Die US-Investoren traden momentan in enger Korrelation zur jeweiligen Nachrichtenlage. Zunächst knickten die Futures um 14:15h MEZ ein, als der ADP Arbeitsmarktbericht veröffentlicht wurde. Es wurden im März in der Privatwirtschaft 184T neue Stellen geschaffen, erwartet waren lediglich +155T. Dann äußerte sich der FED-Gouverneur von Atlanta, Ralph Bostic. Er begründete bei CNBC seine Meinung, dass die US-Notenbank die Zinsen 2024 lediglich einmal – in Q4 – senken sollte. Seine Argumentation: trotz idealer Bedingungen – hohe Produktivität plus wieder funktionierende Lieferketten plus ausreichend viele Arbeitskräfte – käme die Inflation nur höchst zögerlich zurück, viel langsamer, als viele erwartet hätten. Seine Worte beeindruckten: die Renditen der 10y US-Staatsanleihen kletterten auf ein neues Jahreshoch von 4,42%. Auf Indexebene war dieser Effekt jedoch kaum spürbar, weil die Megacaps, die als Profiteure höherer Zinsen gelten (Cash-Kühe plus „Sicherer Hafen“), anzogen. Um 16:00h MEZ kam dann die Meldung, dass der ISM-Index für den Servicesektor im März von 52,6 auf 51,7 entgegen der Prognose (52,7) gefallen war. Wieder einmal funktionierte die derzeitige Regel „schlechte Konjunktur-Nachrichten sind gute Börsen-Nachrichten“. Denn am Rentenmarkt setzte unmittelbar eine Kehrtwende ein und dies beflügelte wiederum die Aktienkurse. Am Abend äußerte sich dann noch FED-Chef Jerome Powell. Seine Worte enthielten keine neuen relevanten Inhalte, so dass die These der 3 Zinsschritte weiterhin von der Mehrheit der Marktteilnehmer vertreten wird. Das aktuelle CME FedWatch Tool zeigt an, dass die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung im Juni momentan mit 62% eingeschätzt wird. Die 10y-Renditen beendeten den Handelstag mit 4,35%.
Mit Festlandchina, Hongkong und Taiwan blieben drei Fernostmärkte wegen eines Feiertags geschlossen. Japans Indizes zogen an, das war aber nur ein Nachholeffekt, der eigentliche Anstieg erfolge gestern Offshore. Temporär verunsicherte ein leichtes Erdbeben in der Region Fukushima. Der Yen gibt weiter nach. Das hängt damit zusammen, dass die Bank of Japan die Wachstumsprognosen der meisten Landesregionen nach unten revidiert hat. Südkoreas KOSPI erlebt eine Korrektur der gestrigen Abgaben in den Halbleiterwerten: so legt z.B. SK Hynix um 4,9% zu. Auch Sydney holt mit +0,4% einen Teil der gestrigen Abgaben auf.
Europas Indizes treten auf der Stelle. Nachgefragt sind jedoch Basisrohstoffe, Automobilaktien und Banken. Interessant ist, dass diese drei Sektoren seit einigen Tagen die Marktführerschaft innehaben. Alle drei Branchen sind zyklisch und nicht übermäßig hoch bewertet. Schwächer hingegen u.a. Haushaltsgüter und Technologie. Die Verbraucherpreise in der Eurozone sind im März ggü. Vorjahr nur um 2,4% gestiegen, prognostiziert waren +2,6%. Die Kernrate stieg mit +2,9% ebenfalls moderater an als mit +3,1% erwartet. Dies untermauert die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB im Juni die Zinsen senken wird – selbst dann, wenn die FED es nicht tun sollte. Derzeit werden von der EZB für 2024 vier Zinsschritte zu je 0,25% erwartet. Wegen der Gravitationskraft der FED wird sie dies aber wohl nur umsetzen können, wenn die US-Notenbank ihrerseits mindestens zwei Schritte vornimmt. Das ist hoch wahrscheinlich. Ein wenig irritiert die jüngste Dollarschwäche in Anbetracht der Erwartung, dass die EZB aggressiver senken wird als die FED. Die Aktivität im Service-Sektor der Eurozone lag im März bei 51,5 nach 50,2 im Februar. Wie soeben gemeldet fielen die Erzeugerpreise im Februar um 1%, prognostiziert waren -0,9%. Ohne Energie betrug die Veränderung +0,1%.
Aus den USA kommen weitere Arbeitsmarktdaten (Jobless Claims). Zudem tritt ein halbes Dutzend FED-Gouverneure vor die Mikrofone. Besonders relevant wird, was Loretta Mester sagen wird. Sie vertritt bislang so wie Ralph Bostic eine eher restriktive Vorgehensweise („Falke“). Im APX gewinnen deutsche und span. Staatsanleihen sowie EM-Bonds 4 Punkte.