Gestern standen zunächst die Unternehmen/Branchen mit China-Bezug unter Druck. Über Mittag (MEZ) legten dann mehrere US-Konzerne ihre Bilanzen vor. Sowohl Bank of America als auch Goldman Sachs (NYSE:GS) und Citigroup übertrafen die Erwartungen. Außerhalb des Bankensektors wiesen Johnson & Johnson (NYSE:JNJ) und die US-Apothekenkette Walgreen Boots solide Ergebnisse aus. Auf der Gegenseite enttäuschte der Report des US-Krankenversicherers UnitedHealth (NYSE:UNH). Die Aktie ist eine Dow Jones Komponente, weshalb ihr 8%-Kurssturz den Index deutlich belastete. Bis Dienstagmittag haben 40 der S&P 500 Unternehmen ihr Zahlenwerk vorgelegt, davon haben laut FactSet 80% die Prognosen übertroffen. Die Industrieaktivitäten im New Yorker Großraum haben sich unerwartet deutlich auf -11,9 abgekühlt, die Schätzungen lagen bei 3,0. In diesem Index wird die Zahl der Unternehmen, deren Geschäft expandiert, mit der Anzahl an Firmen verglichen, die über Kontraktion klagen. Besonders negativ war der Auftragseingang. Eine größere Belastung für die Börsen entstand daraus jedoch nicht, weil zum einen die Geschäftserwartungen massiv zulegten und zudem der US-Rentenmarkt auf die Abkühlung freundlich reagierte. Diese Tendenz setzt sich derzeit weiter fort, die Rendite der 10y US-Staatsanleihen liegt aktuell bei 4,01%. Vorgestern waren es noch 4,10%. Profiteur ist der Goldpreis, der bereits gestern wieder anzog und aktuell weiter zulegt.
Am Nachmittag schockte der niederländische Konzern ASML (AS:ASML). Das Unternehmen, das Maschinen für die Halbleiterherstellung an Chiphersteller liefert, erhielt in Q3 lediglich Aufträge über ca. 2,6 Milliarden Euro. Erwartet waren knapp 5,6 Milliarden Euro. Für 2025 rechnet der Konzern nun mit Erlösen von nur noch etwa 33 Milliarden Euro, erwartet waren bislang ca. 40 Milliarden. Das war ein Nackenschlag für die Börsen. Denn ASML ist ein Global Titan, also eines der höchst bewerteten Unternehmen weltweit. Als Indexschwergewicht schickte es den ESX 50 und den STXE 50 auf Talfahrt, belastete aber zudem auch die Halbleiterwerte rund um den Globus massiv. Das wiederum drückte u.a. auf den Nasdaq. Freilich wurde gestern etwas undifferenziert verkauft: die Probleme von ASML betreffen die „klassischen“ Industriehalbleiter, nicht aber die hochpreisigen AI-Chips. Dort brummt die Nachfrage weiter. Der 16%ige Kurseinbruch gestern war offenbar noch nicht ausreichend, die Neubewertung des Konzerns geht weiter: aktuell verliert die Aktie weitere 5% und belastet Europas Börsen damit erneut. Prominente „Unterstützung“ gibt es heute früh vom zweiten ESX-Schwergewicht: der Luxusgüterkontern LVMH (EPA:LVMH) berichtet über Einnahmenrückgänge im 3. Quartal – der organische Umsatz ist um 3% gefallen, Analysten hatten +1% erwartet. Die Aktie verliert aktuell 4%. Ein mageres Ergebnis war aber von den meisten Beobachtern insbesondere wegen der schleppenden Nachfrage aus China erwartet worden. Die Aktie hat seit ihrem Jahreshoch im März bis gestern Abend bereits über 25% an Wert verloren. Deshalb ist der heutige Kursrückgang vergleichsweise moderat und damit vielleicht ein Indiz, dass allmählich der Boden erreicht sein könnte. Das wäre wichtig, der Sektor „dauerhafte Konsumgüter“ hat im ESX 50 eine hohe Gewichtung. Der Branchenindex verliert aktuell 1,7%. Wegen ASML weist auch der Technologiesektor ein deutliches Minus von 1,5% auf. Auf der Gegenseite stützt der Renditerückgang die Rohstoffwerte. Während der ESX 50 0,8% nachgibt, zeigt sich der STXE 600 NR mit -0,3% wesentlich stabiler, unterstützt von den britischen Unternehmen. Dank guter Inflationsdaten - der Rückgang auf 1,7% weckt Zinssenkungshoffnungen - legt der FTSE 100 0,5% zu.
In Fernost zeigten sich die von uns favorisierten chinesischen Finanzwerte erholt, der Hang Seng Tech gab jedoch weiter nach. Der Nikkei verbuchte einen Rückgang um 1,8%, dieser hat aber zum Großteil gestern „offshore“ im globalen Zuge des ASML-Schocks stattgefunden.
APX: Dt. Staatsanleihen +1, VIX -1, STXE 600 -2.