Wir befinden uns nun mitten in der Berichtssaison. Die Börsianer werden in Kürze die Q4-Zahlen der großen Tech-Unternehmen sowie die Sitzung der Federal Reserve und die monatlichen US-Arbeitsmarktdaten verdauen müssen. Das sind eine ganze Menge wichtiger Zahlen. Bei so viel, was auf dem Spiel steht, sollte die Volatilität eigentlich hoch sein, oder? Ist sie aber nicht.
Der Volatilitätsindex VIX ist deutlich gesunken und nähert sich Niveaus, die zuletzt während des Bullenmarktes von 2021 zu beobachten waren. Mit einem Wert von weniger als 20 impliziert der VIX, der auch als der "Angstmesser" der Wall Street bezeichnet wird, eine eher zahme Veränderung des S&P 500 von weniger als 6 % über die letzten 30 Tage. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr stieg der VIX zu verschiedenen Zeitpunkten auf ein Niveau von fast 40, z. B. beim russischen Einmarsch in die Ukraine, während des Tiefs am Aktienmarkt im Juni und inmitten der Marktschwankungen nach dem Inflationsbericht für den Monat September.
Mit einem Schlusskurs von 19,85 in der vergangenen Woche liegt der VIX genau im langfristigen Durchschnitt, der über die 30 Jahre seit der Erstellung des Index durch die Chicago Board Options Exchange bestimmt wird. Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Volatilität, ebenso wie einzelne Aktien, zwischen Höchst- und Tiefstständen hin und her schwankt. Aber während Aktienindizes im Laufe der Zeit steigen, ist die Volatilität im Durchschnitt rückläufig: Der VIX steigt oft schnell an und braucht dann einige Zeit, um sich wieder zu stabilisieren.
Der VIX zeigt uns, dass die Strategen an der Wall Street die Marktaussichten für die nächsten Monate zwar allgemein pessimistisch einschätzen, dass aber größere Kurseinbrüche nicht so wahrscheinlich sind wie im Jahr 2022. Ein Impulsgeber für die Volatilität, die potenzielle Krise um die Schuldenobergrenze, wird von den Händlern derzeit eher stiefmütterlich behandelt. Natürlich kann alles passieren. Ich rechne jedoch nicht mit größeren Turbulenzen an den Börsen, die durch die Aktivitäten in Washington ausgelöst werden, und die VIX-Händler scheinen der gleichen Meinung zu sein.
Ein niedriger VIX ist jedoch keine hundertprozentige Entwarnung. Werte unter 20 wurden im vergangenen Jahr im April, August und Anfang Dezember erreicht. In jedem Fall kam es zu einem kurzfristigen Hoch für den S&P 500. Wenn es in den kommenden Wochen positive Nachrichten gibt, bleibt der aktuell etwas gedämpfte VIX-Wert vielleicht bestehen - und die Aktien können sich weiter erholen.
Dieser Artikel wurde zuerst auf "Humble Dollar" veröffentlicht.