die Story könnte sich als „EU-Rettungsplan“ in Sachen Sicherung von Lieferketten bei strategischen Metallen herausstellen.
Freyr Battery und Varta (ETR:VAR1) – Nicht immer die passende Strategie
Nicht immer ist das Thema Batterie-Technologie ein Gewinngarant. Die beiden Unternehmen Freyr Batteriy und Varta hatten in den letzten Jahren eigene Nischen-Strategien entwickelt. Nun im ersten Jahr eines kleinen Absatzrückgangs in der E-Mobilität gerieten beide in schweres Fahrwasser. Freyr Battery (NASDAQ: FREY; WKN: A3E3UN; ISIN: US35834F1049) hatte zuletzt turbulente Monate hinter sich. Wegen anhaltender Verluste und stockender Aufträge aus der Automobilwelt hatte Freyr seine Investitionspläne in Europa vorübergehend auf Eis gelegt und. Nach nur zehn Monaten im Amt trat CEO Birger Sten im Juni zurück, sein Vorgänger und Mitgründer Tom Einar Jensen übernahm den Posten wieder. Der Bau des Batteriewerks „Giga Arctic“ im norwegischen Mo i Rana wurde erstmal gestoppt, stattdessen hat man sich vorübergehend auf die Konzeption einer Fabrik im US-Bundesstaat Georgia namens „Giga America“ fokussiert.
Nun startet aber der zweite Versuch in der EU. Denn Freyr Battery soll nach eigenen Angaben vom Innovationsfonds der Europäischen Union (EUIF) einen Zuschuss in Höhe von 122 Mio. EUR erhalten, um ein potenzielles Joint-Venture-Projekt des Unternehmens zur Herstellung von Kathodenmaterial im finnischen Vaasa umzusetzen. Das Projekt zielt auf die Entwicklung einer LFP-Kathodenmaterial-Anlage im industriellen Maßstab mit einer anfänglichen Nennkapazität von 30.000 Tonnen pro Jahr ab. „Wir sind sehr dankbar, dass wir für diesen Zuschuss des EU-Innovationsfonds ausgewählt wurden, der die kontinuierliche Unterstützung der EU für Freyrs laufende Bemühungen zur Industrialisierung nachhaltiger Lösungen für die Batterie-Wertschöpfungskette demonstriert“, kommentierte Freyr-CEO Tom Einar Jensen. Den fast ungebremsten Absturz der Aktie von rund 2,70 auf aktuell 0,95 EUR seit Jahresbeginn konnten die Neuigkeiten aber nicht verhindern. Freyr Batteries hatte im Hoch eine Bewertung von 1,6 Mrd. USD – aktuell sind es mit 143 Mio. USD rund 90% weniger.
Wenig besser erging es der deutschen Batterie-Hoffnung Varta (XETRA: VAR; WKN: A0TGJ5; ISIN: DE000A0TGJ55). Die Aktie war im Jahr 2021 fast 10 Mrd. EUR wert und erlebte bis Mitte 2024 einen unvergleichlichen Niedergang. Mitte 2022 verlor das Unternehmen aus Kostengründen einen wichtigen Apple-Auftrag, auch die Entwicklung der Automobil-Batterie „V4Drive“ kam im Konzernverbund mit den Konsumentenprodukten nicht von der Stelle. Mit einer Plan-Insolvenz in 2024 wurde der Konzern zum Nachteil der Altaktionäre komplett neu aufgesetzt. Der Sportwagenhersteller Porsche (ETR:P911_p) übernahm dabei die Mehrheit an der Varta-Tochter V4Drive Battery. In dieser Gesellschaft bündelt Varta nun das Geschäft für großformatige Lithium-Ionen-Rundzellen, die bei Porsche zum Einsatz kommen. Damit ist der angeschlagene Batteriehersteller Varta einen weiteren Schritt bei seiner Sanierung vorangekommen. Im Oktober war bekanntgeworden, dass Varta einen Brückenkredit erhält und sich mit den Kreditgebern und Schuldscheingläubigern sowie mit dem österreichischen Großaktionär Michael Tojner und Porsche auf ein tragbares Sanierungskonzept geeinigt hat. Im Zuge dessen investieren Porsche und Tojner jeweils 30 Millionen Euro in die Hauptgesellschaft, die zugleich durch einen Schuldenschnitt entlastet wird.
Porsche engagiert sich bei Varta und dessen Tochter V4Drive Battery vor allem, um die eigene Lieferkette zu sichern. Denn V4Drive Battery liefert die Batteriezellen, die künftig im Performance-Hybrid-Antrieb des neuen Porsche 911 Carrera GTS zum Einsatz kommen soll. Porsche braucht für seinen leistungsstarken Sportwagen eine spezielle Technik, die sonst kaum jemand liefern kann. Der im Frühjahr 2024 beschlossene Bau einer weiteren Produktionsanlage für Booster-Zellen in Nördlingen wird plangemäß fortgeführt. Perspektivisch ist geplant, dass V4Drive auch weitere Kunden abseits von Porsche adressiert. Mit einem Kurs von 3,36 EUR beträgt die Marktkapitalisierung heute schmale 140 Mio. EUR. Vielleicht ist dies der Neustart des Traditionsunternehmens aus Nördlingen. Sowohl Freyr als auch Varta eignen sich aber nur für spekulative Anleger.
FAZIT
Die „NetZero“-Strategie in der EU wird noch einige Investitionen in die Zukunft erfordern. Skandinavien macht vor, wie es dabei laufen kann. Mit einer ernst gemeinten, modernen Industriepolitik, Forschung und Bildung sowie Digitalisierung und Entbürokratisierung. Viele Länder insbesondere Deutschland sollten sich diese Blaupause näher ansehen und ggf. kopieren. Norsk Hydo und Agnico-Eagle sind bekannte Standardwerte aus dem Rohstoff-Sektor mit guten Rahmendaten. Kleinere Titel wie z.B. die aussichtsreiche Kuniko Ltd, machen für eine Chancen-Erweiterung Sinn. Nel ASA, Freyr Battery und Varta fordern dem Investor hingegen ein starkes Nervenkostüm ab. Eine breite Diversifikation senkt die Portfolio-Risiken spürbar.