Experten waren davon ausgegangen, dass der Aktienkurs von NVIDIA (NASDAQ:NVDA) nach Veröffentlichung des Geschäftsberichts um mehr als 8 % steigen oder fallen würden, je nachdem, wie die Zahlen ausfallen bzw. die Anleger darauf reagieren. Und tatsächlich lagen die Analysten damit gar nicht so verkehrt.
Denn die Aktien gaben vorgestern im nachbörslichen Handel (von L&S) in der direkten Kursreaktion (binnen 1 Minute) immerhin um fast 6 % nach, bevor sie sich fast vollständig erholen konnten.
Und im gestrigen Handelsverlauf stiegen die Aktien (bei L&S) vom Tagestief bis zum Tageshoch um mehr als 9 %, bevor sie die Gewinne vollständig abgaben.
Dadurch kletterte NVIDIA (an der Nasdaq) sogar kurzzeitig auf ein neues Rekordhoch (siehe gelbe Ellipse im folgenden Chart). Damit konnten die Gewinne im Rahmen des Aufwärtstrendkanals (grün) auf +51,45 % (!) ausgebaut werden – binnen nur etwas mehr als 2,5 Monaten (!).
Aktuell geht es allerdings darum, ob dieser Aufwärtstrendkanal gebrochen wird. Und wenn das der Fall ist und der Aktienkurs auch noch dynamisch und nachhaltig unter das alte Rekordhoch vom 20. Juni bei 140,76 US-Dollar zurückfällt, könnte die Party erst einmal vorbei sein.
Wobei: Das hatte man bei den beiden vorangegangenen Fehlausbrüchen bzw. Bullenfallen sowie den beiden scharfen Korrekturen um -23,09 % bzw. sogar -35,57 % auch schon gedacht. Doch NVIDIA schaffte stets ein beeindruckendes Comeback. Insofern sollte man eine erneute Rückkehr der Bullen stets einkalkulieren.
Und danach sieht es aktuell auch aus. Denn das alte Rekordhoch hat gestern als Unterstützung gedient und somit Schlimmeres verhindert (grüner Pfeil), auch weil der Aufwärtstrendkanal ein weites Mal zurückerobert wurde, wie schon am Montag.
NVIDIA rüttelt den Nasdaq 100 kräftig durch
Jedenfalls hatte das wilde Auf und Ab von NVIDIA auch wieder gravierende Konsequenzen für den Gesamtmarkt bzw. die Aktienindizes. Der Nasdaq 100 kletterte zum Beispiel über das alte Rekordhoch vom 10. Juli bei 20.680,97 Punkten zurück (dicke rote Linie im folgenden Chart) und machte sich auf, die Kurslücke (rotes Rechteck) der Inselumkehr (roter Kreis) zu schließen, über die Torsten Ewert am Montag berichtet hatte (siehe „Rettet oder killt Nvidia den Nasdaq 100?“).
Dabei wurde auch die Unsicherheitsformation (blaue Linien) wieder nach oben verlassen und die Aufwärtstrendlinie (dick grün) zurückerobert. Damit waren zuvor gesendete, sehr bearishe Signale hinfällig.
Die Kurslücke wurde allerdings nicht vollständig geschlossen (siehe roter Pfeil). Stattdessen machte sich der Index wieder auf, die untere Linie des alten Aufwärtstrendkanals zu attackieren, die aber den 5. Handelstag in Folge dem Angriff der Bären standhielt. Und so setzt sich das wilde Auf und Ab auf diesem Niveau, das vielen Tradern garantiert einiges Kopfzerbrechen bereitet hat, letztlich lediglich fort. Ende offen.
Wildes Auf und Ab auch beim Dow Jones
Auch der Dow Jones wurde von NVIDIA in ein wildes Auf und Ab geführt (siehe gelbe Ellipse im folgenden Chart). In den vergangenen Tagen hatte sich hier mit einem horizontalen Widerstandsbereich (rot) und einer Aufwärtstrendlinie (grün) ein aufsteigendes Dreieck gebildet. Und mit dem starken Kursanstieg der NVIDIA-Aktien um mehr als 9 % gelang dem Dow Jones der bullishe Ausbruch. Ein klares Kaufsignal.
Doch mit dem dramatischen Rücksetzer der NVIDIA-Aktien fiel auch der Dow Jones zurück, womit sich der gerade erst erfolgte Ausbruch als Bullenfalle entpuppte. Trader, die auf den bullishen Ausbruch gesetzt hatten, mussten daher womöglich die Reißleine ziehen und einen Verlust hinnehmen, nur um anschließend zuzusehen, wie der Dow Jones doch wieder nach oben durchstartete.
Wenden sich die Anleger nun von NVIDIA ab?
Damit entwickelte sich dieser Aktienindex übrigens deutlich besser als die NVIDIA-Aktie. Es scheint also, als könne sich der Dow Jones von NVIDIA emanzipieren. Und dafür gibt es auch einen guten Grund. Dazu aber (wahrscheinlich) morgen mehr.
Jedenfalls zeigen sich auch bei anderen Indizes, wie zum Beispiel dem DAX, gestern deutlich abweichende Kursverläufe zu NVIDIA. Geht also die hohe Korrelation nach der Veröffentlichung der Geschäftszahlen zu Ende?
Womöglich setzt gerade ein Effekt wie „buy the rumors, sell the facts“ ein. Alle Augen waren jüngst auf NVIDIA gerichtet. Und nun, nachdem die Fakten auf dem Tisch liegen, wenden sich einige Anleger von der Aktie ab – daher wohl auch die gestrigen Gewinnmitnahmen.
Doch bislang sind das nur sehr kurzfristige Beobachtungen. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn sich diese Tendenz fortsetzt und die extreme Dominanz von NVIDIA endlich endet. Warten wir es ab…
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus