Es sollte eigentlich das Jahr der Rohstoffbullen werden, als die Weltbank und Goldman Sachs eine galoppierende Nachfrage nach fast allem, vor Öl über Metalle zu Getreide vorhersagten. Stattdessen scheint es das Jahr zu werden, in dem die Rohstoffbären am Ölmarkt eine Riesenüberraschung zustande brachten und tiefe Verluste fast überall im Rest des Marktes zurückließen, deren Bereinigung viel Zeit in Anspruch nehmen könnte.
Rohstofffutures, die nach dem Blutbad in 2018 noch gut dastehen sind dünn gesät. Und zu den größten Gewinner zählen einige der kleinsten Märkte.
Erdgas, in das weniger als zwei Drittel der Mittel fließt, die die Investoren in Rohöl stecken, hat in diesem Jahr die höchsten Gewinne eingefahren—eine erstaunliche Rallye von 40%. US-Öl zum Vergleich, ist in diesem Jahr 35% billiger geworden. US-Hafer ist 18% teurer, hat aber nur 3% des open Interest (Höhe der offenen Positionen) von Sojabohnen, die in diesem Jahr fast 10% gefallen sind. Unter den Edelmetallen hat Palladium 7% gewonnen, während Konkurrent Gold bei doppelter Marktgröße 7% gesunken ist.
Zusammen mit Aktien in die Tiefe
Während jeder Teilsektor des Rohstoffmarkts—Energie, Metalle und Agrar—gesunken ist, ist die größte Überraschung für einige Marktbeobachter das fast komplette Auseinanderfallen der inversen Korrelation zwischen Rohstoffen und Aktien. Der aus 21 Komponenten bestehende Bloomberg Commodity Index steht 8% im Minus, während der Dow Jones Industrial Average kaum in der Lage ist, einen Gewinn vorzuweisen.
Typischerweise geben Rohstoffe den Investoren eine Chance zu Diversifizierung, was bedeutet sie sollten steigen, wenn es am Aktienmarkt nach unten geht. Der Dollarindex, eine weitere konträre Wette zu Rohstoffen, hat sich allerdings erwartungsgemäß verhalten und ist in diesem Jahr um 6% gestiegen.
Wie also kam es, dass eine Anlageform, die das Jahr mit soviel Hoffnung begann—Goldman sagte kurz vor Jahresbeginn 2018, dass das Umfeld für Rohstoffe “sogar noch stärker als vor einem Jahr ist, mit klar sichtbarem, robusten und weltweit synchronem Wachstum"—in so dramatischer Weise abstürzte?
Mit dem Handelskrieg fing alles an
Es begann alles mit der Dollarrallye, die dem amerikanisch-chinesischem Handelskrieg im April vorauslief, bevor das Zollgefecht zwischen den beiden Ländern begann, sich auf die Nachfrage nach Metallen und Getreide niederzuschlagen—zwei der größten Importgüter Chinas aus den Vereinigten Staaten. Sogar dann ging die Rallye am Ölmarkt weiter und führte den Preis auf ein Vierjahreshoch, als US-Präsident Donald Trump androhte, die Ölexporte des Irans auf null zu bringen.
Dann genauso aggressiv wie das Jahr für die Rohstoffbullen begann, begann sich der Wind zu drehen, nachdem die US-Sanktionen gegen die Öllieferungen Teherans milder als erwartet ausgefallen waren. Die amerikanische Ölförderung erreichte zudem ein Allzeithoch, wie auch die Produktion Saudi-Arabiens und Russlands.
Gleichzeitig lieferte die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggis und der Verdacht, dass dieser vom Königreich in Auftrag gegeben wurde, die Saudis und deren OPEC-Kartell der Gnade Trumps aus, der seitdem Riad unter Druck setzt, seine Ölproduktion hoch zu halten und die Preise tief, um US-Sanktionen wegen des Mordes zu vermeiden.
Ölschwäche wird zur Rohstoffschwäche
Das Ergebnis: Der langanhaltendste Bärenmarkt beim Öl, der nun den gesamten Rohstoffmarkt belastet.
Goldman Sachs) sagte in einer Notiz dieser Woche, dass die derzeitige Schwäche am Rohstoffmarkt bemerkenswert sei, bedenkt man, dass keine Rezession die Runde macht und die Weltwirtschaft in 2019 um 3,5% wachsen soll. Während die zahmen US-Sanktionen gegen der Iran der Auslöser für die Tauchfahrt der Ölpreise war, sind sie kein Grund für den anhaltenden Ausverkauf, sagte die Wall Street Bank und fügte hinzu:
“Wir glauben, die Antwort liegt im Mangel an frei verfügbarem Risikokapital an den Rohstoffmärkten. Ohne Händler mit eigenem Ermessen erhalten die systematischen Händler einen viel größeren Anteil am Markt und haben einen übertriebenen Einfluss auf die Rohstoffpreise.”
Verdammt die Maschine, nicht den Menschen
Diese systematischen Händler sind nicht nur Händler, sondern häufig Altgorithmen—oder Maschinen, die programmiert sind, Handel wie Menschen zu treiben, dies aber typischerweise ohne Berücksichtigung der fundamentalen Gegebenheiten tun.
Soche “Algos” sagt Goldman,
“antworten auf Kursmuster oder wahrgenommene Risikoprämien, was wichtiger geworden ist, als fundamentale Zusammenhänge oder sogar Vorwegnahmen solcher zu erkennen. Historisch waren sie auf das Momentum und Verkäufe bei Volatilität fokussiert, um einen Alpha herauszuholen.”
Die Gruppe weiter:
“In dem gegenwärtigen Umfeld, werden die Volatilitätsshorts aufgelöst, was einen Ausschlag der Volatilität herbeiführt, während die Momentumstrategien den Ölmarkt weiter nach unten schicken. Ohne nach freiem Ermessen eingesetztes Kapital, um die andere Seite dieser Wetten zu repräsentieren, trocknet die Liquidität am Markt aus, was den Schwung nach unten verstärkt und Rohstoffe stärker fallen lässt als Aktien und damit den Anschein erweckt, einen weitaus schlimmeren Nachfrageausblick einzupreisen.”
Gegenwärtiges Umfeld 'nicht nachhaltig'
Die Wall Street Bank sagt allerdings, dass das derzeitige Preisumfeld am Ölmarkt nicht zu halten ist und prophezeit, dass die Situation sich mit einer Produktionssenkung der OPEC bereinigen wird, wenn das Kartell am 6. Dezember zusammentrifft, egal war Trump androht. Goldman erwartet auch, dass Trump und der chinesische Staatschef Xi Jinping sich auf dem G20-Gipfel am Freitag auf ein Handelsabkommen einigen werden.
Daneben gibt es hier die Gewinne (aufgerundet) und der technischen Ausblicke für die Besten am (US-amerikanischen) Rohstoffmarkt in diesem Jahr:
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Erdgas: +44%, Kaufen
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Weizen: +18%, Verkaufen
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Hafer: +18%, Verkaufen
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Kakao: +13%, Stark Verkaufen
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Palladium: +7, Stark Kaufen
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Mais: +5, Neutral
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Orangensaft: +3, Neutral
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Mastrind: + 2, Stark Verkaufen