Man nennt es das "Gold des armen Mannes". Dennoch ist an der Performance von Silber in diesem Monat gar nichts auszusetzen, denn im Juli steht es auf der Renditeleiter der Rohstoffe ganz oben.
Silber steuert auf ein Monatsplus von 30% zu - dem größten monatlichen Anstieg seit 40 Jahren - und profitiert von "dem Besten aus beiden Welten", so Philip Streible, Chefmarktstratege bei Blue Line Futures: den Status als sicherer Hafen wie Gold, während es gleichzeitig auch von der Nachfrage als Industriemetall profitiert.
Es war ein unglaublicher Ritt für den Silberpreis, der im März auf ein Zwölfjahrestief von rund 11,645 Dollar je Unze abstürzte, als die meisten Rohstoffe auf dem Höhepunkt der Coronavirus-Krise zugelegt hatten. Dann, als Gold aufgrund der Feuerkraft der von der US-Notenbank und anderen globalen Zentralbanken entfesselten Konjunkturmaßnahmen eine rasante Rallye hinlegte, schloss sich Silber diesem Trend an.
"Ursprünglich kauften die Menschen Gold aus Sicherheitsgründen, und sowohl Gold als auch der Dollar wurden in die gleiche Richtung gehandelt", sagte Streible.
"Als die Aktien stiegen, sank der Goldpreis und das Gleiche galt für den Dollar. Und dann wurde die Fed sehr aggressiv, indem sie jede Art von Hilfe für jede Art von Unternehmen bereitstellte, und das war der Zeitpunkt, an dem die Edelmetalle ausbrachen und der Dollar auf ein Zweijahrestief kollabierte und sich jetzt im freien Fall befindet".
Mit dem größten Zuwachs im Juli seit September 1980 ist Silber zum bestperformenden Rohstoff im Juli aufgestiegen. Knapp dahinter rangieren die amerikanischen Holz-Futures, während Getreidesorten wie Reis, Hafer und Mais die Schlusslichter zusammen mit Benzin und Rohöl bilden.
Während Gold als Inflationsschutz dienen könne, biete Silber viel mehr, so Streible.
"Silber kommt in sieben verschiedenen Industrien zum Einsatz, von der Energieerzeugung über den Bergbau, den Transport, die Metallraffination, die Lagerwirtschaft, die Produktherstellung bis hin zum Einzelhandel. Und wenn es Vizepräsident Biden ins Weiße Haus schaffen sollte, will er derartige Fahrzeugemissionen wie in Europa auf den Weg bringen und den Klimawandel mit viel Sonnenenergie, Windkraft und allen Arten von Dingen bekämpfen, die Silber benötigen".
Silber bald bei 50 Dollar?
Ein "realistischer, inflationsbereinigter" Preis für Silber läge bei 30 Dollar pro Unze, so Streible.
"Ich wäre nicht überrascht, wenn Silber das Jahr bei 30 Dollar beenden würde", sagte er. Silber erreichte in dieser Woche mit 26,28 Dollar den höchsten Stand seit acht Jahren. "Ich würde nicht einmal mit der Wimper zucken, wenn Silber auf 40 Dollar oder 50 Dollar steigen würde, angesichts seiner relativen Unterbewertung gegenüber Gold".
Streible sagte, dass Silber oder Gold nur dann auf die Nase fallen könnten, wenn morgen ein sicherer, wirksamer Impfstoff auf den Markt käme.
Er betonte:
"Dies könnte Silber wieder in den Bereich zwischen 16 und 18 Dollar bringen".
"Aber wir werden mehr als einen Impfstoff brauchen. Wir werden auch die Fed benötigen, die ihre Kreditprogramme über Bord werfen müsste, und das wird nicht von heute auf morgen geschehen. Selbst wenn sich die Fed im De-Stimulus-Modus befindet, wird Gold wahrscheinlich vorerst nur auf etwa 1.750 bis 1.800 Dollar zurückgehen. Die Bären bekommen vielleicht nicht die Edelmetallschmelze zu sehen, die sie sich wünschen".
Christopher Lewis, unabhängiger Metallanalyst bei FX Empire, schreibt, es lohne sich einfach nicht, sich vor dem fahrenden Güterzug zu stellen, solange die Silber-Rallye noch in vollem Gange ist:
"Ganz offen gesagt, handelt es sich hier aktuell um einen Markt, bei dem man schlichtweg nicht an einen Short denken sollte, zumindest nicht in nächster Zeit, und wenn man bedenkt, dass die Federal Reserve die Märkte in Zukunft weiter mit Liquidität fluten will, ist es kaum nachvollziehbar, wie jemand glauben kann, dass Shorts auf Silber eine gute Idee wären".
"Ich denke, dass die US-Notenbank zu diesem Zeitpunkt die Märkte weiterhin mit Liquidität versorgen und den Wert des US-Dollars nach unten treiben wird. Das wiederum lässt den Wert der Edelmetalle steigen, und ich glaube, das ist im Wesentlichen das, worum es hier geht".
Die Silber-Bullen bekamen es am Donnerstag kurz etwas mit der Angst zu tun, als der Preis um fast 4 Prozent einbrach. Dies war jedoch das Ergebnis einer breit angelegten Korrektur bei den Rohstoffen, schließlich rutschte auch der Goldpreis kurzzeitig ab. Schlussendlich hielt die Abwärtsbewegung nur bis zum Ende der Sitzung an.
Am Freitag stand Silber bereits wieder um fast 4 Prozent höher, während der Goldpreis schließlich zum ersten Mal in der Geschichte die magische Marke von 2.000 Dollar je Unze touchierte. Aber dennoch hinkt Gold in Sachen Performance dem Silberpreis in diesem Monat hinterher. Das gelbe Metall steuert zwar mit +11 Prozent auf den größten Monatsgewinn seit Januar 2012 zu, der kleine Bruder steht jedoch 30 Prozent höher.
Lewis sagte:
"Längerfristig denke ich, dass die Silbermärkte noch viel höher steigen werden, aber wir müssen vielleicht etwas zurückkommen, um mehr wertorientierte Händler anzulocken. Ich habe kein Interesse daran, diesen Markt zu verkaufen, unabhängig davon, was Silber als nächstes tut. Kurzfristig muss sich das Industriemetall etwas konsolidieren, bevor es die Schlagzahl wieder erhöhen kann. Längerfristig dürfte Silber aber noch sehr viel weiter steigen".
Korrekturen werden schnell wieder hochgekauft
Er behauptet, jede Korrektur des Silberpreises würde wahrscheinlich schnell wieder hochgekauft werden.
"Silber wird wahrscheinlich an dem einen oder anderen Punkt ziemlich stark einbrechen, aber letztendlich sollten dann die Käufer erneut zuschlagen und das Industriemetall wieder in die Höhe treiben. Kleinere Korrekturen müssen eingeplant werden und ich wäre insbesondere nahe der 22-Dollar-Marke an einem Einstieg interessiert. Darunter sollte das Niveau von 20 Dollar weiterhin eine sehr tragfähige Unterstützung bilden, und wenn Silber irgendwie dorthin korrigiert, ist es gut möglich, dass wir reichlich neue Käufer finden werden."
Eli Tesfaye, Edelmetallstratege bei RJO Futures, stimmt dem zu:
"Jeder Pullback bei Silber wird meiner Meinung nach als eine Kauf- statt Verkaufsgelegenheit gesehen ... Die Höchststände sind womöglich noch lange nicht erreicht".
"Die Gold/Silber-Ratio sitzt immer noch unter dem 10-Jahresdurchschnitt bei 85,30. The Trend Is Your Friend."
Die Gold-Silber-Ratio wird berechnet, indem der Goldpreis durch den Silberpreis geteilt wird. Am Freitag lag das Verhältnis bei 1:81, was bedeutet, dass es derzeit 81 Unzen Silber kostet, eine Unze Gold zu kaufen. Die Ratio erreichte Mitte März ein Rekordhoch von fast 1:127, als Gold bei etwa 1.704 Dollar lag, während Silber sein 11-Jahrestief bei 11,65 Dollar erreichte. Ansonsten lag die Kennzahl jahrzehntelang im Durchschnitt bei 1:56.
"Das Verhältnis von Silber zu Gold liegt immer noch weit über dem, was es sein sollte", sagte Streible. "Es sollte auf den Durchschnitt von etwa 1:60 zurückgehen. Ich gehe davon aus, dass Silber auch weiterhin relativ gesehen besser abschneiden wird als Gold", so Streible.
Haftungsausschluss: Barani Krishnan besitzt oder hält keine Positionen in den Vermögenswerten, über die er schreibt.