Der Uranpreis steigt auch im neuen Jahr weiter an. Aktuell werden für ein Pfund U308 92,35 USD gezahlt – so viel wie seit 15 Jahren nicht. Preistreiber gibt es genügend: Auf dem jüngsten Klimagipfel entschlossen sich 24 Staaten, die Stromerzeugungskapazität der Kernenergie bis Mitte des Jahrhunderts zu verdreifachen. Darunter: Die USA, Japan, Kanada, Großbritannien und Frankreich.
Gleichzeitig droht ein Handelskrieg zwischen den USA und Russland, einem der größten Produzenten. Das Repräsentantenhaus hat ein Importverbot für Uran aus Russland verabschiedet, die Debatte im Senat folgt.
USA wollen kein Uran mehr aus Russland
In den USA werden Kapazitäten zur Weiterverarbeitung derzeit wieder in Betrieb genommen – aus Sorge, Russland könnte Lieferungen bald unterlassen. In den kommen Wochen wird die Verabschiedung eines Gesetzes erwartet, mit dem die US-Atomindustrie im Umfang von rund 2 Milliarden USD gefördert werden soll.
Noch lange bevor die Bemühungen der 24 Staaten die Nachfrage nach Uran effektiv erhöhen werden, ist eine steigende Nachfrage in China absehbar, die sich aber nur bedingt auf den Weltmarkt auswirken dürfte. Die Volksrepublik plant, die Kapazität bis zum Ende dieses Jahrzehnts auf nahezu 100 GW zu verdoppeln. Aktuell sind in China 22 von weltweit 58 Reaktoren im Bau.
Bislang ist China nicht der größte Nachfrager nach Uran weltweit. Colin Hamilton, Rohstoffanalyst bei BMO Capital Markets, geht jedoch davon aus, dass dies bis 2028 der Fall sein wird. Das Reich der Mitte dürfte jedoch nicht unter Versorgungsengpässen leiden. "Da China im letzten Jahrzehnt erhebliche Mengen an überschüssigem Uran vom Markt genommen hat, sehen wir China als ausreichend mit Rohstoffen versorgt an", so Hamilton.
Vor 15 Jahren – die Ereignisse von Fukushima lagen noch in der Zukunft – kostete Uran weit mehr als 100 USD. Selbst wenn die aktuelle Rallye den Energierohstoff nur in ähnliche Höhen treibt, scheint unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Inflation auch vom heutigen Niveau aus noch eine Verdopplung des Preises möglich.
Sprott CEO: Energieversorger kaufen so viel Uran wie seit 2012 nicht
John Ciampaglia, CEO von Sprott Asset Management, das den Sprott Physical Uranium Trust betreibt, will nicht von einer Renaissance, sondern von einem Wiederaufleben sprechen. "Wer hätte gedacht, dass sich die öffentliche Stimmung und die staatliche Unterstützung in nur zwei Jahren so stark verändert hätten?" Ciampaglia zufolge haben Energieversorger im vergangenen Jahr so viel Uran gekauft wie seit 2012 nicht mehr.
Ein Preisanstieg bei Uran war gemessen am extrem niedrigen Niveau der Jahre 2013-2020 zwingend notwendig. Zu den damaligen Preisen rechneten sich neue Bergbauprojekte nicht. Ganz im Gegenteil: Viele Projekte wurden sogar zeitweise stillgelegt. Das aktuelle Niveau könnte die Finanzierung neuer Projekte ermöglichen.
Neue Projekte werden insbesondere durch die steigende Nachfrage in Europa und Nordamerika benötigt. Hier wird die Lebensdauer bestehender Reaktoren verlängert, der Bau neuer Reaktoren ist geplant. Uranproduzenten wie Cameco (NYSE:CCJ) haben Schwierigkeiten, die Nachfrage zu decken. Um Verträge zu erfüllen, musste das Unternehmen zuletzt bereits Uran zukaufen.
Uran: Spotpreis reagiert stark auf Lieferengpässe
Für den Uranpreis sind die Engpässe ausgesprochen relevant. Die meisten Versorgungsverträge sind längerfristiger Natur. Engpässe schlagen deshalb sehr stark auf den Spotmarkt durch. Morgan Stanley (NYSE:MS) etwa erwartet bereits im März Preise bis 95 USD pro Pfund. Sprott prognostizierte im November, dass der Preis innerhalb von 12-18 Monaten ein dreistelliges Niveau annehmen könnte.
Mittelfristig wird das Angebot auf die steigenden Preise reagieren. In diesem Jahr dürften zunächst zahlreiche stillgelegte Minen in Australien, den USA und Afrika wieder in Betrieb genommen werden, darunter der Langer Heinrich-Betrieb von Paladin Energy in Namibia und der Honeymoon-Betrieb von Boss Energy in Südaustralien.
John Ciampaglia glaubt, dass die Branche "erhebliche Kapitalinvestitionen" benötigen wird, um die Expansionspläne umzusetzen. "Zum Glück wächst das Interesse der Anleger an diesem Sektor weltweit, da die Chancen besser verstanden werden und das alte Stigma verblasst."