Nach dem Wegfall russischer Lieferungen gerät der europäische Gasmarkt erneut unter Druck. Die Füllstände der Speicher leeren sich rasch, in den Hauptstädten des Kontinents wird fieberhaft nach neuen Bezugsquellen gesucht. Das Schwarze Meer spielt dabei zunehmend eine entscheidende Rolle.
Trotz kühler Temperaturen und kurzer Tageslichtperioden arbeitet das Offshore-Team von Trillion Energy (CSE:TCF) (ISIN: CA89624B3020, WKN: A3EVV5) mit Hochdruck. Der Gasproduzent betreibt das SASB-Gasfeld wenige Kilometer vor der türkischen Schwarzmeerküste.
Anfang Januar vermeldeten die Ingenieure die erfolgreiche Installation von 2 3/8 Zoll Velocity String Tubing (VS) in der Erdgasbohrung Alapli-2. Das Ziel: Die langfristige Gasproduktion im SASB-Feld zu steigern.
Ohne Pause geht es weiter: Das Team bereitet den Transport der Snubbing-Einheit per Kranschiff zum Stativ in East Ayazli vor, wo 2.888 Meter 2 3/8" VS-Rohre in die Bayhanli-2-Bohrung eingebracht werden sollen.
Trillion Energy produziert Gas, das in Europa dringend benötigt wird
Das Gas aus SASB – Trillion Energy besitzt als Betreiber 49 %, die verbleibenden Anteile gehören dem staatlichen türkischen Mineralölkonzern TPAO – findet Abnehmer im aktuellen Marktumfeld wie von selbst. Europa steht unmittelbar vor einer weiteren Verschärfung seiner Gas- und Energiekrise.
Der russische Gastransit durch die Ukraine wurde am 1. Januar eingestellt, da der Transitvertrag von 2019 auslief und die Ukraine nicht zu einer Verlängerung bereit war. Nur wenige Stunden zuvor erreichten die europäischen Gaspreise einen Rekordwert für 2024 von über 50 EUR/MWh – diese Marke wurde damit erstmals seit November 2023 wieder durchbrochen.
Russland liefert seit vielen Jahrzehnten Gas nach Westen. Vor dem Krieg in der Ukraine trug Russland 44,9% zu den europäischen Gasimporten bei. 2023 sank sein Marktanteil auf 14,8%. 2024 aber folgte eine Trendumkehr: Die Gaslieferungen Russlands nach Europa durch Pipelines stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 14 %. Geliefert wurde über die Ukraine sowie über die TurkStream-Pipeline.
Europäische Gasvorräte leeren sich schnell
Der Lieferstopp aus Russland und die vergleichsweise kalte Witterung setzen die europäischen Gasvorräte unter Druck. Die Vorräte schwinden derzeit so schnell wie seit dem Jahr 2018 nicht mehr. Laut Daten von Gas Infrastructure Europe waren die Speicher wenige Tage nach dem Jahreswechsel noch zu etwas über 70 % gefüllt, verglichen mit etwa 86 % im Vorjahr.
Samantha Dart von Goldman Sachs (NYSE:GS) sieht vor allem für den kommenden Winter Probleme heraufziehen. "Je niedriger die Speicherstände Ende März sind, desto schwieriger wird es für die Region, ihre Vorräte vor dem nächsten Winter wieder aufzufüllen."
Die Suche nach Ersatz läuft deshalb in den Hauptstädten des Kontinents auf Hochtouren. Im Dezember startete die staatliche Ölgesellschaft Aserbaidschans (SOCAR) die Lieferung von Gas an den staatlichen slowakischen Energieversorger SPP. Dazu wurde eigens ein kurzfristiger Pilotvertrag abgeschlossen, eine langfristige Vereinbarung soll folgen.
Die Slowakei ist nach der Türkei, Georgien, Italien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Serbien, Slowenien, Kroatien und Nordmazedonien das zwölfte Land, das aserbaidschanisches Gas erhält. Aserbaidschan kann russische Lieferungen jedoch nicht vollständig ersetzen – und müsste wohl bei weiter steigenden Mengen ein Swap-Abkommen mit Russland abschließen, weil es an eigener Exportkapazität fehlt. Die beabsichtigte Entkopplung von Moskau würde dadurch untergraben.
Auch Flüssigerdgas kann nur ein Teil der Lösung sein: Europa konkurriert hier mit Nachfragern aus Asien, die Kapazitäten sind derzeit begrenzt.
Uniper (ETR:UN0k) kauft Gas aus dem Schwarzen Meer
Die Produktion im Schwarzen Meer und Importe aus der Türkei werden für Europa deshalb absehbar an Bedeutung gewinnen. Deutlich wurde dies Anfang Januar: Das staatliche bulgarische Gasunternehmen Bulgargaz EAD wurde darüber informiert, dass Aserbaidschan die vertraglich vereinbarten Gaslieferungen nach Bulgarien vom 7. bis 11. Januar aus technischen Gründen aussetzen würde. Ursächlich war offenbar eine Störung auf der Alpha-Plattform von BP (LON:BP) im Shah-Deniz-Gasfeld. Die notwendigen Ersatzgasmengen konnten jedoch durch das türkische Unternehmen Botas geliefert werden.
Der deutsche Energiekonzern Uniper hat im Januar eine Vereinbarung mit der rumänischen Sparte des österreichischen Konzerns OMV (ETR:OMVV) abgeschlossen. Diese sieht Erdgaslieferungen nach Deutschland aus dem Schwarzmeerprojekt Neptun Deep ab 2027 vor. Neptun Deep ist das größte Erdgasprojekt im rumänischen Schwarzen Meer und das erste Tiefsee-Offshore-Projekt in Rumänien. Mit der Inbetriebnahme wird Rumänien voraussichtlich der größte Erdgasproduzent in der Europäischen Union (EU) und erstmals auch ein Nettoexporteur von Gas sein.
Für Gasproduzenten in der Schwarzmeerregion ist die Marktlage günstig: Wer Gas liefern kann, erhält dafür einen hohen Preis. "Unser Gaspreis beträgt 10,94 US-Dollar/mcf, während der Spotpreis für Henry Hub Gas 1,91 US-Dollar beträgt", hatte der zum Jahreswechsel in den Ruhestand eingetretene Trillion Energy CEO Arthur Halleran im Sommer konstatiert. Seitdem sind die Preise weiter gestiegen.
Trillion Energy hat den knapp 12.500 Hektar großen Block (NYSE:SQ) bis 2032 lizenziert, eine Verlängerung um zehn Jahre ist möglich. Aktuell läuft das zweite von insgesamt vier Programmen, das neben der Installation von Geschwindigkeitssträngen und der Überholung bestehender Bohrlöcher auch Pumpenimplementierung, Unterwasser-Anbindung und die Bohrung von Side-Tracks vorsieht. Spätere Programme sehen die Bohrung neuer Brunnen und die weitere Exploration des Gasfeldes auch außerhalb des Blocks vor. Trillion Energy ist damit nach wie vor bestens aufgestellt, um von einer potenziellen weiteren Verknappung der Gasversorgung in Europa unmittelbar zu profitieren.