Japans Notenbank hat zwar gestern beschlossen, weiterhin an der ultraexpansiven Geld- und Negativzinspolitik festzuhalten, die Währungshüter deuteten aber zugleich ein baldiges Ende ihres lockeren Kurses an. Zentralbankchef Kazuo Ueda äußerte sich nach der geldpolitischen Sitzung zwar nicht zu aktuellen Spekulationen, wonach die Zinswende im Frühjahr kommen könnte, aus seiner Sicht ist aber die Wahrscheinlichkeit „sukzessive weiter gestiegen“, dass das Inflationsziel der Bank von Japan (BoJ) von 2 % nachhaltig erreicht wird. Diesbezüglich verwies Ueda auf die zuletzt stetig steigenden Preise im Servicesektor.
Die BoJ wartet unverändert die Lohnentwicklung ab
Für Ueda sind allerdings auch noch weitere Hinweise nötig, dass die Löhne kräftig genug steigen, um die Inflation bei 2 % zu halten. Bereits in der Börse-Intern vom 19. Dezember hatte ich berichtet, dass die BoJ noch die Lohnverhandlungen im Frühjahr abwarten wird (Stichwort: „positiver Lohn-Inflations-Zyklus“ – siehe „USD/JPY: Der Devisenmarkt setzt auf die Zinswende“). Zwar liegt die Inflation in Japan schon seit über einem Jahr höher als die Zielmarke der BoJ, die Währungshüter hatten jedoch stets betont, dass der Preisauftrieb durch eine stärkere Nachfrage angefacht werden muss, und nicht nur durch externe Faktoren wie teures Öl. Ueda könne daher noch nicht sagen, wie nah die Notenbank vor dem Ausstieg aus der Negativzinsphase steht, er räumte jedoch negative Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik ein.
Die BoJ leitet schrittweise die geldpolitische Wende ein
Und so kann man die aktuellen Aussagen als weitere Vorbereitung der Märkte auf eine Abkehr der expansiven Geldpolitik werten. Zumal die BoJ auch noch ihre Inflationserwartungen leicht angepasst hat. Zwar wurde die Kerninflationsprognose für das Geschäftsjahr 2024 von 2,8 % auf 2,4 % gesenkt, die Prognose für das Geschäftsjahr 2025 wurde aber zugleich von 1,7 % auf 1,8 % erhöht.
Einer aktuellen Umfrage unter Ökonomen zufolge ist jedenfalls der 26. April weiterhin der wahrscheinlichste Zeitpunkt für eine Zinswende. Diese Erwartung wurde von Ueda bestärkt, da er erklärte, dass bis zu der April-Sitzung mehr Informationen verfügbar sein werden als im März.
Die BoJ hebt die Zinsen an, die Fed wird sie senken – aber erst später
Nun könnte man vor dem Hintergrund der zwar nur zaghaften, aber erwarteten Schritte in Richtung geldpolitischer Wende eigentlich davon ausgehen, dass der japanische Yen weitere Stärke gezeigt hat, weil Anleger zukünftige Ereignisse, wie bevorstehende Zinsanhebungen, einpreisen. Doch wie Torsten Ewert vorgestern und ich in der vergangenen Woche berichteten, haben die Anleger ihre Zinssenkungserwartungen in Sachen US-Notenbank deutlich zurückgenommen. Und dadurch hat der Dollar an Stärke gewonnen, nicht nur gegenüber dem Euro (siehe „EUR/USD: Welche Trading-Chancen bietet das wilde Auf und Ab?“), sondern auch gegenüber dem Yen. Der USD/JPY-Wechselkurs hat seit der oben erwähnten Analyse vom 19. Dezember von 143,651 auf 148,46 kräftig zugelegt.
Vom unteren Ende des flachen Aufwärtstrendkanals (dunkelgrün) liefen die Kurse in einem hohen Tempo zu seinem oberen Ende zurück.
Bullisher Ausbruch aus einem fallenden Keil
Lesern des Börsenbriefs Target-Trend-Spezial hatte ich zu dieser Bewegung auch bereits am 5. Januar mit folgendem Chart einen charttechnischen Grund geliefert:
Der Wechselkurs war durch eine steile Folge tieferer Hochs und eine flache Folge tieferer Tiefs (dicke rote Linien) in einen fallenden Keil hineingelaufen. Und aus dieser ABCDE-Formation brach der Kurs idealtypisch dynamisch nach oben aus.
Zuvor hatte ich den Lesern bereits am 20. Dezember passend dazu geschrieben: „Die kurzfristige Tendenz ist somit weiterhin abwärtsgerichtet. Dabei war sie zuletzt durch ein wildes Auf und Ab geprägt, was den Notenbankentscheidungen geschuldet ist. Es liegen somit Überschneidungen vor, womit kein impulsiver Abwärtstrend vorliegt, sondern eine korrektives Kursmuster, was man aus Sicht der Elliott-Wellen bullish betrachten kann.“ Die Leser waren also auf den Kursanstieg vorbereitet.
Die zukünftige Geldpolitik spricht für Short-Trades
Trotz der dynamischen Ausbruchsbewegung würde ich darauf setzen, dass es bald wieder abwärts geht und sogar neue Korrekturtiefs erreicht werden. Denn wenn ab April (oder auch erst im weiteren Verlauf des Jahres) die US-Notenbank den Leitzins in mehreren Schritten senkt, zugleich die Bank of Japan ihren Leitzins anhebt, wird sich die Zinsdifferenz zugunsten des Yen einengen. Und das sollte sich am Devisenmarkt entsprechend bemerkbar machen – durch einen erneut fallenden USD/JPY.
Ich denke daher, dass man auf dem aktuellen Niveau langsam wieder zu Short-Positionen greifen kann. Das gilt aus aktueller Sicht vor allem, wenn das Tief der gestrigen Tageskerze unterschritten wird. Das könnte man als bearishes Signal und Auftakt zu weiteren Kursrückgängen werten. Ein alternativer Short-Einstieg wäre denkbar, wenn der Wechselkurs zunächst noch weiter zulegt und den Kreuzwiderstand aus der oberen Linie des aktuellen Aufwärtstrendkanals und der psychologisch wichtigen Marke von runden 150 Yen erreicht. Denn am 19. Dezember hatte ich geschrieben, dass der USD/JPY „nun wieder nachhaltig im flacheren Aufwärtstrendkanal bleiben“ könnte. Man könnte dann also darauf setzen, dass er am Kreuzwiderstand abprallt und wieder die untere Linie des Trendkanals ansteuert.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus