Die Freude über die hervorragenden Nvidia-Zahlen hielt nur bis zum US-Handelsbeginn an. Dann drückten im Verlauf immer stärker werdende Abgaben auf die globalen Aktienmärkte. Der übliche Verdächtige – die 10y-US Staatsanleihen - war dieses Mal nicht schuld: die Renditen kletterten nur marginal. Aber es scheint, dass sich viele Marktteilnehmer erhofft hatte, dass Nvidia (NASDAQ:NVDA) zumindest dem Technologiesektor neue Dynamik einhauchen würde. Das blieb aus, stattdessen gerieten Wettbewerber aus dem Halbleitersektor unter Abgabedruck. Auslöser des Kursrutsches dürften aggressiv agierende antizyklische Trader gewesen sein, ermutigt durch das Ausbleiben von Anschlusskäufen nach dem Nvidia-Report. Indiz: exakt an der erreichten wichtigen Schnittstelle zum 20- und 50-Tagetrend drehte der S&P 500. Spannend: genau dasselbe passierte beim STXE 50 und der Nikkei drehte außerbörslich mit dem Erreichen der 20-Tage-Linie. Wegen der verschwommenen ökonomischen Perspektiven gewinnen derzeit weder Bullen noch Bären, nur antizyklische Taktiker können sich momentan zufrieden die Hände reiben.
Seit Monaten verhält sich das verarbeitende Gewerbe kontraktiv, aber nun verschlechtert sich auch unter den globalen Dienstleistern die Stimmung. Selbst der bislang robuste Service-Einkaufsmanagerindex aus den USA zeigt sich mit 51 nur noch schwach expansiv, der Wert ist der niedrigste seit sechs Monaten. Vor diesem Hintergrund ist Jackson Hole bedeutsam, denn die Notenbanken müssen sich entscheiden. Wollen sie bei der Inflationsbekämpfung eine Pause einlegen, um ein eventuell ansonsten aus dem Ruder laufendes rasches Abgleiten in eine weltweite Rezession zu verhindern? Oder werden sie weiterhin entschlossen die Zinsschraube weiter anziehen? Hier erhoffen sich die Investoren ab heute Nachmittag Antworten. Wahrscheinlich werden Powell und Lagarde betonen, dass die Inflation zwar in die gewünschte Richtung läuft, aber immer noch zu hoch ist. Dass der notwendige Preis der Inflationsbekämpfung eine Abkühlung der Wirtschaft ist – indem via höherer Zinsen die Nachfrage gedämpft wird – haben beide bereits mehrfach betont, in Anbetracht (noch) sprudelnder Unternehmensgewinne und einem leergefegten Arbeitsmarkt ist daher nicht zu erwarten, dass aus Jackson Hole taubenhafte Töne kommen. Problem und Problemlöser zugleich ist China: die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erholt sich viel schwächer von den Covid-Folgen als von den Ökonomen erwartet. Damit fällt eine wichtige Lokomotive des Weltwirtschaftswachstums aus – andererseits bremst das den globalen Preisanstieg deutlich ab. Das dürften die Notenbanker in ihre Überlegungen mit einbeziehen – und deshalb vielleicht dem Rest der Welt mehr Wachstumschancen zubilligen. Im Fazit daher denkbar, dass Jackson Hole Kompromiss-Signale aussendet: im September werden die Zinsen nicht angehoben, wohl aber im Oktober, falls die Kernrate der Verbraucherpreise weiterhin hartnäckig unverändert hoch bleibt.
Relativ positiv stellt sich in diesem Thema die Lage in Japan dar. Heute wurde die August-Kernrate für Tokio veröffentlicht, der Anstieg zum Vorjahr beträgt +2,8%. Zwar sind offiziell Japans Börsen heute deutlich gefallen, der eigentliche Rückgang erfolgte aber gestern via Futures-Handel. Folgerichtig notieren die Japan-ETFs heute früh stabil. Das Gleiche gilt auch für China. Auch von dort kommen positive Nachrichten: die Nachrichtenagentur Xinhua meldet, dass die Anforderungen für Hypothekenkredite gelockert werden: besonders günstige Konditionen, die bislang nur für Erstkäufer galten, werden ausgeweitet.
Der ifo-Geschäftsklimaindex August für Deutschland zeigt, dass sich die Erwartungen weiter abgekühlt haben: von 83,5 auf 82,6 (Prognose 83,4). Die Lage wurde mit 89,0 nach 91,3 bewertet (Prognose 90,0). Der DAX reagiert kaum – wie seine großen Brüder STXE 50 und ESX 50 wartet er auf die Reden aus Wyoming.
Im APX verlieren Staatsanleihen einen, S&P und US-Vola vier Punkte.