In Europa sind hohe Energiepreise derzeit das zentrale Thema. Von vielen Kommentatoren fast unbemerkt bleiben dabei die sinkenden Preise vieler anderer Rohstoffe wie Kupfer, Eisenerz und Sojabohnen. Diese Märkte stehen wegen globaler Rezessionsängste unter Druck – und zunehmend auch durch die schwächelnde chinesische Währung Yuan. Wird China zum Risiko für die Rohstoffmärkte?
Alle reden von steigenden Rohstoffpreisen – dabei gilt dies für viele Rohstoffe gar nicht. Kupfer hat seit März rund 22 % an Wert eingebüßt. Auch im Vergleich zum September 2021 – als der Krieg in der Ukraine noch keine Rolle spielte – liegt der Preis um 12,5 % niedriger.
Preise für Kupfer, Alu und Zinn niedriger als vor einem Jahr
Aluminium ist seit Anfang März sogar rund 40 % billiger geworden (und rund 18 % billiger als vor einem Jahr). Zinn kostet 55 % weniger als im März und 35 % weniger als vor Jahresfrist. Zink kostet zwar 9,5 % mehr als vor einem Jahr – ist aber seit dem Hoch im Frühjahr um mehr als 25 % billiger geworden.
Ein Grund für die Preisrückgänge sind globale Konjunktursorgen. Diese beziehen sich auch auf den Mega-Nachfrager China. Kauft das Reich der Mitte weniger Rohstoffe, kann kaum eine andere Region dies ausgleichen.
Gründe für eine schwache Rohstoffnachfrage aus China gibt es einige: Den Immobilienmarkt, die Null-Covid-Politik – und den abwertenden Yuan. China bezahlt Rohstoffe in USD – und muss deshalb immer mehr für Importe bezahlen.
Wie wirkt sich die CNY-Schwäche aus?
Die Abwertung dämpft die Nachfrage ach Kupfer, Eisenerz und Co. Jia Zheng, Leiter des Rohstoffhandels und der Forschung bei Shanghai Dongwu Jiuying Investment Management Co. konstatierte gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg, dass Yuan Schwäche zunächst vor allem den Spotmarkt beträfe, sich mittelfristig aber auch auf die Terminmärkte auswirken dürfte.
Deutlich größer könnte das Problem für chinesische Rohstoffimporteure werden, die zur Finanzierung Kredite in USD aufgenommen haben und sich aufgrund der Zinswende nun höheren Finanzierungskosten gegenübersehen. Diese höheren Finanzierungskosten könnten für einige Händler in Kombination mit der Abwertung zu einem Problem werden und Bestellungen platzen lassen – zumal manche Händler obendrein auf Wertverlusten ihrer Bestände sitzen dürften.
Es könnte deshalb bei einigen Rohstoffen zu punktuellen und temporären Ungleichgewichten kommen. Für eine handfeste Rohstoffkrise reicht die Abwertung des Yuan bislang allerdings nicht aus.
Ein Blick auf den Chart zeigt, dass der CNY gegenüber dem USD seit Mitte April um rund 9 % abgewertet hat. Die Abwertung vollzog sich im Wesentlichen in zwei Wellen – eine in der Zeit von Mitte April bis Mitte Mai und eine weitere seit Anfang August laufende Bewegung.
Charttechnisch gesehen befindet sich der USD/CNY nun direkt an einem Widerstand bei knapp 7,0 CNY. Im Bereich von 7,2 CNY liegt ein weiteres signifikantes Widerstandsniveau. Sollte dieses nach oben durchbrochen werden, wäre charttechnisch der Weg frei bis in den Bereich von 8,3 CNY. Dies entspräche Werten, die zuletzt 2005 gehandelt wurden.
Will China den Export ankurbeln?
Nur die wenigsten Entwicklungen in der chinesischen Wirtschaft vollziehen sich ohne Einfluss der Regierung. Eine schwächere Währung bringt bekanntlich auch Gewinner hervor – und dazu zählen die Exporteure der Volksrepublik. Denkbar ist deshalb, dass die chinesische Notenbank die Abwertung zumindest hinnimmt.
Die exportlastige Wirtschaft würde durch eine Abwertung auf dem Weltmarkt billiger – und könnte z.B. Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes, aber auch viele Rohstoffe wie Aluminium und Seltene Erden verstärkt ins Ausland verkaufen – schließlich fällt derzeit ein Teil der inländischen Rohstoffnachfrage durch den kriselnden Immobilienmarkt weg.
Die Werkbank der Weltwirtschaft steht jedoch in komplexen Wechselwirkungen mit den Rohstoffmärkten. So ist China ein starker Nachfrager von vielen Metallen oder Baumwolle, die als Rohware ins Land exportiert und dort weiterverarbeitet werden. Steigt die Nachfrage nach chinesischen Industrieerzeugnissen, könnte dadurch mittelbar auch die Nachfrage nach den darin verwendeten Rohstoffen ansteigen.